Anatomie von Spinnen
Diese Seite gibt eine kurze Einführung in die Anatomie von Webspinnen (Araneae). Hier sollen vor allem die Fachbegriffe erklärt werden, die in diesem Wiki immer wieder Verwendung finden.
Äußere Anatomie
Prosoma
Der Körper von Webspinnen ist im Wesentlichen zweigeteilt. Der vordere Teil heißt Prosoma (auch: Cephalothorax). Er trägt die Chelizeren, Pedipalpen, alle Laufbeine, die Augen und die Mundöffnung. Die Platte an der Unterseite des Prosomas heißt Sternum, die an der Oberseite Carapax. Eine zentrale Furche auf dem Carapax heißt Fovea; dies ist der Muskelansatz für den Saugmagen. Die Form der Fovea oder ihre Sichtbarkeit kann in einigen Fällen wichtig für die Bestimmung der Art sein. Der Bereich zwischen den vorderen Augen und dem Rand des Carapax heißt Clypeus.
Opisthosoma
Der hintere Körperteil heißt Opisthosoma (auch: Abdomen). Er ist über eine dünne Verbindung, den Petiolus (auch Pedicellus oder Pedicel genannt), mit dem Prosoma verbunden. Das Opisthosoma trägt die Buchlungen, ggf. Tracheenöffnungen, Spinnwarzen, die Analöffnung und die Öffnungen der primären Geschlechtsorgane (insbesondere bei Weibchen der Entelegynae die Epigyne).
Die Oberseite des Opisthosoma ist bei manchen Spinnenarten (vor allem bei Männchen) durch eine sklerotisierte Platte, dem Skutum, verstärkt. Dieses beginnt am Vorderrand des Opisthosomas und kann mehr oder weniger weit nach hinten reichen. Bei einigen Arten bedeckt es die gesamte Oberseite des Opisthosomas.
Augen
Die meisten Webspinnen haben 8 Augen. Einige Familien haben nur 6 Augen (einige höhlenbewohnende Arten sogar gar keine). Sie sind in der vorderen Hälfte des Prosomas angesiedelt. Der Abstand zwischen der vorderen Augenreihe und dem vorderen Carapaxrand wird Clypeus genannt.
Chelizeren
Die Chelizeren (auch: Cheliceren) sind zweigegliedert, in das körpernahe Basisteil und die körperferne Giftklaue. Diese ist beweglich und in Ruhestellung eingeklappt. Bei araneomorphen Spinnen sind die Giftklauen gegeneinander orientiert, bei mygalomorphen Spinnen sind sie in etwa parallel orientiert.
Viele Arten haben an den Außenflanken der Chelizeren Stridulationsrillen. Durch Reiben mit dem Pedipalpus können somit aktustische Signale erzeugt werden. Die artspezifische Ausprägung dieser Rillen kann ein Bestimmungsmerkmal sein. Die so erzeugten akustischen Signale können interspezifischen Zwecken (z. B. Räubern drohen) oder intraspezifischen Zwecken (Balz) dienen (Líznarová et al. 2018).
Pedipalpen
Die Pedipalpen sind beim Weibchen Tast- und Geschmacksorgane und werden zum Manipulieren der Beute beim Fressen verwendet. Bei Männchen sind sie zusätzlich zu Begattungsorganen umgewandelt. Die Pedipalpen bestehen aus folgenden Gliedern (in Reihenfolge vom Körper weg): Coxa (auch Maxillae), Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Tarsus. Es fehlt im Vergleich zu den Beinen also der Metatarsus (es gibt jedoch auch Hinweise, dass die ursprüngliche Tibia das Glied ist, das reduziert wurde).
