Steatoda nobilis: Unterschied zwischen den Versionen

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==Merkmale==
 
==Merkmale==
'''Körpergröße''': Weibchen werden 9 bis 14 mm groß, Männchen 8 bis 11 mm <ref name="SpiMi">{{Lit uniBern}}</ref>.
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'''Körpergröße''': Weibchen werden ungefähr 9,5 bis 14 mm groß, Männchen 7 bis 11 mm <ref name="Snazell & Jones">{{lit Snazell Jones 1993 nobilis}}</ref>.  
  
Das '''Prosoma''' ist glänzend rotbraun, mit dünnen dunkleren Radiärstreifen. Das '''Opisthosoma''' ist purpurbraun bis dunkelbraun mit einer unregelmäßigen weißen Streifenzeichnung.  
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Die Größe scheint jedoch recht variabel. Interessanterweise ergaben Messungen an einer kleineren Anzahl von Exemplaren, dass Tiere aus England größer als solche aus dem südlichen Verbreitungsgebiet waren.  
  
Das kleinere '''Männchen''' besitzt eine helle Foliumszeichnung mit vier eingesenkten rötlichen Punkten auf dem ebenfalls braunen bis purpurbraunen Hinterleib. Die Beine beider Geschlechter sind hellbraun mit distal dunkleren Tibien.
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'''Prosoma''' dorsal dunkel rotbraun mit dunklen Radiärstreifen, Fovea als flache Grube deutlich vorhanden. Spärliche Behaarung an der Kopfregion dichter werdend. Chelizeren auf dem Grundglied mit einem einzelnen Zahn, bei den Männchen mit abgeflachtem, breitem Bereich, am hinteren Rand mit einer Reihe kleiner Zähnchen, welche an einen großen, säbelartigen Zahn anschließen. Sternum dunkel rotbraun. Vordere Augenreihe rekurv, hintere Augenreihe gerade. Insgesamt sind beide Reihen gleichlang.
  
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'''Opisthosoma''' violett braun, anterior mit einem bogenförmigen Querstreifen. Dorsal mit variablem Folium, welches zumindest bei den Weibchen bei der letzten Häutung aber fast vollständig verloren geht. Der innere Bereich des Foliums ist weiß, mit Reihen von hellen Längsstrichen, die durch den dunklen Außenbereich ragen. Ventral dunkel.
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Beim '''Männchen''' sind zusätzlich am vorderen Rand des Opisthosomas zwei Reihen sklerotisierter Stridulationnsflächen aus jeweils 10-12 Zähnchen ausgebildet, die jeweils ein Haar oder eine Borste tragen und bei der Paarung benutzt werden (siehe Lebensweise). Gegenübergeordnet am Prosoma findet man zwei Stridulationsrillen.
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'''Beine''' blass gelbbraun, Tibia distel verdunkelt. Tarsus IV mit einer ventralen Reihe gesägter Borsen, beim Weibchen stärker ausgeprägt.
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'''Epigyne''' mit breitem Septum, dessen Seiten parallel. <ref name="Snazell & Jones"/>
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==Ähnliche Arten==
 
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==Lebensraum==
 
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Urbane Strukturen wie Zäune, Mauern und Gebäude. Aber auch an Baumstämmen und Hecken. <ref name="SpiMi"/>
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In Großbritannien an urbanen Strukturen wie Zäune, Mauern und Gebäude, juvenile Tiere auch an Hecken und niedrigen Pflanzen.
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Auf den Kanaren und in Portugal fand man Tiere auf Kakteen und Agaven, Telefonmasten, unter Eukalytpusrinde, niedrigen Pflanzen, Felsformationen, Straßenränder mit Steilwänden und in Häusern.
  
