Dysdera: Unterschied zwischen den Versionen
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====Nahrungsspektrum==== | |||
Die einzelnen Arten der Gattung ''{{PAGENAME}}'' weisen eine unterschiedliche und auch verschieden starke morphologische und verhaltensökologische Spezialisierung im Bezug auf die Erbeutung von Landasseln (Oniscidea) auf. So überwältigen und verzehren manche Arten (z. B. ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'') neben Asseln bei Verfügbarkeit auch andere Arthropoden (siehe Bild). Von der im östlichen und Südostlichen Mittelmeerraum verbreiteten ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' und der aus Israel bekannten ''Dysdera (Tedia) abdominalis'' ist bekannt, dass sie im Labor fast ausschließlich Asseln als Nahrung annehmen. Jedoch existiert zumindest eine unspezialisierte (derzeit noch unbeschriebene) Art der Gattung aus Israel, die keine Asseln erbeutet und sich im Labor opportunistisch von anderen Gliederfüßern ernährt. <ref name="Rezac">{{Lit Rezac et al Dysdera woodlouse 2008}}</ref> | Die einzelnen Arten der Gattung ''{{PAGENAME}}'' weisen eine unterschiedliche und auch verschieden starke morphologische und verhaltensökologische Spezialisierung im Bezug auf die Erbeutung von Landasseln (Oniscidea) auf. So überwältigen und verzehren manche Arten (z. B. ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'') neben Asseln bei Verfügbarkeit auch andere Arthropoden (siehe Bild). Von der im östlichen und Südostlichen Mittelmeerraum verbreiteten ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' und der aus Israel bekannten ''Dysdera (Tedia) abdominalis'' ist bekannt, dass sie im Labor fast ausschließlich Asseln als Nahrung annehmen. Jedoch existiert zumindest eine unspezialisierte (derzeit noch unbeschriebene) Art der Gattung aus Israel, die keine Asseln erbeutet und sich im Labor opportunistisch von anderen Gliederfüßern ernährt. <ref name="Rezac">{{Lit Rezac et al Dysdera woodlouse 2008}}</ref> | ||
====Morphologische Anpassungen==== | |||
Insbesondere die Anpassung der Chelizeren variiert innerhalb der Gattung stark. So sind die Chelizeren bei der noch unbeschriebenen Art aus Israel unmodifiziert und normal ausgeprägt. Bei der sich fakultativ von Asseln ernährenden ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'' sind sie etwas verlängert und wirken im Vergleich weniger massiv. Besonders auffällig und stark verlängert sind die pinzettartigen Chelizeren von ''Dysdera (Tedia) abdominalis'', die beinahe auschließlich zur Jagd auf Asseln benutzt werden. Weniger auffällig sind die modifizierten Chelizeren von ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' und ''[[Dysdera dubrovinnii|D. dubrovinnii]]''. Bei ersterer sind die Chelizerengrundglieder dorsal konkav gekrümmt, bei letzerer die gesamten Chelizeren dorsoventral abgeflacht. <ref name="Rezac"/> | Insbesondere die Anpassung der Chelizeren variiert innerhalb der Gattung stark. So sind die Chelizeren bei der noch unbeschriebenen Art aus Israel unmodifiziert und normal ausgeprägt. Bei der sich fakultativ von Asseln ernährenden ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'' sind sie etwas verlängert und wirken im Vergleich weniger massiv. Besonders auffällig und stark verlängert sind die pinzettartigen Chelizeren von ''Dysdera (Tedia) abdominalis'', die beinahe auschließlich zur Jagd auf Asseln benutzt werden. Weniger auffällig sind die modifizierten Chelizeren von ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' und ''[[Dysdera dubrovinnii|D. dubrovinnii]]''. Bei ersterer sind die Chelizerengrundglieder dorsal konkav gekrümmt, bei letzerer die gesamten Chelizeren dorsoventral abgeflacht. <ref name="Rezac"/> | ||
====Methoden==== | |||
