Dysdera
Dysdera Latreille, 1804 |
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Asselfresser |
Dysdera erythrina, Weibchen |
Systematik |
Ordnung: Araneae (Webspinnen) |
Familie: Dysderidae (Sechsaugenspinnen) |
Weitere Informationen |
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidergen:00482 |
Typusart: Dysdera erythrina (Latreille, 1804)
Dysdera ist die namensgebende Gattung der Dysderidae (Sechsaugenspinnen) und beinhaltet in Europa 137 Arten und Unterarten (Stand 2012).
Merkmale
Mittelgroße bis große Spinnen. Dysdera crocata kann 15 mm Körperlänge erreichen.
Prosoma und Beine rötlich, nur 6 Augen (Familienmerkmal), Chelizeren lang, nach vorne divergierend (siehe Bilder). Opisthosoma eher länglich ohne klare Zeichnung oder Musterung. Beide Geschlechter ähneln sich, das Männchen hat ein schmaleres Opisthosoma (Roberts 1996)
Spezielle Merkmale
Anschluss des vorderen Sternums an das Labium viel breiter als der Anschluss an die Maxillen. Fovea stark reduziert. Chelizeren mit drei oder vier Zähnen. Augen einen vorne offenen Halbkreis bildend (Locket & Millidge 1951). Hintere Mittelaugen weniger als einen halben Augendurchmesser von den Lateralaugen entfernt liegend. Tarsen mit Haarbüscheln anstatt der mittleren Klaue (Bellmann 2010) (sog. "claw tufts"). Hintere Metatarsen tragen Scopula. Vordere Tibien und Metatarsen ohne Bestachelung. Femur I mindestens doppelt so lang wie Coxa I. Vorderer Rand des Labiums mit einer klar ausgeprägten Einkerbung (siehe Bilder).
Der männliche Palpus ist durch das distal liegende Hämatodochoa (eine die Sklerite mit dem Cymbium und untereinander verbindende, bei der Paarung durch Innendruck anschwellende Membran) in zwei Teile geteilt (siehe Bilder) und besitzt eine große Apophyse.
Vordere zweiteilige Ausläufer der Vulva bogenförmig (siehe Bilder). (Le Peru 2011)
Chelizeren und Kopfregion von Dysdera crocata (man beachte die Augenstellung)
Chelizeren und Labium von Dysdera crocata (Anteriore Einkerbung markiert)
Vulva von D. erythrina (man beachte die anterioren bogenförmigen Bereiche)
Pedipalpus von D. erythrina
Systematik und Determination
Die Gattung Dysdera ist in Europa mit einer ungewöhnlich hohen Arten- und Unterartenzahl vertreten. In Spanien, Italien und Griechenland liegen Diversitätszentren der Gattung mit über 20 bekannten Arten. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren wiederholt neue Arten aus verschiedenen Regionen Europas beschrieben. Daher scheint es wahrscheinlich, dass noch längst nicht alle Spezies bekannt sind.
Die Unterscheidung einzelner Arten fällt selbst erfahrenen Spezialisten schwer und kann mitunter nur durch einen aktiven Bearbeiter der Gattung mit Sicherheit erfolgen. Besonders die Identifikation von Weibchen stellt eine Herausforderung dar. Haplogyne Spinnen besitzen keine sklerotisierten Epigynenteile, daher muss in den meisten Fällen die Vulva extrahiert werden. Mitunter (stark abhängig von der geografischen Region) kann eine Entscheidung anhand anderer morphologischer Merkmale wie der Beinbestachelung erfolgen.