 
==Verbreitung==
 
==Verbreitung==
Kommt heute auch in England und Frankreich vor. Ursprüngliches Verbreitungsgebiet Madeira und die Kanarischen Inseln. <ref name="SpiMi"/>
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Kommt heute auch in, Spanien, Portugal, England und Frankreich vor. Ursprüngliches Verbreitungsgebiet Madeira und die Kanarischen Inseln. Wahrscheinlich wurde die Art mit Bananentransporten verschleppt.
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''{{PAGENAME}}'' wurde in Großbritannien schon in den 1870er Jahren nachgewiesen, was auch zu einer Neubeschreibung der Art als ''Steatoda clarkii'' {{Autor|Picard-Cambridge, 1879) führte. Diese wurde aber genau zwanzig Jahre später durch denselben Autor synonymisiert. Es kam in den folgenden Jahren immer wieder zu Funden von ''{{PAGENAME}}'' in Großbritannien, man ging aber davon aus, dass diese (wahrscheinlich aus Fruchtimporten stammenden) Tiere sich nicht etablieren könnten. 1986 wurden jedoch erstmals etablierte Populationen registriert. <ref name="Snazell & Jones"/>
  
 
Im Herbst 2011 konnte die Art erstmals in Deutschland nachgewiesen werden. Die Tiere wurden in zwei Pflanzencentern in Köln gefunden, wo sich höchstwahrscheinlich stabile Populationen gebildet haben. <ref name="nobilis D">{{Lit Wieczorrek Steatoda nobilis 2011}}</ref>
 
Im Herbst 2011 konnte die Art erstmals in Deutschland nachgewiesen werden. Die Tiere wurden in zwei Pflanzencentern in Köln gefunden, wo sich höchstwahrscheinlich stabile Populationen gebildet haben. <ref name="nobilis D">{{Lit Wieczorrek Steatoda nobilis 2011}}</ref>
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==Lebensweise==
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===Netzbau & Beutefang===
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Das Netz von ''{{PAGENAME}}'' entsteht über mehrere Nächte. Es besteht aus einem röhrenartigen Unterschlupf (meist in einer Ritze oder Loch angelegt), das sich zu einer deckenartigen Netzstruktur öffnet, welche nach oben und unten mit den für Kugelspinnen typischen Struktur und Fangfäden versehen ist. Die Spinne verharrt tagsüber in ihrem Versteck, nachts sitzt sie in den vorderen Bereichen des Verstecks. Beute wird in Kugelspinnenmanier mithilfe der Spinnwarzen und dem vierten Beinpaar eingewickelt und gebissen. Die Art kann ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf aus ihrer Beute decken. <ref name="Snazell & Jones"/>
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===Fortpflanzung===
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Insgesamt ist das Balzverhalten recht variabel. {{Autor|Snazell}} & {{Autor|Jones}} (1993) beschreiben eine Annäherung der beiden Geschlechter anhand zweier jungfräulicher Tiere. Dabei fand das Männchen rasch das Versteck des Weibchens und bewegt sich in den vorderen Bereich der Röhre. Dabei zupft es rhythmisch mit dem zweiten Beinpaar am Netz. Gleichzeitig vibrierte es immer wieder kurz mit dem Hinterleib (Benutzung der Stridulationsorgane). Die Vorderbeine tasteten fühlend nach dem Weibchen. Wurde dieses berührt, kam es zu einem kurzen Gerangel, bis das Männchen die Vorderbeine des Weibchens an das untere Netz drückte (siehe Bild unten; man beachte die Stellung des Weibchens im Netz) und anschließend kurz die Epigyne mit den Pedipalpen betrommelte, bevor er den linken Pedipalpus einführte. Der Wechsel vollzog sich nach 11 Minuten, das Männchen produzierte zudem mehrere Male etwas Seide. Auch die Insertion des zweiten Palpus nach fünfminutiger Pause und wiederholter Betrommelung dauerte 14 Minuten.
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Bei einer zweiten Begegnung derselben Spinnen war das Balzverhalten und die Dauer der Palpeninsertion wesentlich reduziert.
  
 
==Giftigkeit==
 
==Giftigkeit==
Bissunfälle mit ''{{PAGENAME}}'' können verschiedenste Symptome auslösen. So wird häufig von einem Brennen um die Bissstelle berichtet, welches starken, sich ausbreitenden Schmerzen weicht. Ebenso kann vorübergehende Taubheit und ein Anschwellen der betroffenen Extremität oder der Körperpartie erfolgen, begleitet von einer Hautrötung. Auch grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, erhöhte Schweißproduktion und Müdigkeit können auftreten. <ref name="Museum"/>
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Vor allem aus England wurde von Bissunfällen mit dieser Art berichtet. Diese können verschiedenste Symptome auslösen. So wird häufig von einem Brennen um die Bissstelle berichtet, welches starken, sich ausbreitenden Schmerzen weicht. Ebenso kann vorübergehende Taubheit und ein Anschwellen der betroffenen Extremität oder der Körperpartie erfolgen, begleitet von einer Hautrötung. Auch grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, erhöhte Schweißproduktion und Müdigkeit können auftreten. <ref name="Museum"/>
  
 
Zu bemerken gilt, dass nur Weibchen beißen <ref name="Museum"/>.
 
