Palpigradi
Palpigradi Thorell, 1888 |
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Tasterläufer |
Palpigradi |
Systematik |
Klasse: Arachnida (Spinnentiere) |
Die Ordnung der Tasterläufer (Palpigradi) ist eine sehr artenarme und ursprüngliche Gruppe der Spinnentiere (Arachnida). Die Gruppe ist noch sehr wenig erforscht. Die Tiere wurden erst 1885 entdeckt. 1956 kannte man 21 Arten (Kaestner 1956), 1994 waren es knapp 70 (Füller H und andere 1994). Heute sind weltweit 82 Arten bekannt (Stand 2011), die nur zwei Familien angehören. In Europa wurden 27 Arten nachgewiesen (Blick 2007).
Systematik
Innerhalb der Klasse der Spinnentiere (Arachnida) gelten die Tasterläufer als sehr ursprüngliche Ordnung. Gestützt wird diese Annahme durch den primitiven Körperbau, im Speziellen das Fehlen eines Mundvorraums, wie ihn alle anderen Spinnentiere besitzen, dem Fehlen der Malpighischen Gefäße (Exkretionsorgane der Arachniden) und der für diese Klasse typischen Atemorgane, der Tracheen (Kaestner 1956). Die Ordnung wird in zwei Familien unterteilt: Eukoeneniidae (4 Gattungen mit insgesamt 75 Arten) und Prokoeneniidae (2 Gattungen mit 7 Arten) (Stand 2011), von denen nur Eukoeneniidae in Europa bekannt sind (Zhang 2011) (Harvey 2003):
- Überfamilie Eukoenenioidea Petrunkevitch, 1955
- Familie Eukoeneniidae Petrunkevitch, 1955
Anatomie
Tasterläufer sind sehr klein. Sie erreichen Körperlängen von 0,65 bis 2,8 mm.
Vorderkörper und Hinterleib sind äußerlich gut sichtbar getrennt. Das Prosoma besteht aus einer Kopfplatte (Proterosoma) und zwei dahinter liegenden, freien Segmenten. Das siebte Segment ist stielartig verengt und bildet den Übergang zum Hinterleib. Das Opisthosoma ist deutlich segmentiert, jedoch nicht sklerotisiert. Seine letzten drei Segmente sind ringartig verengt und bilden eine Art Schwanz. Dessen Ende entspringt bei allen Tasterläufern eine vielgliedrige Geißel (Flagellum), welche länger als der eigentliche Körper sein kann. (Kaestner 1956)
Die Cheliceren der Palpigradi sind dreigliedrig und werden vertikal nach unten geklappt (Kaestner 1956). Sie besitzen keine Giftdrüsen und produzieren kein Abwehrgift (Schmidt 1993).
Die fünf den Chelizeren folgenden Gliedmaßenpaare sind laufbeinartig ausgebildet. Die Pedipalpen und die hinteren drei Beinpaare werden zum Laufen benutzt. Das erste Beinpaar ist länger als die übrigen, am Ende stärker segmentiert und wird als Fühler tastend vor dem Körper getragen. (Kaestner 1956)
Den Tieren fehlen nennenswerte Pigmente, sodass sie weißlich aussehen (Kaestner 1956).
Tasterläufer besitzen keine Augen. Als Sinnesorgane treten also nur enervierte Körperhaare auf (z. B. Trichobothrien). (Kaestner 1956)
Lebensraum
Alle Tasterläufer sind auf eine Lebensumgebung mit sehr hoher, gleichbleibender Luftfeuchtigkeit angewiesen. Das beschränkt sie auf subterrestrische Lebensräume wie Erdspalten, Hohlräume unter lange liegenden größeren Steinen und Höhlen. (Kaestner 1956)
Lebensweise
Über die Biologie dieser Spinnentiere ist bisher nur sehr wenig bekannt.
In ihren Lebensräumen laufen die Tiere schnell umher. Dabei werden die Schwanzgeißel und das Opisthosoma nachgeschleift oder steil nach oben gekrümmt. Begegnen sich zwei Tiere, so bleiben sie voreinander stehen, bevor sie sich berührt haben. Da sie über keine optischen Sinnesorgane verfügen, müssen sie sich anhand von Luftschwingungen erkennen. Die Trichobothrien spielen als Sinnesorgane wahrscheinlich eine wichtige Rolle. (Kaestner 1956)
Trotz der fehlenden Augen sind die Tiere äußerst lichtscheu. (Füller H und andere 1994)
Ernährung
Selbst über die bevorzugte Nahrung und die Nahrungsaufnahme ist kaum etwas bekannt. Nahrungspartikel, die im Darm von Palpigradi gefunden wurden, lassen Rückschlüsse darauf zu, dass sie sich möglicherweise von den Eiern anderer Gliederfüßer ernähren. (Füller H und andere 1994)
Fortpflanzung
Beobachtungen an texanischen Arten lassen den Schluss zu, dass die Hauptvermehrungszeit in der kühleren und feuchteren Jahreszeit liegen muss. Fangauswertungen der in den Küstenländern und auf den Inseln des Mittelmeers beheimateten Eukoenenia mirabilis deuten auf eine parthenogenetische Vermehrung der Art hin. (Füller H und andere 1994)
Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet der Ordnung liegt in den Tropen und Subtropen. Die Gattung Eukoenenia ist auch in der Paläarktis verbreitet und dringt mit der 1,5 mm langen E. spelaea am weitesten nach Norden vor (bis Innsbruck). (Füller H und andere 1994)
Familienspektrum
In Europa und im Maghreb kommt nach Datenlage dieses Wikis nur eine Familie der Ordnung Palpigradi vor.[A]
Name | NO | SE | FI | IE | GB | GB-NIR | DK | DE | NL | BE | LU | PL | LT | LV | EE | CH | AT | LI | CZ | SK | HU |
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Eukoeneniidae | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | × | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | × | ? | ? | × | × |
Name | PT | ES | ES-IB | AD | FR | FRH | IT | IT82 | IT88 | RO | BG | BA | SI | HR | ME | MK | RS | KV | AL | GR | GR-M |
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Eukoeneniidae | × | × | × | ? | × | × | × | × | × | × | ? | × | × | × | ? | ? | ? | ? | ? | × | × |
Name | UA | BY | MD | RU-KGD | RU-RUW | RU-RUC | RU-RUE | RU-RUN | RU-RUS | TR-EUR | TR-ASI | CY | AM | AZ | GE | MA | DZ | TN | LY | EG | MT |
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Eukoeneniidae | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | ? | × | × | × | × | ? | × | × |
Legende/Legend
? | Checkliste nicht verfügbar | No checklist available |
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× | Familienvorkommen bekannt | Family documented |
(×) | Familienvorkommen bekannt, keine Art etabliert | Family documented, no species established |
– | Familienvorkommen bekannt, alle Arten gestrichen | Family documented, all species removed from list |
Checkliste enthält Familie nicht | Checklist consulted, but family not found | |
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Quellen
- Blick T [Koord.] (2007): Tasterläufer in Europa / Palpigradi in Europe – Arachnida.