Anatomie des männlichen Pedipalpus
Beine
Webspinnen haben 4 Laufbeinpaare. Diese entspringen dem Prosoma. Die Beinglieder werden folgendermaßen bezeichnet (in Reihenfolge vom Körper weg): Coxa (Hüfte), Trochanter (Schenkelring), Femur (Oberschenkel), Patella (Kniescheibe), Tibia (Schienbein), Metatarsus (Mittelfuß) und Tarsus (Fuß). Die Beinglieder sind mit weichen Gelenkhäuten (Pleura) verbunden. Am Tarsus befinden sich zwei oder drei Klauen, auch Tarsalklauen oder -krallen genannt.
Die dorsale Tibienbestachelung ist vor allem bei der Familie Linyphiidae ein für die Bestimmung relevantes Merkmal. Dieses Bestachelungsmuster wird Wiehle-Formel genannt.
Stellung des Tm Ⅰ
Die Position des Trichobothriums auf dem Metatarsus Ⅰ (Tm Ⅰ) ist ein häufig verwendetes Bestimmungsmerkmal.
Es wird das Verhältnis der Längen vom Gelenk zwischen Tibia und Metatarsus nach distal gemessen. Dabei wird der Quotient aus Abstand des Trichobothriums (a) geteilt durch die Gesamtlänge des Metatarsus (b) berechnet. Als Ergebnis resultiert ein dezimaler Bruch ohne Einheit, welcher typischerweise mit 2 Dezimalstellen angegeben wird. Dieser wird als Tm Ⅰ bezeichnet.
Beinstellung
Bei den meisten Spinnen sind die beiden vorderen Beinpaare nach vorn und die beiden hinteren nach hinten gerichtet; hier spricht man von der prograden Position. Für Krabbenspinnen, Laufspinnen und den meisten Riesenkrabbenspinnen (ausgerechnet bei der einzigen bei uns heimischen, der Grünen Huschspinne nicht) ist die laterigrade Beinposition charakteristisch, also zur Seite gerichtete Beine. (Wunderlich 2012)
Spinnwarzen
Am hinteren Ende des Opisthosomas befinden sich die Spinnwarzen. Im Laufe der Evolution bildeten sich die Spinnwarzen aus weiteren Gliedmaßen. Meistens sind 2 oder 3 Paare von Spinnwarzen erhalten geblieben, mit 2 bis 3 Segmenten. Die Spinnseide wird aus den Spinndrüsen in Spinnspulen geleitet und tritt aus den Spinnwarzen aus.
Bei den urtümlichen Gliederspinnen (Mesothelae) sitzen die Spinnwarzen nicht am Körperende, sondern an weiter vorne liegenden Gliedern des Opisthosomas.
Innere Anatomie
Prosoma
Der Vorderleib enthält das Zentralnervensystem, das sich in Ober- und Unterschlundganglion gliedert, den Saugmagen und die Giftdrüsen. Der Saugmagen ist über Muskeln mit der Oberseite des Prosomas an der Fovea verbunden. Die Giftdrüsen münden über die Chelizeren in den Spitzen der Giftklauen. Bei einigen Arten liegen die Giftdrüsen nur in den Grundgliedern der Chelizeren, wohingegen sie sich bei anderen Arten bis ins Prosoma ausdehnen.
Opisthosoma
Der Hinterleib enthält das Herz (unterhalb des Herzflecks), den Darm, die Buchlungen, ggf. Tracheen, die Spinndrüsen und die inneren Geschlechtsorgane.
Quellen
- Foelix RF (1996): Biology of Spiders. Oxford Thieme. 2. Auflage. ISBN 0-19-509594-4, 330 S.
- Líznarová E, Sentenská L, Stahlavsky F & Pekár S (2018): Stridulation can suppress cannibalism in a specialised araneophagous predator. Behavioral Ecology and Sociobiology 72 (8), doi:10.1007/s00265-018-2541-3.
- Wunderlich J (2012): Die Spinnen-Familien Europas: Bestimmung, Merkmale und Vielfalt. ISBN 978-3-931473-14-2. Beitr. Araneol. 8, 192 S.