Zu bemerken gilt, dass nur Weibchen beißen <ref name="Museum"/>.

Version vom 11. Oktober 2012, 15:07 Uhr

Steatoda nobilis (Thorell, 1875)
Noble Fettspinne
Steatoda nobilis, Köln.jpg
junges Weibchen, Köln
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Theridiidae (Kugelspinnen)
Gattung: Steatoda (Fettspinnen)
Reifezeit (Roberts 1996)
Monat:123456789101112
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:008125
Gefährdung nach Roter Liste
RegionBSLTKTRFRRL
[D] Berlin nb
Synonyme und weitere Kombinationen
  • Lithyphantes nobilis
  • Teutana nobilis

Merkmale

Körpergröße: Weibchen werden ungefähr 9,5 bis 14 mm groß, Männchen 7 bis 11 mm (Snazell & Jones 1993).

Die Größe scheint jedoch recht variabel. Interessanterweise ergaben Messungen an einer kleineren Anzahl von Exemplaren, dass Tiere aus England größer als solche aus dem südlichen Verbreitungsgebiet waren.

Prosoma dorsal dunkel rotbraun mit dunklen Radiärstreifen, Fovea als flache Grube deutlich vorhanden. Spärliche Behaarung an der Kopfregion dichter werdend. Chelizeren auf dem Grundglied mit einem einzelnen Zahn, bei den Männchen mit abgeflachtem, breitem Bereich, am hinteren Rand mit einer Reihe kleiner Zähnchen, welche an einen großen, säbelartigen Zahn anschließen. Sternum dunkel rotbraun. Vordere Augenreihe rekurv, hintere Augenreihe gerade. Insgesamt sind beide Reihen gleichlang.

Opisthosoma violett braun, anterior mit einem bogenförmigen Querstreifen. Dorsal mit variablem Folium, welches zumindest bei den Weibchen bei der letzten Häutung aber fast vollständig verloren geht. Der innere Bereich des Foliums ist weiß, mit Reihen von hellen Längsstrichen, die durch den dunklen Außenbereich ragen. Ventral dunkel.

Beim Männchen sind zusätzlich am vorderen Rand des Opisthosomas zwei Reihen sklerotisierter Stridulationnsflächen aus jeweils 10-12 Zähnchen ausgebildet, die jeweils ein Haar oder eine Borste tragen und bei der Paarung benutzt werden (siehe Lebensweise). Gegenübergeordnet am Prosoma findet man zwei Stridulationsrillen.

Beine blass gelbbraun, Tibia distel verdunkelt. Tarsus IV mit einer ventralen Reihe gesägter Borsen, beim Weibchen stärker ausgeprägt.

Epigyne mit breitem Septum, dessen Seiten parallel. (Snazell & Jones 1993)

Ähnliche Arten

Steatoda nobilis besitzt im Gegensatz zu Latrodectus bezahnte Chelizeren (Natural History Museum London 2010).

Lebensraum

In Großbritannien an urbanen Strukturen wie Zäune, Mauern und Gebäude, juvenile Tiere auch an Hecken und niedrigen Pflanzen.

Auf den Kanaren und in Portugal fand man Tiere auf Kakteen und Agaven, Telefonmasten, unter Eukalytpusrinde, niedrigen Pflanzen, Felsformationen, Straßenränder mit Steilwänden und in Häusern.

Verbreitung

Kommt heute auch in, Spanien, Portugal, England und Frankreich vor. Ursprüngliches Verbreitungsgebiet Madeira und die Kanarischen Inseln. Wahrscheinlich wurde die Art mit Bananentransporten verschleppt.

