Xysticus/XysticusAudaxCristatus: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Sauer & Wunderlich (1991)''': “Die Bestimmung bedient sich der Vorderkörper-Zeichnung… Nach Pedipalpus und Epigyne ist [''X. audax''] schlecht von ''cristatus'' zu trennen und wurde von manchen Arachnologen als Rasse von ''cristatus'' angesehen.”
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===Embolusspitze (gutes Merkmal)===
 
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P: ''X. cristatus'': “Endteil des Embolus sehr schmal”; ''X. audax'': “Spitze endet plump mit einer unbedeutenden Beugung”. Palmgren bestätigt damit frühere Angaben zu Unterschieden in der Embolusspitze als entscheidendem Unterscheidungsmerkmal, die zuerst Konrad Thaler in seiner Dissertation bemerkte (1966; zitiert in <ref name='braunrabeler1969'>{{Lit Braun Rabeler 1969}}</ref>). Seine dazugehörenden Abbildungen sind allerdings nicht besonders hilfreich und die erste gute Illustration der Embolusunterschiede findet sich wohl bei Wunderlich (in <ref name='jaeger1995'>{{Lit Jaeger 1995 Diplomarbeit}}</ref>).
  
 
J: ''X. cristatus'': “The embolus is long and the last third is quite thin and fragile. The terminal part of the embolus is divided into two short protruding parts: a broader shelf-like more proximal part and a longer and thinner tip at the very end of the embolus.” ''X. audax'': “The embolus is long and the last third is twisted and broad... the terminal part of the embolus is mostly dark and slightly curved; the tip is blunt.”
 
J: ''X. cristatus'': “The embolus is long and the last third is quite thin and fragile. The terminal part of the embolus is divided into two short protruding parts: a broader shelf-like more proximal part and a longer and thinner tip at the very end of the embolus.” ''X. audax'': “The embolus is long and the last third is twisted and broad... the terminal part of the embolus is mostly dark and slightly curved; the tip is blunt.”
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A: ''X. cristatus'': “Copulatory ducts elongate, reaching middle of receptacles”. ''X. audax'': Lengths of copulatory ducts greatly variable. “Receptacles more or less segmented into lobes. Posterior lobes heavily sclerotized”.
 
A: ''X. cristatus'': “Copulatory ducts elongate, reaching middle of receptacles”. ''X. audax'': Lengths of copulatory ducts greatly variable. “Receptacles more or less segmented into lobes. Posterior lobes heavily sclerotized”.
  
H&N: Nur für ''X. cristatus'' wird eine Vulvazeichnung gezeigt; diese ist aus Vilbaste (1969) abgezeichnet und zeigt vermutlich eine ''X. audax''-Vulva. Vilbaste unterscheidet die beiden Arten nicht.
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H&N: Nur für ''X. cristatus'' wird eine Vulvazeichnung gezeigt; diese ist aus <ref name='vilbaste66'>{{Lit Vilbaste 1969}}</ref> abgezeichnet und zeigt vermutlich eine ''X. audax''-Vulva. Vilbaste unterscheidet die beiden Arten nicht.
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==Evolutionsbiologische Anmerkungen==
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Die enge Verwandtschaft und möglicherweise sehr rezente Auftrennung der beiden Arten ist evolutionsbiologisch interessant, denn ''X. cristatus'' und ''X. audax'' zeigen keine der Eigenschaften, die üblicherweise für vor kurzem getrennte Spinnenarten charakteristisch sind oder zur schnellen Artbildung prädisponieren.
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1. Sie sind keine Habitatsspezialisten, sondern euryök und außerdem bis an den Polarkreis und in ganz unterschiedlichen Klimazonen (maritim bis extrem kontinental) verbreitet. Durch Vergletscherung oder Klimawandel werden sie also viel weniger leicht in getrennte Reliktareale zurückgedrängt als spezialisierte und thermophile Arten. 
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2. Sie sind gute Luftschiffer, die sich durch Ballooning schnell ausbreiten und Hindernisse leicht überwinden. Die nötigen Ausbreitungsschranken für eine allopatrische Artbildung werden für solche Arten viel langsamer aufgebaut, als bei weniger mobilen Arten, die unter Umständen in jedem Nachbartal eine eigene Art entwickeln. Auch beim Rückgang der Ausbreitungsschranken sind dies die Arten, die zuerst wieder in Kontakt kommen und damit weniger Zeit haben, Fortpflanzungsbarrieren zu entwickeln.
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3. Die beiden Arten treten großflächig sympatrisch (und oft syntop) auf. Das ist eigentlich ein Kennzeichen von seit längerem getrennten Arten. Junge Arten überlappen sich zunächst nur wenig in ihrer Verbreitung (sie bleiben parapatrisch), denn die notwendige ökologische Trennung tritt in der Regel langsamer ein, als das Erreichen einer Fortpflanzungsbarriere. Zahlreiche Beispiele zeigen diese vikariante Verbreitung bei eng verwandten Spinnenarten, zum Beispiel in der Gattung ''[[Heriaeus]]'' oder bei Schwesterartenpaaren wie ''[[Alopecosa accentuata]]''/''[[Alopecosa barbipes]]'' oder ''[[Alopecosa mariae]]''/''[[Alopecosa striatipes]]'', auch wenn die schwierige Unterscheidbarkeit in solchen Fällen das Bild in Verbreitungskarten oft verwischt. Vikariante Schwesterarten von ''X. cristatus''/''audax'' existieren ebenfalls (z.B. ''[[Xysticus macedonicus]]'', ''Xysticus pseudocristatus''). Ein ähnlich ungewöhnliches Muster existiert in der [[Pardosa lugubris-Gruppe]], wobei besonders auffällig ist, dass die genetisch ähnlichsten Arten im Zentrum der Verbreitung auftreten und weitgehend sympatrisch bis syntop vorkommen.
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==Quellen==
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[[Kategorie:Xysticus]]

