Argiope bruennichi

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Argiope bruennichi (Scopoli, 1772)
Wespenspinne
Argiope bruennichi fm-800.jpg
Männchen beim frisch gehäuteten Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Araneidae (Radnetzspinnen)
Gattung: Argiope (Südliche Radnetzspinnen)
Reifezeit (Nentwig et al. 2024)
Monat:123456789101112
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:015356
Gefährdung nach Roter Liste
RegionBSLTKTRFRRL
[AT] Kärnten NT
[CZ] Tschechien ES
[CZ] Karpaten *
[CZ] Oberschlesien *
[D] Deutschlandsh>=*
[D] Berlinmh>=*
[D] Brandenburg *
[D] Mecklenburg-Vorp.sh>(↓) *
[D] Niedersachsen *
[D] Niedersachsen (H) *
[D] Niedersachsen (T) *
[D] Nordrhein-Westfalensh>=*
[D] Schleswig-Holsteinmh>=*
[HU] Karpaten *
[NO] Norwegen LC
[PL] Bielitz-Biala *
[PL] Kattowitz *
[PL] Karpaten *
[PL] Opole *
[PL] Oberschlesien *
[PL] Tschenstochau *
[RO] Karpaten *
[SK] Karpaten CR
[UA] Karpaten *
Synonyme und weitere Kombinationen
  • Aranea zebra
  • Argyope bruennichii

Argiope bruennichi war Spinne des Jahres 2001 (Hänggi et al. 2001).

Merkmale

Körperlänge: Weibchen erreichen 14 bis 17 mm, Männchen 4 bis 6 mm (Brehm K. & C. Winkler 2006). Ab und zu werden auch größere Tiere angetroffen. Vor allem im Süden können die Weibchen der Art bis über 20 mm lang werden (Bellmann 2010).

Weibchen

Die auffälligen Weibchen der Art sind leicht zu erkennen und im Grunde unverwechselbar. Das Prosoma des Weibchens ist silbrig-weiß behaart und sein Opisthosoma ist relativ flach und läuft hinten spitz zu. Es trägt auf der Oberseite ein kontrastreiches Muster aus gelben, weißlichen und schwarzen Querstreifen. Die Beine sind gelblich-braun mit dunkler Ringelung. Konkrete Größenmessungen siehe Argiope bruennichi/Daten.

Männchen

Die Männchen sind wesentlich unscheinbarer gezeichnet. Ihr Prosoma ist bräunlich mit etwas verdunkelten Seiten und nur schütterer heller Behaarung. Das Opisthosoma trägt dorsal ein verwaschenes gelblich-braunes Muster. Die Beine sind wie bei den Weibchen gelbbraun und dunkel geringelt.

Ähnliche Arten

Die nur in Spanien, Portugal, Malta und Sizilien verbreitete Argiope trifasciata besitzt die gleichen Grundfarben wie Argiope bruennichi, unterscheidet sich aber dadurch, dass die einzelnen Querstriche auf dem Hinterleib hervorgehoben und voneinander durch schmale Einsenkungen abgegrenzt sind.

Namensgebung

J. A. Scopoli (1723–1788) hat die Wespenspinne 1772 als Araneus bruennichi beschrieben und damit den dänischen Naturforscher M. T. Brünnich (1737–1827) geehrt. J. V. Audouin (1797–1841) hat die Art 1827 der Gattung Argiope zugeordnet. In der griechischen Mythologie ist Argiope die Tochter des Teutras, die den König Telephos von Teuthranien heiratet. Sie ist die Frau mit dem weißen Gesicht (argis), wobei Audouin wohl auf den silbrig-hellen Vorderkörper der Weibchen Bezug nimmt (Brehm K. & C. Winkler 2006).

Die braunen Kokons der Wespenspinne nennt man im Volksmund „Tabaksbeutel”.

Lebensweise

Ausbreitung

Argiope bruennichi stammt ursprünglich aus der warmen Mittelmeer-Region und breiter sich seit den 1930er Jahren nach Norden aus; dies beruht nicht nur auf klimatischen Veränderungen, sondern auch auf genetischen Anpassungen (Krehenwinkel 2013).

Netzbau

Das Radnetz wird meist in Bodennähe angelegt – nur selten findet man Netze in höheren Vegetationsstrukturen, wie Brombeergebüsch oder Hecken. Die Spinne nutzt dabei gerne schon lückig stehende Pflanzen, kann sich aber auch selbstständig eine freie Fläche schaffen. Dabei spinnt sie mithilfe ihrer Spinnfäden einzelne Halme oder Blätter zusammen.

Die Netzmitte ist mit einer dichten Gespinstplatte in der Größe der Spinne belegt. Jeweils oberhalb und unterhalb davon findet man meist ein weißes, zickzackfömiges Band aus Spinnseide, das sogenannte „Stabiliment”. (Bellmann 2001) Jungtiere und Männchen legen mitunter kreisförmige oder unvollständige Stabilimente an. Trotz des Namens hat dieses Konstrukt nichts mit einer Stabilisation des Netzes zu tun, sondern dient der Spinne als "Multifunktions-Werkzeug", dessen Form je nach Umweltbedingungen und physiologischem Zustand variieren kann (Walter 2008). Zu den möglichen Funktionen gehören die Tarnung der Spinne, das Anlocken von Beute, die Aktivierung der Spinnendrüsen für das Einwickeln von Beutetieren, die "Speicherung" von hochwertigen Proteinen besonders während der Häutung, und sogar das Sammeln von Trinkwasser (Walter 2008). Alle diese Hypothesen müssen aber noch weiter erforscht werden.