- Füller H und andere (1994): Urania Tierreich in sechs Bänden, Wirbellose 2 (Annelida dis Chaetognatha). Urania-Verlag Leipzig, Jena, Berlin. 1 Auflage. ISBN 3-3332-00502-2, S. 267–268.
- Harvey MS (2003): Catalogue of the smaller arachnid orders of the world: Amblypygi, Uropygi, Schizomida, Palpigradi, Ricinulei and Solifugae. CSIRO Publishing. ISBN 9780643068056, 400 S.
- Kaestner A (1956): Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Teil 1: Wirbellose. Gustav Fischer Verlag, Jena. 3 Auflage, S. 603–616.
- Schmidt G (1993): Giftige und gefährliche Spinnentiere – Humanpatogene Skorpione (Scorpionida), Milben (Acarina) und Spinnen (Araneida). Westarp Wissenschaften, Magdeburg, Essen / Neue Brehm-Bücherei, Band 608. 1 Auflage. ISBN 3-89432-405-8.
- Zhang ZQ [Ed.] (2011): Animal biodiversity: An outline of higher-level classification and survey of taxonomic richness. Zootaxa 3148, S. 1–237.
Quellen der Nachweise
- Barranco P & Mayoral JG (2014): New palpigrades (Arachnida, Eukoeneniidae) from the Iberian Peninsula. Zootaxa 2826 (3), S. 544–562, doi:10.11646/zootaxa.3826.3.6.
- Blick T (2007): Tasterläufer in Europa / Palpigradi in Europe – Arachnida, 4 S.
- Harvey MS [Ed.] (2009): Fauna Europaea: Palpigradi. Fauna Europaea 2.1.
- Lehmann T & Friedrich S (2020): Eukoenenia florenciae (Arachnida: Palpigradi) from the Munich Botanical Garden – first record of microwhip scorpions in Germany. Arachnologische Mitteilungen 60, 19–22, doi:10.30963/aramit6003.
- Mayoral JG & Barranco P (2013): Rediscovery of the troglobious palpigrade Eukoenenia draco (Peyerimhoff 1906) (Palpigradi: Eukoeneniidae), with notes on the adaptations to a cave-dwelling life. Zootaxa 3635, S. 174–184.
- Mayoral JG & Barranco P (2017): A cave-dwelling Iberian palpigrade (Arachnida: Palpigradi) of the Eukoenenia mirabilis group. Zootaxa 4363 (4), S. 561–568, doi:10.11646/zootaxa.4363.4.8.
- Mayoral JG & Barranco P (2017): A remarkable new palpigrade (Arachnida) of the Eukoenenia mirabilis group from Spain. Zootaxa 4290 (2), S. 357–366, doi:10.11646/zootaxa.4290.2.5.
- Pantini P & Isaia M (2019): Araneae.it: the online Catalog of Italian spiders, with addenda on other Arachnid Orders occurring in Italy (Arachnida: Araneae, Opiliones, Palpigradi, Pseudoscorpionida, Scorpiones, Solifugae). Fragmenta entomologica 51 (2), S. 127–152.
- Pfliegler WP, Schönhofer A, Niedbała W, Vella P, Sciberras A & Vella A (2017): New records of mites (Acari) and harvestmen (Opiliones) from Malta with a preliminary checklist of Maltese Arachnida. Soil Organisms 89 (2), S. 85–110, ISSN 2509-9523.
- World Palpigradi Catalog (2022): World Palpigradi Catalog. Natural History Museum Bern, online at https://wac.nmbe.ch.
- Šestáková A, Suvák M, Krajčovičová K, Kaňuchová A & Christophoryová J (2017): Arachnids from the greenhouses of the Botanical Garden of the PJ Šafárik University in Košice, Slovakia (Arachnida: Araneae, Opiliones, Palpigradi, Pseudoscorpiones). Arachnologische Mitteilungen 53, S. 19–28, doi:10.5431/aramit5304.