Version vom 25. August 2018, 17:44 Uhr

Die Unterscheidung von Xysticus cristatus und X. audax – eine Literaturübersicht

Zusammenfassung

Die Männchen von X. cristatus und X. audax lassen sich zuverlässig anhand der Form der Embolusspitze und des basalen Zahns auf der seitlichen Bulbus-Apophyse trennen. Die Trennung der Weibchen ist schwierig und wohl nicht immer zuverlässig möglich. Die Form der Einführungsgänge der Vulva scheint das einzige in der Mehrzahl der Fälle verlässliche Merkmal zu sein, ist aber nicht leicht zu beurteilen (die Gänge sind auch im Präparat schwierig zu sehen) und variiert gelegentlich.

Die Epigynenform ist in einer großen Zahl von Fällen nicht eindeutig, und auch die Form der T-förmigen Apophyse ist so variabel, dass sie nicht als Bestimmungsmerkmal geeignet ist.

Unterstützende Merkmale sind regelmäßige Unterschiede im bevorzugten Lebensraum und in der Zeichnung. Hier bestehen jedoch Schwierigkeiten: zum einen variieren die Vorzugs-Lebensräume geographisch, zum anderen kommen die beiden Arten nicht selten syntop vor. Was die Zeichnung betrifft, haben sich alle bisher in der Literatur genannten Merkmale (z.B. die Form des Prosoma-Dreiecks, das Fehlen oder Vorhandensein einer dunklen Spitze, die Färbung des Prosomarandes) als unzuverlässig erwiesen. Es scheint sicher, dass es regelmäßige Unterschiede im Gesamteindruck der beiden Arten gibt, es ist aber noch unklar, wie sich diese für die zuverlässige Bestimmung operationalisieren lassen und ob sie auch bei Alkoholmaterial zutreffen. Die große Variabilität der Färbung, die Unterschiede der Geschlechter und die häufig auftretenden Farbänderungen im Laufe der Entwicklung (Nachdunkeln nach der Eiablage) erschweren auch hier die Bestimmung.

Was ist das Problem?

Die beiden Arten Xysticus cristatus und Xysticus audax werden oft als recht einfach zu bestimmen dargestellt, anhand einfacher Zeichnungsmerkmale (z.B. Prosoma-Dreieck) oder auch einzelner Aspekte der Genitalien. Allerdings scheinen diese Merkmale alle sehr zu variieren, und es scheint eine unerwartet hohe Zahl von Fehlbestimmungen auch von erfahrenen Experten zu geben (z.B. auf der Webseite von Pierre Oger). Ausserdem scheinen die Barcoding-Daten des GBOL-Projekts anzudeuten, dass es sich bei X. cristatus und X. audax entweder um eine einzige Art handelt, dass sämtliche sequenzierten audax-Exemplare fehlbestimmt waren, oder dass die beiden Arten sehr jung sind und sich erst vor kurzer Zeit aufgetrennt haben. Um die Situation zuverlässig zu klären, ist es hilfreich, die Artunterschiede noch einmal genauer zu betrachten.