Auch bei der Überwältigung ihrer bevorzugten Beute nutzen die verschiedenen Arten unterschiedliche Methoden. Im Labor konnten bisher drei verschiedene Jagdstrategien beobachtet werden. ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'' und ''Dysdera (Tedia) abdominalis'' umgreifen die Assel nach einer langsamen Annäherung, indem sie eine Chelizerenklaue oberhalb und die andere unterhalb des Körpers platzieren. Anschließend greift die Spinne blitzartig zu und durchbohrt dabei die weiche Ventralseite. ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' hingegen stoppt ungefähr eine halbe Körperlänge vor der Assel, schießt dann plötzlich nach vorne und greift die Assel mit Hilfe von Raffbewegungen der Vorderbeine. Dann schiebt sie ihre konkav geformten Chelizeren unter den Körper und beißt in die weiche Ventralseite, oftmals in der Nähe des Kopfes. Die wohl effektivste Methode hat sich bei ''[[Dysdera dubrovinnii|D. dubrovinnii]]'' entwickelt. Diese gelangt mit Hilfe ihrer abgeflachten und relativ beweglichen Chelizeren problemlos in die Zwischenräume der Rückenpanzersegmente und beißt die Assel mit einer Chelizerenklaue in das Gewebe unter den Skleriten. Kaum eine Assel kann sich dagegen zur Wehr setzen. <ref name="Rezac"/> | Auch bei der Überwältigung ihrer bevorzugten Beute nutzen die verschiedenen Arten unterschiedliche Methoden. Im Labor konnten bisher drei verschiedene Jagdstrategien beobachtet werden. ''[[Dysdera erythrina|D. erythrina]]'' und ''Dysdera (Tedia) abdominalis'' umgreifen die Assel nach einer langsamen Annäherung, indem sie eine Chelizerenklaue oberhalb und die andere unterhalb des Körpers platzieren. Anschließend greift die Spinne blitzartig zu und durchbohrt dabei die weiche Ventralseite. ''[[Dysdera spinicrus|D. spinicrus]]'' hingegen stoppt ungefähr eine halbe Körperlänge vor der Assel, schießt dann plötzlich nach vorne und greift die Assel mit Hilfe von Raffbewegungen der Vorderbeine. Dann schiebt sie ihre konkav geformten Chelizeren unter den Körper und beißt in die weiche Ventralseite, oftmals in der Nähe des Kopfes. Die wohl effektivste Methode hat sich bei ''[[Dysdera dubrovinnii|D. dubrovinnii]]'' entwickelt. Diese gelangt mit Hilfe ihrer abgeflachten und relativ beweglichen Chelizeren problemlos in die Zwischenräume der Rückenpanzersegmente und beißt die Assel mit einer Chelizerenklaue in das Gewebe unter den Skleriten. Kaum eine Assel kann sich dagegen zur Wehr setzen. <ref name="Rezac"/> |
Version vom 18. Januar 2012, 12:23 Uhr
Dysdera Latreille, 1804 |
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Asselfresser |
Dysdera erythrina, Weibchen |
Systematik |
Ordnung: Araneae (Webspinnen) |
Familie: Dysderidae (Sechsaugenspinnen) |
Weitere Informationen |
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidergen:00482 |
Typusart: Dysdera erythrina (Latreille, 1804) (Platnick 2013)
Dysdera ist die namensgebende Gattung der Dysderidae (Sechsaugenspinnen) und besteht weltweit aus ca. 250 Arten und Unterarten (Stand 2010) (Platnick 2013).
Beschreibung
Mittelgroße Spinnen mit auffallend langen, nach vorne gerichteten Cheliceren. Trotzdem werden die Klauen quer zur Körperachse eingeschlagen und nicht parallel, wie bei den Vogelspinnenverwandten.
Das Prosoma ist flach und einfarbig orange, bräunlich oder schwarz. Das Opisthosoma ist länglich oval und blass gelblich, rosa bis grau gefärbt. Die Beine sind gelblich, orange oder bräunlich.
Körper und Beine erscheinen im Wesentlichen unbehaart und besitzen kaum Stacheln.
Lebensraum
Vor allem in trockenen, warmen Lebensräumen, in offenen Wäldern, Offenland oder an Gebäuden.
Systematik und Determination
Die Gattung Dysdera ist in Europa mit einer ungewöhnlich hohen Arten- und Unterartenzahl (111) vertreten. In Spanien und Griechenland liegen Diversitätszentren der Gattung mit über 20 bekannten Arten. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren wiederholt neue Arten aus verschiedenen Regionen Europas beschrieben. Daher scheint es wahrscheinlich, dass noch längst nicht alle Spezies bekannt sind.
Die Unterscheidung einzelner Arten fällt selbst erfahrenen Spezialisten schwer und kann mitunter nur durch einen aktiven Bearbeiter der Gattung mit Sicherheit erfolgen. Besonders die Identifikation von Weibchen stellt eine Herausforderung da. Haplogyne Spinnen besitzen keine sklerotisierten Epigynenteile, daher muss in den meisten Fällen die Vulva extrahiert werden. Mitunter (stark abhängig von der geografischen Region) kann eine Entscheidung anhand anderer morphologischer Merkmale wie der Beinbestachelung erfolgen.
