Acari

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Acari Leach, 1814
Milben
Trombidiidae orange.jpg
Trombidiidae Samtmilbe
Systematik
Klasse: Arachnida (Spinnentiere)

syn. Acarina Nitsch, 1818; syn. Acarida Hammen, 1972, 1973; syn. Acaromorpha Dubinin, 1956.

Milben (Acari) formen eine Subklasse der Spinnentiere (Arachnida), welche weltweit 6 Ordnungen umfasst (5 davon sind auch in Europa heimisch). Es gibt etwa 50 000 beschriebene Milbenarten in 540 Familien (Stand 2009). Acariologen schätzen die Zahl der noch unbekannten Arten jedoch auf 1 000 000. (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999) (Krantz & Walter 2009)

Systematik

Die Einordnung der verschiedenen Gruppen der Milben wird ständig verändert. Hier wurde das neueste System von Zhang, Z.-Q. (Ed.) von 2011 gezeigt. (Woolley 1988) (Subías 2004) (Walter 2006) (Zhang 2011)

  • Überordnung Parasitiformes Reuter, 1909 (=Anactinotrichida Zakhvatkin, 1952)
    • Ordnung Opilioacarida With, 1902 (=Notostigmata With, 1903-04)
    • Ordnung Holothyrida With, 1902 (=Tetrastigmata Evans et al., 1961)
    • Ordnung Mesostigmata G. Canestrini, 1891 (=Gamasida Hammen, 1968)
      • Unterordnung Sejida Kramer, 1885
      • Unterordnung Trigynaspida Camin & Gorirossi, 1955
      • Unterordnung Monogynaspida Camin & Gorirossi, 1955
    • Ordnung Ixodida Leach, 1815 (=Metastigmata G. Canestrini, 1891)
  • Überordnung Acariformes Zakhvatkin, 1952 (=Actinotrichida Hammen, 1972)
    • Ordnung Trombidiformes Kramer, 1877 (=Actinedida Hammen, 1968)
      • Unterordnung Sphaerolichida OConnor, 1984
      • Unterordnung Prostigmata Kramer, 1877
    • Ordnung Sarcoptiformes Reuter, 1909
      • Unterordnung Endeostigmata Reuter, 1909
      • Unterordnung Oribatida Hammen, 1968 (Cryptostigmata G. Canestrini, 1891)

Evolution

Fossilien von Milben sind ziemlich selten. Das älteste Milbenfossil stammt von der Periode Devon, und wurde Protacarus crani genannt. Es wurde in einer Sandstein-Ablagerung in Aberdeen-Shire, Schottland entdeckt. Viele Milben wurden in baltischem Bernstein vom Oligozän gefunden. Solche fossilen Hornmilben gehören zu solchen Gattungen, die heutzutage auch verbreitet sind. Mehr als 6000 fossile Arten sind beschrieben. (Woolley 1988)

Milben sind die einzige Gruppe der Spinnentiere, bei denen Phytophagie häufig ist. Vorläufer von phytophagischen Milben waren auf Pflanzen lebende Raubmilben. Ein zwischenliegender Zustand zu Phytophagie ist die Ernährung von pilzlichem Material (in Gruppen Mesostigmata, Sarcoptiformes und Trombidiiformes). Einige saprofitische Formen in Oribatida und Astigmatina entwickelten sich von Saprophagen zu Pflanzenfressern. (Woolley 1988)

Phylogenese der Milben ist noch nicht genau erklärt. Es gibt keine Einigkeit darüber, ob die Überordnungen Parasitiformes und Acariformes miteinander eine monophiletische Gruppe formen, oder es zwei Produkte einer konvergenten Evolution sind. Viele Systeme betrachten die Opilioacaridae als Schwestertaxon anderer Parasitiformes, aber diese Milben haben solche plesiomorphischen, ursprünglichen Merkmale, die vielleicht die zwei Überordnungen der Milben zusammenführen. (Woolley 1988)

Ixodida und Holothyrida sind Schwester-Gruppen in manchen kladistichen Arbeiten, andere betrachten Ixodida und Mesostigmata als Schwester-Gruppen. Diese drei Ordnungen formen die Überordnung Parasitiformes. Zur Überordnung Acariformes gehören 2 Ordnungen: Trombidiformes und Sarcoptiformes. (Woolley 1988)

Anatomie

Milben sind kleine bis sehr kleine Tiere, deren Körperlänge zwischen 0,125 und 20 mm variiert. Die kleinsten Milben sind Acarapis woodi, die Tracheenmilbe der Honigbiene (Tarsonemidae), und manche Gallmilbe (Eriophyidae). Die größten Milben sind einige Zecken (Ixodida) und tropische Samtmilben (Trombidiidae). (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

Milben haben wie alle Spinnentiere einen gegliederten Körper, bei dem die Segmente zu zwei Körperteilen – Prosoma und Opisthosoma – organisiert sind. Dennoch ist diese ursprüngliche Segmentisierung bei den Milben nicht mehr sichtbar. Pro- und Opisthosoma sind miteinander verwachsen. (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