Mehrere Autoren haben sich in den letzten Jahren detailliert mit der Problematik auseinandergesetzt, teilweise auf der Basis von hunderten von Exemplaren. Ihre Ergebnisse (Palmgren 1950) (Palmgren 1983) (Jantscher 2001) (Jantscher 2001) (Azarkina & Logunov 2001), und zum Vergleich die Angaben der wichtigsten Bestimmungswerke (Heimer & Nentwig 1991) (Roberts 1985) (Almquist 2006), sind hier zusammengefasst und durch Angaben in den wichtigsten Foto-Bestimmungsbüchern (Sauer & Wunderlich 1997) (Bellmann 2001) und Ergebnisse aus der Forumsdiskussion ergänzt.

Allgemeine Ansichten zur Unterscheidbarkeit

Palmgren (1950, 1983): Betrachtet die beiden Arten zunächst als “nur die beiden Extreme einer einzigen Variationsreihe..., wo zumal die mittleren Varianten die häufigsten sind.” Später findet er, dass sich alle Männchen (insgesamt 189 Exemplare) nach Embolusmerkmalen bestimmen lassen; bei den Weibchen ist eine Vulvapräparation nötig, aber auch dann finden sich in “seltenen Fällen” Übergangsformen, “die eine sichere Artbestimmung kaum gestatten”.

Jantscher (2001, 2003): “[T]he only way to make a correct identification is a close investigation of genital-morphological characters.” Even then, “The examination of a large number of females showed that some examples of both X. audax and X. cristatus are more problematic, and not all females fit easily into one of these proposed groups owing to the extremely high variability of the epigyne and vulva. Characters can differ significantly from those described here, and in such cases an unequivocal identification remains questionable.”

Azarkina & Logunov (2001): Females are “poorly distinguishable (almost indistinguishable”, “practically indistinguishable by epigynal variables”. “To reliably separate the species..., males are obligatory required”.

Roberts (1985): “Unfortunately, not all specimens are entirely typical and the variability... can cause problems in identification.”

Almquist (2006): Seems to assume that the two species are clearly distinct.

Heimer & Nentwig (1991): “Wegen der hohen innerartlichen Variabilität beider Arten wird audax oft auch als Varietät von cristatus aufgefaßt.”

Sauer & Wunderlich (1997): “Die Bestimmung bedient sich der Vorderkörper-Zeichnung… Nach Pedipalpus und Epigyne ist [X. audax] schlecht von cristatus zu trennen und wurde von manchen Arachnologen als Rasse von cristatus angesehen.”

Bellmann (2001): “Eine sichere Unterscheidung ist … nur nach Genitalmerkmalen möglich”.

Arno: “Man kann die beiden Formen ausgezeichnet und sicher nach ihrer Färbung und Zeichnung – v.a. in Kombination mit dem Lebensraum – trennen. X. audax und cristatus sind nur so schwer zu unterscheiden, wenn man ausschließlich nach Genitalien bestimmt (das ist bei den Ost- und Südeuropäischen Verwandten nicht so). Habituell sind die beiden Formen/Arten deutlich unterschiedlich. Ich würde die beiden Formen für gute Arten halten. Mir ist noch nie ein Exemplar untergekommen, bei dem ich mich nicht hätte entscheiden können, welches ich für eine Mischform oder eine Zwischenform gehalten hätte.”

Guido: “ Ich verstehe gar nicht so richtig, wo das Problem ist. Die Bestimmung / Abgrenzung von X. audax und X. cristatus habe ich bislang noch nie als wirkliches Problem gesehen. Selbst wenn es mal ein paar fragwürdige Exemplare gibt. Die meisten sind meines Erachtens eindeutig.”

Trennung nach Habitat (indikativ, aber nicht eindeutig)

P: X. cristatus ist eine Art des offenen Geländes, die namentlich mit dem Schlagschirm aus Wiesenvegetation zu erbeuten ist... aber auch (besonders an der Küste) in Vaccinium- und Empetrum-Matten. “X. audax kommt auf Nadelbäumen, auch jungen, auf Juniperus und zeitweise (Überwinterung?) im Waldboden vor”. Gemeinsam nur in stark abgeholztem Waldgelände, wo Grasvegetation und Kräuter zwischen den... Bäumen gewuchert haben. Diese Charakterisierung beruht ausschließlich auf sicher bestimmten Männchen.