Lebensweise
Beuteerwerb
Nahrungsspektrum
Die einzelnen Arten der Gattung Dysdera weisen eine unterschiedliche und auch verschieden starke morphologische und verhaltensökologische Spezialisierung im Bezug auf die Erbeutung von Landasseln (Oniscidea) auf. So überwältigen und verzehren manche Arten (z. B. D. erythrina) neben Asseln bei Verfügbarkeit auch andere Arthropoden (siehe Bild). Von der im östlichen und Südostlichen Mittelmeerraum verbreiteten D. spinicrus und der aus Israel bekannten Dysdera (Tedia) abdominalis ist bekannt, dass sie im Labor fast ausschließlich Asseln als Nahrung annehmen. Jedoch existiert zumindest eine unspezialisierte (derzeit noch unbeschriebene) Art der Gattung aus Israel, die keine Asseln erbeutet und sich im Labor opportunistisch von anderen Gliederfüßern ernährt. (Řezáč et al. 2008)
Morphologische Anpassungen
Insbesondere die Anpassung der Chelizeren variiert innerhalb der Gattung stark. So sind die Chelizeren bei der noch unbeschriebenen Art aus Israel unmodifiziert und normal ausgeprägt. Bei der sich fakultativ von Asseln ernährenden D. erythrina sind sie etwas verlängert und wirken im Vergleich weniger massiv. Besonders auffällig und stark verlängert sind die pinzettartigen Chelizeren von Dysdera (Tedia) abdominalis, die beinahe auschließlich zur Jagd auf Asseln benutzt werden. Weniger auffällig sind die modifizierten Chelizeren von D. spinicrus und D. dubrovinnii. Bei ersterer sind die Chelizerengrundglieder dorsal konkav gekrümmt, bei letzerer die gesamten Chelizeren dorsoventral abgeflacht. (Řezáč et al. 2008)
Methoden
Auch bei der Überwältigung ihrer bevorzugten Beute nutzen die verschiedenen Arten unterschiedliche Methoden. Im Labor konnten bisher drei verschiedene Jagdstrategien beobachtet werden. D. erythrina und Dysdera (Tedia) abdominalis umgreifen die Assel nach einer langsamen Annäherung, indem sie eine Chelizerenklaue oberhalb und die andere unterhalb des Körpers platzieren. Anschließend greift die Spinne blitzartig zu und durchbohrt dabei die weiche Ventralseite. D. spinicrus hingegen stoppt ungefähr eine halbe Körperlänge vor der Assel, schießt dann plötzlich nach vorne und greift die Assel mit Hilfe von Raffbewegungen der Vorderbeine. Dann schiebt sie ihre konkav geformten Chelizeren unter den Körper und beißt in die weiche Ventralseite, oftmals in der Nähe des Kopfes. Die wohl effektivste Methode hat sich bei D. dubrovinnii entwickelt. Diese gelangt mit Hilfe ihrer abgeflachten und relativ beweglichen Chelizeren problemlos in die Zwischenräume der Rückenpanzersegmente und beißt die Assel mit einer Chelizerenklaue in das Gewebe unter den Skleriten. Kaum eine Assel kann sich dagegen zur Wehr setzen. (Řezáč et al. 2008)
D. erythrina mit Beute (Xysticus bifasciatus)
Fortpflanzung
Tagsüber ruhen die Tiere in selbst gesponnenen Wohnkokons, in denen auch Häutungen, Eiablage und Brutfürsorge stattfinden.
Arten und Verbreitung
In Europa und im Maghreb kommen nach Datenlage dieses Wikis 210 Arten der Gattung Dysdera vor.[A]
Name | NO | SE | FI | IE | GB | GB-NIR | DK | DE | NL | BE | LU | PL | LT | LV | EE | CH | AT | LI | CZ | SK | HU | |
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Dysdera adriatica | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera cechica | × | × | × | × | ||||||||||||||||||
Dysdera crocata | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | ||||||||
Dysdera dubrovninnii | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera erythrina | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | × | (×) | × | ||||||||
Dysdera hungarica | × | × | × | × | ||||||||||||||||||
Dysdera kropfi | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera lata | × | × | ||||||||||||||||||||
Dysdera longirostris | × | × | × | |||||||||||||||||||
Dysdera microdonta | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera moravica | × | × | × | × | × | |||||||||||||||||
Dysdera ninnii | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera punctata | × | |||||||||||||||||||||
Dysdera westringi | × | × |
Legende/Legend & Features
? | Checkliste nicht verfügbar | No checklist available |
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× | Art nachgewiesen. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species documented. Link shows literature reference. |
(×) | Art nachgewiesen, aber nicht etabliert. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species documented, but not established. Link shows literature reference. |
– | Art aus der Liste gestrichen. Link gibt Nachweisreferenz an. |
Species removed from list. Link shows literature reference. |
Checkliste enthält Art nicht | Checklist consulted, but species not found | |
Hinweise zur Nutzung der Tabellen: Die Spalten können durch Anklicken des Landeskürzels markiert werden. Durch einen zweiten Klick wird diese Markierung wieder gelöscht. Durch Klicken auf ein Nachweiskreuz in der Tabelle wird die entsprechende Literaturreferenz angezeigt. |
Quellen
- Platnick NI (2013): The World Spider Catalog, Version 13.5. The American Museum of Natural History.
- Řezáč M, Pekár S & Lubin Y (2008): How oniscophagous spiders overcome woodlouse armour. Journal of Zoology 275, S. 64–71.
Quellen der Nachweise
- Nentwig W, Blick T, Bosmans R, Gloor D, Hänggi A & Kropf C (2020): Spinnen Europas. Online https://www.araneae.nmbe.ch (automatisch synchronisiert), doi:10.24436/1.