Eine Region weicher Kutikula, die circumcapitulare Furche, trennt die Cheliceren und Pedipalpen von den anderen Körperteilen. Die circumcapitulare Furche teilt den Körper so zu einem anterioren Capitulum oder Gnathosoma und einem posterioren Idiosoma, an dem sich unter anderem die Beine befinden. (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

Die Cheliceren und die Basen der Pedipalpen können bei den Milben unabhängig vom Körper seitlich bewegt werden. Das und der in Gnathosoma und Idiosoma geteilte Körper unterscheidet die Milben von allen anderen Spinnentieren. (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

→ siehe auch Hauptartikel Anatomie der Milben

Biologie

Milben sind überall mit zahlreichen Arten verbreitet, haben sehr viele Lebensstrategien, sehr viele verschiedene Lebenszyklen, usw. Ausführliche Informationen findet man bei den Artikeln über die Familien, Gattungen und Arten.

Ernährung

Es gibt sehr viele Ernährungstypen in dieser Subklasse. Die Gruppen nach Ernährungsmethoden sind:

  • Pflanzen- und Pilzfressende
    • Phytophage (Pflanzenfresser)
    • Mycetophage (Pilzfresser)
    • Pollenivore (Pollenfresser)
  • Zoophage
    • Räuber
    • Parasiten
      • Hematophage (Blutsauger)
      • Cytophage und Histophage (Fresser von Schuppen, Haut)
    • Kleptoparasiten (Nahrung anderer Tiere stehlende)
  • Saprophage (Fäulnisfresser)
    • Nekrophage (Aasfresser)
    • Koprophage (Kotfresser)
    • Detritivore (Fresser von totem pflanzlichem Material)
  • Omnivore (Allesfresser) (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

Fortpflanzung

Fortpflanzungsmethoden bei Milben sind, verglichen mit anderen Gruppen in Arachnida, überraschend divers.

Bei Familien mit archaischen Reproduktionsmethoden geschieht die Übermittlung des Spermas mit Hilfe der Spermatophoren (Samenpakete), wie auch bei Pseudoskorpionen. Bei vielen anderen Familien sind die Cheliceren des Männchens modifiziert, und das Sperma wird damit übertragen. Bei einigen hochentwickelten Gruppen geschieht die Befruchtung durch wahre Kopulation, die Männchen besitzen ein Aedeagus (spermaübertragendes Organ). (Woolley 1988) (Walter & Proctor 1999)

Weibchen legen meist Eier, es gibt jedoch Gruppen, die sich unabhängig davon zu lebendgebärend entwickelt haben. Einige Gattungen z B. in Tarsonemoida entwickelten sehr interessante Fortpflanzungsmethoden: in der Familie Pyemotidae gebären die Weibchen reife Tiere, zuerst ein Männchen, das dann auf den Rücken seiner Mutter klettert und dann die neugeborenen Weibchen befruchtet. Die Art Acarophenax tribolii (Acarophenacidae) entwickelte eine noch überraschendere Methode: die jungen Tiere werden noch im Körper des Muttertieres reif, und das einzige Männchen befruchtet die etwa 30 Weibchen noch vor Geburt. Dann stirbt das Männchen, ohne geboren zu werden. (Mahunka 1972)

Die Mehrheit der Milben sind getrenntgeschlechtlich, Sexualdimorphismus ist auch nicht selten. Viele Gruppen entwickelten Parthenogenese (Jungfernzeugung). Seit 2007 ist es auch bekannt, dass einige Gruppen (z B. in Familie Camisiidae), die parthenogenetische Vorfahren haben, die geschlechtliche Fortpflanzung re-entwickelt haben (und damit das Dollosche Gesetz verletzen). (Woolley 1988) (Domes et al. 2007)

Paedogenese, wenn die Nymphen reproduzieren, ist extrem selten. (Woolley 1988)

Lebenszyklus

Die Entwicklung der Milben beginnt in dem Ei. Der Embryo entwickelt sich zuerst zu einer Prelarve und verlässt das Ei später als Larve. Larven haben 6 Beine (die Gallmilben, die immer nur 4 Beine haben, ausgenommen). Larven sind meistens homeomorph, ähnlich den Adulten. Heteromorphe Larven sind in Prostigmata nicht selten. (Woolley 1988)

Die Larven häuten sich und werden achtbeinige Nymphen. Das erste Nymphenstadium ist die Protonymphe, das zweite (nach einer nächsten Häutung) die Deutonymphe. In einigen Gruppen gibt es ein Tritonymphenstadium nach Deutonymphe. Die Nymphen sind aktive oder passive (die letztere sind manchmal phoretisch) Formen. Bei Nymphen sind die genitalen Öffnungen nicht vorhanden oder noch nicht vollständig entwickelt, aber sie sehen normalerweise wie die Adulten aus. Reife Tiere entwickeln sich von Nymphen nach noch einer Häutung. (Woolley 1988)

Bestimmung

Zur Determination der Ordnungen ist normalerweise die Untersuchung mehrerer Eigenschaften nötig. Der Schlüssel hier ist wissenschaftlich akkurat, aber es gibt einen anderen Schlüssel, der nur häufige und leichter erkennbare Gruppen in Betracht zieht (→ Artikel Vereinfachter Bestimmungschlüssel für Milben).