J: “closer investigation of ecology, ethology or molecular methods can be used in the future”

A&L: X. cristatus records from Siberia are noticeably more common in steppe habitats than X. audax.

R: X. cristatus “on bushes, low vegetation and in undergrowth”; X. audax “in similar situations... usually higher on bushes, gorse, and the like”.

A: X. cristatus “among grass and moss in dry and in damp meadows”; X. audax “[m]eadows and groves, Calluna-stands, heathlands, dry pine forests.”

H&N: X. cristatus “in Bodennähe an niedrigen Pflanzen”; X. audax “in der Vegetation auch in bodenferneren Bereichen, v.a. auf Ginster u. Heidekraut.”

S&W: X. cristatus “klettern meist im Gras”, “[a]uch beim nächtlichen Käschern geraten sie zuweilen in das Netz.” X. audax “leben im Grasland”. Es wird also keine Trennung nach Habitat angenommen.

Bellmann (1997): X. cristatus “Vorwiegend an offenen Stellen mit niedriger bis halbhoher Vegetation, etwa an Waldrändern, in Gebüschen und auf Wiesen.” X. audax “An offenen bis halbschattigen, trockenen Stellen, besonders an Waldrändern, im Vergleich zu X. cristatus mehr im Gebüsch und auf höheren Pflanzen.”

Tobias: “X. audax ist meines Wissens eine deutlich ökologisch getrennte Art von X. cristatus. In halboffenen Landschaften (Streuobstwiesen, Birkensukzessionsstufen, größere Waldlichtungen, Schneeheide-Kiefernwälder) koexistieren sie, das tun aber sehr viele Arthropodenarten. In einer reinen Glatthaferwiese (Arrhenaterum-Gesellschaften) ohne Baumbestand findet man mit 5 Bodenfallen über das Jahr mitunter durchaus über 100 deutliche X. cristatus, aber keine einzige X. audax. Diese finde ich dann aber am nächsten thermophilen Waldrand. X. cristatus: Boden, zwischen Gras (im Grünland) unter Steinen, an Wegrändern. Tendenziell nicht ganz trocken. Gerne auch an ruderale Hochstaudenfluren (z.B. an Bahnhöfen); X. audax: meist auf Zweigen, gerne niedrigere Koniferen, Ginster etc. und auch an warmen Waldlichtungen auf Baumstümpfen.”

Arno: die beiden Arten sind eindrücklich nach ihrem Habitat getrennt.

Trennung nach Geographie (nicht möglich)

P: X. cristatus in Finnland bis zum Polarkreis, und bis 65 ̊50’N. X. audax sogar bis zum Eismeer.

A&L: X. audax: “[F]rom Iceland in the west through the temperate belt of Eurasia to Sakhalin and Japan (Hokkaido and Honshu) in the east.” Generally somewhat further north than X. cristatus, but broadly overlapping. X. cristatus “seems to display a Euro-Siberian temperate distributional pattern... limited ... to the east by Transbaikalia and Yakutia.”

Männchen

Färbung (schwierig und noch ungeklärt)

P: “mehrere Kennzeichen (Kopfdreieck in seinen verschiedenen Teilen, Lateralfeld in bezug auf Marmorierungsgrad und Form des Binnenrandes)[, die] offenbar unabhängig variieren”, und kaum mit der Apophysenform des Pedipalpus korrelieren.

J: “colour is highly variable and ranges from cream-beige to dark black-brown. The patterns of coloration also show great variability. The present study of about 700 specimens supports the idea that there is a slight tendency for X. cristatus to be lighter in colour than X. audax. Particular colour patterns, such as the wedge-shaped mark on the carapace, vary a lot and different types are not limited to one species.” “colour and colour patterns are not reliable diagnostic characters for the separation of the ... species.”

A&L: do not mention any colour characters.

R: X. cristatus: longer “central wedge-shaped marking”, that “ends in a well-defined darker point”. In X. audax “the markings are darker and more pronounced. The central wedge-shaped mark does not extend as far behind the eyes as in X. cristatus, and does not end in a well-defined dark point.” This character “seems fairly reliable”.