Lebensweise
Freie Jäger, die tagsüber unter Steinen oder in der Streu in Gespinstsäcken ruhen und nachts auf Beutesuche gehen. (Řezáč et al. 2008) (Roberts 1996)
Beuteerwerb
Nahrungsspektrum
Die einzelnen Arten der Gattung Dysdera weisen eine unterschiedliche und auch verschieden starke morphologische und verhaltensökologische Spezialisierung im Bezug auf die Erbeutung von Landasseln (Oniscidea) auf. So überwältigen und verzehren manche Arten (z. B. D. erythrina) neben Asseln bei Verfügbarkeit auch andere Arthropoden (siehe Bild). Von der im Osten Europas und im südostlichen Mittelmeerraum verbreiteten D. dubrovninnii und der aus Israel bekannten Dysdera (Tedia) abdominalis ist bekannt, dass sie im Labor fast ausschließlich Asseln als Nahrung annehmen. Jedoch existiert zumindest eine unspezialisierte (derzeit noch unbeschriebene) Art der Gattung aus Israel, die keine Asseln erbeutet und sich im Labor opportunistisch von anderen Gliederfüßern ernährt. (Řezáč et al. 2008)
Morphologische Anpassungen
Insbesondere die Anpassung der Chelizeren variiert innerhalb der Gattung stark. So sind die Chelizeren bei der noch unbeschriebenen Art aus Israel unmodifiziert und normal ausgeprägt. Bei der sich fakultativ von Asseln ernährenden D. erythrina sind sie etwas verlängert und wirken im Vergleich weniger massiv. Besonders auffällig und stark verlängert sind die pinzettartigen Chelizeren von Dysdera (Tedia) abdominalis, die beinahe auschließlich zur Jagd auf Asseln benutzt werden. Weniger auffällig sind die modifizierten Chelizeren von D. spinicrus und D. dubrovinnii. Bei ersterer sind die Chelizerengrundglieder dorsal konkav gekrümmt, bei letzerer die gesamten Chelizeren dorsoventral abgeflacht. (Řezáč et al. 2008)
Methoden
Auch bei der Überwältigung ihrer bevorzugten Beute nutzen die verschiedenen Arten unterschiedliche Methoden. Im Labor konnten bisher drei verschiedene Jagdstrategien beobachtet werden. D. erythrina und Dysdera (Tedia) abdominalis umgreifen die Assel nach einer langsamen Annäherung, indem sie eine Chelizerenklaue oberhalb und die andere unterhalb des Körpers platzieren. Anschließend greift die Spinne blitzartig zu und durchbohrt dabei die weiche Ventralseite. D. spinicrus hingegen stoppt ungefähr eine halbe Körperlänge vor der Assel, schießt dann plötzlich nach vorne und greift die Assel mit Hilfe von Raffbewegungen der Vorderbeine. Dann schiebt sie ihre konkav geformten Chelizeren unter den Körper und beißt in die weiche Ventralseite, oftmals in der Nähe des Kopfes. Die wohl effektivste Methode hat sich bei D. dubrovinnii entwickelt. Diese gelangt mit Hilfe ihrer abgeflachten und relativ beweglichen Chelizeren problemlos in die Zwischenräume der Rückenpanzersegmente und beißt die Assel mit einer Chelizerenklaue in das Gewebe unter den Skleriten. Kaum eine Assel kann sich dagegen zur Wehr setzen. (Řezáč et al. 2008)
D. erythrina mit Beute (Xysticus bifasciatus)
Arten und Verbreitung
In Europa und im Maghreb kommen nach Datenlage dieses Wikis 210 Arten der Gattung Dysdera vor.[A]
Name | NO | SE | FI | IE | GB | GB-NIR | DK | DE | NL | BE | LU | PL | LT | LV | EE | CH | AT | LI | CZ | SK | HU | |
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Dysdera adriatica | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera cechica | × | × | × | × | ||||||||||||||||||
Dysdera crocata | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | ||||||||
Dysdera dubrovninnii | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera erythrina | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | (×) | × | ||||||||
Dysdera hungarica | × | × | × | × | ||||||||||||||||||
Dysdera kropfi | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera lata | × | × | ||||||||||||||||||||
Dysdera longirostris | × | × | × | |||||||||||||||||||
Dysdera microdonta | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera moravica | × | × | × | × | × | |||||||||||||||||
Dysdera ninnii | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera punctata | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera westringi | × | × |
Legende/Legend & Features
? | Checkliste nicht verfügbar | No checklist available |
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× | Art nachgewiesen. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species documented. Link shows literature reference. |
(×) | Art nachgewiesen, aber nicht etabliert. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species documented, but not established. Link shows literature reference. |
– | Art aus der Liste gestrichen. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species removed from list. Link shows literature reference. |
Checkliste enthält Art nicht | Checklist consulted, but species not found | |
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Quellen
- Bellmann H (2010): Der Kosmos Spinnenführer: Über 400 Arten Europas. Kosmos. 1. Auflage. ISBN 3-440-10114-2, 429 S.
- Le Peru B (2011): The Spiders of Europe, a synthesis of data: Atypidae to Theridiidae. Mémoires de la Sociétés linnéenne de Lyon no. 2. 1 Auflage. ISBN 978-2-9531930-3-9, 523 S.
- Locket GH & Millidge AF (1951): British Spiders Vol. I. Ray Society, 310 S.
- Roberts MJ (1996): Collins Field Guide. Spiders of Britain and Northern Europe. HarperCollins Publishers Ltd.. ISBN 0-00-219981-5, 383 S.
- Řezáč M, Král J & Pekár S (2008): The spider genus Dysdera (Araneae, Dysderidae) in central Europe: Revision and natural history. The Journal of Arachnology 35 (3), S. 432–462.
- Řezáč M, Pekár S & Lubin Y (2008): How oniscophagous spiders overcome woodlouse armour. Journal of Zoology 275, S. 64–71.
Quellen der Nachweise
- Nentwig W, Blick T, Bosmans R, Gloor D, Hänggi A & Kropf C (2020): Spinnen Europas. Online https://www.araneae.nmbe.ch (automatisch synchronisiert), doi:10.24436/1.