Vinson beobachtete an Epeira mauritia (=Argiope trifasciata), dass das Stabiliment zum schnellen Einwickeln von größeren Beutetieren (Heuschrecken) verwendet wurde (Vinson 1863); diese Beobachtung wurde jedoch von Wiehle als unwahrscheinlich und unbestätigt verworfen (Wiehle 1928).

Beutefang

Argiope bruennichi scheint verschiedene Strategien einzusetzen, um ins Netz geratene Beute zu überwältigen. Mittelgroße bis große Beutetiere werden, mit Ausnahme von Schmetterlingen, in der Regel zuerst sorgfältig mit Spinnseide eingewickelt und dann per Giftbiss getötet. Bei sehr kleinen Beutetieren (bspw. verschiedene Dipteren) kann vor dem Verzehr das Einwickeln und der Giftbiss ausbleiben. Schmetterlinge (Lepidoptera) werden in den meisten Fällen zuerst gebissen und dann mit Spinnseide eingewickelt. Diese Verhaltensweise konnte bisher bei 9 weiteren Argiope-Arten nachgewiesen werden.

Es existiert die Hypothese, dass sich dieses Verhalten entwickelt hat, weil Schmetterlinge aufgrund ihrer sich leicht ablösenden Flügelbeschuppung in der Lage sind, rasch aus Spinnennetzen zu fliehen. (Nyffeler & Benz 1982)

Fortpflanzung

Ab Ende Juni balzen die Männchen an den Netzen von adulten Weibchen. Dabei zupfen sie zuerst an den äußeren Rändern, bewegen sich aber dann unter weiterem Zupfen auf das in der Netzmitte sitzende Weibchen zu. Im Falle der Paarungsbereitschaft bleibt es weitgehend passiv, hebt aber seinen Körper leicht vom Netz ab, um dem Männchen den Zugang zu erleichtern. (Nessler et al. 2007) Das Weibchen empfängt ein balzendes Männchen friedvoll im Netz, begibt sich innerhalb von Sekunden in eine Stellung, die dem Männchen Zugang zu den Geschlechtsöffnungen gewährt und scheint das Männchen zur Kopulation einzuladen. In der Sekunde, in der das Männchen seinen Taster mit der Geschlechtsöffnung des Weibchen verbindet, krümmt sich das Weibchen und beginnt augenblicklich Seide aus den Spinnwarzen zu ziehen und das Männchen einzuspinnen. In etwa 70% der Fälle endet dieser Angriff tödlich für das Männchen. Um zu überleben, muss das Männchen spätestens 10 Sekunden nach Kopulationsbeginn abspringen. Anstatt zu flüchten, geht das oft verletzte Männchen (in der Regel verliert es Beine) zurück zum gleichen Weibchen, von dem es wieder freundlich empfangen wird. Diese zweite Kopulation endet immer tödlich für das Männchen. Es versucht erst gar nicht abzuspringen, sondern kopuliert so lange bis die meisten im Pedipalpus gespeicherten Spermien übertragen sind. (Schneider 2012) Die Überlebenschance ist um so größer, je kleiner das Männchen ist (Cory & Schneider 2018).

Im Spätsommer bauen die Weibchen einen oder mehrere braune, kugelförmige Eikokons und sterben danach. Die Jungspinnen überwintern in dem gut isolierten Gebilde und verlassen ihn erst im Frühjahr des nächsten Jahres. Bis zum Sommer sind sie adult, die Art ist also einjährig.

Lebensraum

Bevorzugt sonnige, offene Flächen mit niedriger bis halbhoher Vegetation. Zu finden in vielen Lebensräumen, z. B. auf Trockenrasen, Feuchtwiesen und Ödland (Bellmann 2001). Auf alpinen Trockenweiden (Rief & Ballini 2017).

Ökologischer Typ: Eurytope Freiflächenart (lebt in allen unbewaldeten Lebensräumen unabhängig von der Feuchtigkeit) (Platen & von Broen 2005).

Verbreitung

Paläarktisch verbreitet (World Spider Catalog 2015).

In Deutschland seit einigen Jahrzehnten sehr weit verbreitet und dank ihrer Auffälligkeit und Popularität inzwischen eine der am häufigsten nachgewiesenen Arten, ursprünglich jedoch am Kaiserstuhl und um Berlin verbreitet (Arachnologische Gesellschaft 2020). In Finnland breitet sich diese Art seit 2005 aus (Terhivuo et al. 2011).

Bilder

Weblinks

Nachweis- und Verbreitungskarten

Weitere Links

Quellen

Quellen der Nachweise und Checklisten