A: X. cristatus: “Median band whitish, anteriorly with greyish shield-shaped marking with dark brown tip”, “Dorsum of abdomen with deeply dentated yellowish white median band, bordered by dark brown”; X. audax: “Coloration and pattern somewhat variable”, “Median band brownish anteriorly, tapering and yellowish white posteriorly”, “Dorsum of abdomen dark brown. Median band whitish and distinctly dentated.” While some aspects of these descriptions match earlier color distinctions between the two species, variation is emphasized, and color characters are not highlighted as separating the two species reliably.

S&W: X. cristatus: “Das bräunliche Dreieck auf dem Vorderkörper endet in einer scharfen dunklen Spitze und ist etwa dreimal so hoch wie breit, wenn man die hinteren Mittelaugen als Basis nimmt.” X. audax: “Der Keilfleck endet gerundet und unscharf und ist 2- bis 3-mal so lang wie breit”.

B: X. cristatus “braunes nach hinten gerichtetes Dreieck… reicht vom Augenfeld bis kurz vor das Ende des Prosomas und endet mit einem kleinen, schwarzen Spitzenfleck”; X. audax “Sehr ähnlich gezeichnet wie X. cristatus. Das Dreieck auf dem Vorderkörper reicht nicht so weit nach hinten und endet ohne dunkle Spitze”.

Arno und Tobias: bei Männchen ist die Trennung nach Färbung allgemein schwierig.

T-förmige Apophyse (nicht zuverlässig)

P: variiert bei 109 untersuchten Männchen “kontinuierlich zwischen der für X. cristatus und der für X. audax als typisch angenommenen, arttrennenden Form”.

J: “The median apophysis has proved to be variable in form and therefore cannot be considered to be a reliable diagnostic character.”

A&L: X. cristatus “different” from X. audax, where the “sharp ends of the pickax-shaped MTA [are] almost equal in their length”. They do not cite Palmgren’s 1950 paper regarding the possible problems of this feature.

R: “varies somewhat” but, together with the tooth on the median apophysis, “the best means of identification” (as illustrated).

A: X. cristatus: “pickaxe-like median apophysis with unequal points” (“Points very unequal in length”); X. audax: “Pickaxe-like median apophysis with subequal points” (“points usually subequal in length”).

H&N: X. cristatus “Bas. Teil der T-förmigen Blb.Apo. länger als breit”; X. audax “Bas. Teil der T-förmigen Blb.Apo. ± so lang wie breit”.

Michael: “Die Form der Hammer-Apophyse war für mich schon immer ein extrem unsicheres Merkmal. Da findet man alle möglichen Varianten, die oft nicht eindeutig zuweisbar sind. Mal ganz abgesehen von der schwammigen Definition”.

Zahn neben der Apophyse (gutes Merkmal)

J: X. cristatus: “The basal pointed tooth on the lateral apophysis of the palp is small ... and therefore easy to overlook”. X. audax: “The basal tooth on the lateral apophysis is sharply pointed and of considerable length.”

A&L: X. audax has “the longest tooth”, compared to X. cristatus (and X. pseudocristatus).

R: Together with the shape of the T-shaped apophysis “the best means of identification” (as illustrated).

A: X. cristatus: “Tooth below recumbent”; X. audax: “Tooth below upright”.

H&N: Der Unterschied wird zwar korrekt illustriert, im Schlüsseltext aber nicht erwähnt.

Anmerkung: Der Wert dieses Merkmals wird auch von Guido, Michael und Arno bestätigt.

Embolusspitze (gutes Merkmal)

P: X. cristatus: “Endteil des Embolus sehr schmal”; X. audax: “Spitze endet plump mit einer unbedeutenden Beugung”. Palmgren bestätigt damit frühere Angaben zu Unterschieden in der Embolusspitze als entscheidendem Unterscheidungsmerkmal, die zuerst Konrad Thaler in seiner Dissertation bemerkte (1966; zitiert in (Braun & Rabeler 1969)). Seine dazugehörenden Abbildungen sind allerdings nicht besonders hilfreich und die erste gute Illustration der Embolusunterschiede findet sich wohl bei Wunderlich (in (Jäger 1995)).

J: X. cristatus: “The embolus is long and the last third is quite thin and fragile. The terminal part of the embolus is divided into two short protruding parts: a broader shelf-like more proximal part and a longer and thinner tip at the very end of the embolus.” X. audax: “The embolus is long and the last third is twisted and broad... the terminal part of the embolus is mostly dark and slightly curved; the tip is blunt.”