Steatoda nobilis wurde in Großbritannien schon in den 1870er Jahren nachgewiesen, was auch zu einer Neubeschreibung der Art als Steatoda clarkii {{Autor|Picard-Cambridge, 1879) führte. Diese wurde aber genau zwanzig Jahre später durch denselben Autor synonymisiert. Es kam in den folgenden Jahren immer wieder zu Funden von Steatoda nobilis in Großbritannien, man ging aber davon aus, dass diese (wahrscheinlich aus Fruchtimporten stammenden) Tiere sich nicht etablieren könnten. 1986 wurden jedoch erstmals etablierte Populationen registriert. (Snazell & Jones 1993)

Im Herbst 2011 konnte die Art erstmals in Deutschland nachgewiesen werden. Die Tiere wurden in zwei Pflanzencentern in Köln gefunden, wo sich höchstwahrscheinlich stabile Populationen gebildet haben. (Bauer & Wieczorrek 2011)

Lebensweise

Netzbau & Beutefang

Das Netz von Steatoda nobilis entsteht über mehrere Nächte. Es besteht aus einem röhrenartigen Unterschlupf (meist in einer Ritze oder Loch angelegt), das sich zu einer deckenartigen Netzstruktur öffnet, welche nach oben und unten mit den für Kugelspinnen typischen Struktur und Fangfäden versehen ist. Die Spinne verharrt tagsüber in ihrem Versteck, nachts sitzt sie in den vorderen Bereichen des Verstecks. Beute wird in Kugelspinnenmanier mithilfe der Spinnwarzen und dem vierten Beinpaar eingewickelt und gebissen. Die Art kann ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf aus ihrer Beute decken. (Snazell & Jones 1993)

Fortpflanzung

Insgesamt ist das Balzverhalten recht variabel. Snazell & Jones (1993) beschreiben eine Annäherung der beiden Geschlechter anhand zweier jungfräulicher Tiere. Dabei fand das Männchen rasch das Versteck des Weibchens und bewegt sich in den vorderen Bereich der Röhre. Dabei zupft es rhythmisch mit dem zweiten Beinpaar am Netz. Gleichzeitig vibrierte es immer wieder kurz mit dem Hinterleib (Benutzung der Stridulationsorgane). Die Vorderbeine tasteten fühlend nach dem Weibchen. Wurde dieses berührt, kam es zu einem kurzen Gerangel, bis das Männchen die Vorderbeine des Weibchens an das untere Netz drückte (siehe Bild unten; man beachte die Stellung des Weibchens im Netz) und anschließend kurz die Epigyne mit den Pedipalpen betrommelte, bevor er den linken Pedipalpus einführte. Der Wechsel vollzog sich nach 11 Minuten, das Männchen produzierte zudem mehrere Male etwas Seide. Auch die Insertion des zweiten Palpus nach fünfminutiger Pause und wiederholter Betrommelung dauerte 14 Minuten.

Bei einer zweiten Begegnung derselben Spinnen war das Balzverhalten und die Dauer der Palpeninsertion wesentlich reduziert.

Giftigkeit

Vor allem aus England wurde von Bissunfällen mit dieser Art berichtet. Diese können verschiedenste Symptome auslösen. So wird häufig von einem Brennen um die Bissstelle berichtet, welches starken, sich ausbreitenden Schmerzen weicht. Ebenso kann vorübergehende Taubheit und ein Anschwellen der betroffenen Extremität oder der Körperpartie erfolgen, begleitet von einer Hautrötung. Auch grippeähnliche Symptome wie Schüttelfrost, erhöhte Schweißproduktion und Müdigkeit können auftreten. (Natural History Museum London 2010)

Zu bemerken gilt, dass nur Weibchen beißen (Natural History Museum London 2010).

Bilder

Nachweis- und Verbreitungskarten

Quellen

  • Bauer T & Wieczorrek C (2011): Erstfund von Steatoda nobilis in Deutschland. wiki.spinnen-forum.de.
  • Natural History Museum London (2010): False widow spider, Steatoda nobilis.
  • Roberts MJ (1996): Collins Field Guide. Spiders of Britain and Northern Europe. HarperCollins Publishers Ltd.. ISBN 0-00-219981-5, 383 S.
  • Snazell R & Jones D (1993): The theridiid spider Steatoda nobilis (Thorell, 1875) in Britain. Bull. Br. arachnol. Soc. 9 (5), S. 164–167.

Quellen der Nachweise