Schlüssel zu Ordnungen

1 Tarsus des Pedipalps mit einem Paar terminalen Klauen; Opisthosoma mit 4 Paaren von dorsolateralen Stigmen; Peritremen fehlen; quere Suturen teilen Opisthosoma in 12 ’Segmenten’; Lyrifissuren vorhanden; Propodosoma mit 2 oder 3 Paaren von Ocellen; mehr als 7 Paare hypostomaler Setae; Basis des Tritosternum geteilt. Sehr große, primitive Arten, die Sironidae Weberknechten ähneln. In Europa nur in Mediterraneum. → Opilioacarida
Tarsus des Pedipalpus ohne terminale Klauen → 2


2 Hypostoma mit zurückgebogenen Zähnen; Idiosoma mit einem Paar Stigmen hinter den vierten Coxen oder dorsolateral zu den Coxen II-III, beide Stigmen normalerweise in einer Platte; Peritremen nie verlängert; Tarsus I mit einem dorsalen Gruben-ähnlichen sensorischen Organ. Mittelgroße bis große Arten. → Ixodida
Hypostoma ohne zurückgebogene Zähne; wenn Stigmen dorsolateral zu Coxen II-III sind, dann mit verlängerten Peritremen; sensorische Grubenorgane auf Tarsus I fehlen oder simpel. → 3


3 Stigmen dorsolateral zu Coxen II-IV, meistens mit verlängerten Peritremen; zackenartige Seta oder Apotele auf innerem basalem Rand des Pedipalp-Tarsus; Tritosternum meistens vorhanden. → 4
Stigmen nicht dorsolateral zu Coxen, assoziiert mit Gnathosoma, Cheliceren, Acetabula, Beine oder nicht vorhanden; Apotele des Pedipalpus und Tritosternum fehlt. → 5


4 Hypostoma (venter von Gnathosoma) mit 4 Paaren von Setae, Epistoma (Tectum) und Tritosternum normalerweise vorhanden; Tritosternum mit Lacinia oder Laciniae; Analdecke mit Setae oder nackt. Sehr kleine, kleine bis mittelgroße und große Arten. → Mesostigmata
Hypostoma mit 4 Paaren von Setae; Tectum und Tritosternum reduziert oder fehlt; Laciniae klein oder fehlen; Analdecke mit vielen Setae; Pedipalpus mit 2 oder 3 subterminalen zackenartigen Klauen; Ocelli fehlen. Nur in Australien, Süd-Asien und Süd-Amerika. In Europa vielleicht in tropischen Gewächshäusern, bisher nicht gefunden. Große und sehr große Arten. → Holothyrida


5 Pedipalpen klein, zweigliedrig, normalerweise zu Seiten des Infracapitulums zugepresst; Stigmen und Tracheen fehlen; Cheliceren chelate oder modifiziert-chelate; Idiosoma nie mit übergreifenden Skleriten, nie vermiform; Trichobothrien fehlen. Kleine oder sehr kleine, mikroskopische Arten. (Sarcoptiformes: Astigmatina) → Sarcoptiformes
Pedipalpus auffälig, mit 3-5 Gliedern, wenn klein und mit weniger Gliedern, dann Idiosoma mit übergreifenden Skleriten oder vermiform; respiratorisches System normalerweise vorhanden; Idiosoma meist mit Trichobothrien; Stigmen assoziiert mit Gnathosoma oder mit Acetabulae der Beine; Cheliceren chelate oder modifiziert, Hakenartig. → 6


6 Gnathosoma mit auffälligen Rutellen; Cheliceren meistens chelate-dentate; ein Paar von propodosomale Trichobothrien (Pseudostigmen) fast immer vorhanden, mit einem Sensillum, das aus einer kegelförmigen Depression entspringt; Pedipalpen simpel, mit 3-5 Segmenten; adulte Tiere normalerweise stark sklerotisiert, gepanzert; mit Grat-, Platten- oder Flügel-ähnlichen Ausweitungen des Propodosoma und Hysterosoma. Trachea-System fehlt oder öffnen sich an Acetabulen auf Bein I und II, oder es gibt Brachytracheen (kürze Tracheen) auf Bein I und III, oder Tracheen öffnen sich zu Bothridien. Kleine bis mittelgroße Arten. (Sarcoptiformes: Oribatida partim.) → Sarcoptiformes
Gnathosoma selten mit Rutella; Cheliceren selten chelate-dentate; Pedipalpen variabel: simpel, klauenartig oder raptorial; Tracheen, wenn vorhanden, öffnen sich in Stigmen bei Basis der Cheliceren oder bei Propodosoma; Peritremen variabel; meist schwach sklerotisiert; Grat- oder Flügel-ähnlichen Ausweitungen des Idiosoma nicht vorhanden. Körper manchmal vermiform, mit nur 2 Beinpaaren. Mikroskopische, kleine, mittelgroße und große Arten. → Trombidiformes

Quelle: (Woolley 1988)

Quellen