A&L: Illustrated as diagnostic, but not discussed.

R: Correctly illustrated, but not discussed.

A: X. cristatus: “Tip of long embolus terminating on projecting and narrow tutaculum”; X. audax: “Embolus mostly ribbon-like, tip narrow and without loop”, “terminates on thick tutaculum”. Here the text seems to place greater emphasis on differences in the tutaculum, which no other author discusses, but the figures show the differences in the shape of the embolus tip correctly.

Weibchen

Färbung (schwierig und noch ungeklärt)

P: Sehr variabel, so “dass eine Typeneinteilung ganz subjektiv ausfallen müsste.”

J: See male. (“Females cannot conclusively be identified by colour patterns.”)

A&L: Do not discuss any colour characters.

R: See male.

A: X. cristatus: “Median band yellowish white, anteriorly with greyish brown mark with dark brown tip posteriorly”, “legs light brown, streaked with yellowish white, spotted with dark brown”, “dorsum of abdomen brownish. Deeply dentated median band yellowish brown”; X. audax: Dark variety: “Median band dull greyish anteriorly with some darker dots. Whitish posteriorly”, “Dorsum of abdomen with dentated median band whitish and grey”, Light variety: “Median band with pale brownish grey marking anteriorly, whitish or light grey posteriorly”, “legs light yellowish grey”, “dorsum of abdomen with indistinct marks”. While some aspects of these descriptions match earlier color distinctions between the two species, variation is emphasized, and color characters are not highlighted as separating the two species reliably.

H&N: X. cristatus “ProS. lat. mit breiten, schwarzen Streifen, med. 3eck gr., hi. mit einem deutl. schwarzen Punkt, beiderseits von hellen Streifen bogenförmig umrahmt, OpS. deutl. gemustert mit hellbraunen-ockerfarbenen 3ecken auf dunklem Grund, Beine wie OpS. gefärbt. Färb. sehr variable (♂♂ insgesamt dunkler).” X. audax “Färb. ähnlich cristatus, dunkle lat. Streifen des ProS. aber hi. geteilt (♂♂ im ganzen dunkler u. unregelmäßiger gezeichnet)”.

B: siehe Männchen

Tobias: X. cristatus: Viele Sand- und lehmfarbene Elemente, Folium tannenbaumförmig, ohne größere dunkle Fleckung am Rand. X. audax: Sehr fleckig, wenige Sandtöne, mehr braun, sehr kontrastreich. Folium mit dunklen Flecken am Rand, die in die Zwischenräume einfließen.

Epigyne (nicht zuverlässig)

J: X. cristatus: “The shape of the genital atria is smooth and the boundary with the surrounding area is distinctly defined, especially at their posterior margin. The median septum is also regular. Normally side plates are absent, but occur occasionally.” X. audax: “the shape of the genital atria is highly variable and can best be described as ear-shaped. The median septum varies, especially at the anterior end. This part sometimes resembles a cup or funnel, sometimes it is similar to the regular median septum of X. cristatus. Side-plates are often quite distinct, large and of dark colour. The posterior part of the genital atria is normally bordered by a transverse line beginning at the posterior end of the median septum and continuing laterally.” But: “In about 50% of all cases the removal of the epigyne [i.e., a vulva preparation] is necessary to achieve a reliable identification.”

A&L: A morphometric approach based on quantitative measurements of eight epigynal variables shows very limited separation of the two species. About 50% of the specimens seem to fall within the 95% confidence region of the other species, and the differences in single variables are minimal (slightly longer and broader septum in X. audax (mean SL=0.23, SW=0.10), compared to X. cristatus (SL=0.20, SW=0.09). “The total percent of correct posterior assignments is 75.3%”, and this includes X. pseudocristatus, which is noticeably more easily separated than the other two species. Figures show an enormous range of variation in epigynal shape, in both species including forms that according to Jantscher would belong to the opposite species.

R: The “way in which the septum curves around the anterior margin of the openings” distinguishes the species: “in X. cristatus the curve is smooth, but it is not so in X. audax”.

A: X. cristatus: “Anterior atrial rim without tooth”; X. audax: “Anterior atrial rim with tooth”. Epigynal septum usually broader in X. audax than in X. cristatus, but epigyne greatly variable. (But note that Peter Jäger already in his diploma thesis showed that this character is not suitable for distinguishing the species.)

H&N: X. audax “Innere Epg.grubenränder med. stark sklerot.” Epigyne beider Arten wird abgebildet, aber nicht weiter diskutiert.

Vulva (schwierig)

P: X. cristatus: “Kopulationsöffnung [steht] durch einen ziemlich langen, umgekehrt S-förmigen Kanal mit dem Rezeptaculum in Verbindung”; X. audax: “Kanal kürzer und kaum geschwungen”. “[I]n seltenen Fällen Kanallängen..., die eine sichere Artbestimmung kaum gestatten”. Seine Abbildungen sind jedoch schwerlich mit denen anderer Autoren in Einklang zu bringen.

J: X. cristatus: “the copulatory ducts are characteristic for this species. The horizontal duct is doubly bent at its most lateral position, located just anterior to the receptacula. Furthermore, the most anterior part of this curvature is situated at about the mid-point antero-posteriorly along the length of the vulva (i.e. at about the point where the epigynal grooves would begin on the ventral side.” X. audax: “The copulatory ducts are very simple with the nearly horizontal duct bending towards the receptacula. Normally they are restricted to the posterior third of the vulva.”

A&L: “The female of X. cristatus is most similar (almost identical) to that of X. audax, with small differences in the structure of the spermathecae”, as illustrated.

A: X. cristatus: “Copulatory ducts elongate, reaching middle of receptacles”. X. audax: Lengths of copulatory ducts greatly variable. “Receptacles more or less segmented into lobes. Posterior lobes heavily sclerotized”.

H&N: Nur für X. cristatus wird eine Vulvazeichnung gezeigt; diese ist aus (Vilbaste 1969) abgezeichnet und zeigt vermutlich eine X. audax-Vulva. Vilbaste unterscheidet die beiden Arten nicht.

Evolutionsbiologische Anmerkungen

Die enge Verwandtschaft und möglicherweise sehr rezente Auftrennung der beiden Arten ist evolutionsbiologisch interessant, denn X. cristatus und X. audax zeigen keine der Eigenschaften, die üblicherweise für vor kurzem getrennte Spinnenarten charakteristisch sind oder zur schnellen Artbildung prädisponieren.

1. Sie sind keine Habitatsspezialisten, sondern euryök und außerdem bis an den Polarkreis und in ganz unterschiedlichen Klimazonen (maritim bis extrem kontinental) verbreitet. Durch Vergletscherung oder Klimawandel werden sie also viel weniger leicht in getrennte Reliktareale zurückgedrängt als spezialisierte und thermophile Arten.

2. Sie sind gute Luftschiffer, die sich durch Ballooning schnell ausbreiten und Hindernisse leicht überwinden. Die nötigen Ausbreitungsschranken für eine allopatrische Artbildung werden für solche Arten viel langsamer aufgebaut, als bei weniger mobilen Arten, die unter Umständen in jedem Nachbartal eine eigene Art entwickeln. Auch beim Rückgang der Ausbreitungsschranken sind dies die Arten, die zuerst wieder in Kontakt kommen und damit weniger Zeit haben, Fortpflanzungsbarrieren zu entwickeln.

3. Die beiden Arten treten großflächig sympatrisch (und oft syntop) auf. Das ist eigentlich ein Kennzeichen von seit längerem getrennten Arten. Junge Arten überlappen sich zunächst nur wenig in ihrer Verbreitung (sie bleiben parapatrisch), denn die notwendige ökologische Trennung tritt in der Regel langsamer ein, als das Erreichen einer Fortpflanzungsbarriere. Zahlreiche Beispiele zeigen diese vikariante Verbreitung bei eng verwandten Spinnenarten, zum Beispiel in der Gattung Heriaeus oder bei Schwesterartenpaaren wie Alopecosa accentuata/Alopecosa barbipes oder Alopecosa mariae/Alopecosa striatipes, auch wenn die schwierige Unterscheidbarkeit in solchen Fällen das Bild in Verbreitungskarten oft verwischt. Vikariante Schwesterarten von X. cristatus/audax existieren ebenfalls (z.B. Xysticus macedonicus, Xysticus pseudocristatus). Ein ähnlich ungewöhnliches Muster existiert in der Pardosa lugubris-Gruppe, wobei besonders auffällig ist, dass die genetisch ähnlichsten Arten im Zentrum der Verbreitung auftreten und weitgehend sympatrisch bis syntop vorkommen.

Quellen