Spinnenhaltung

Aus Wiki der Arachnologischen Gesellschaft e. V.
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Wenn man sich längere Zeit mit Spinnen beschäftigt hat oder gerne dies tun möchte, dann ist es oft sinnvoll über die reine Bestimmung hinaus zu gehen und sich die eine oder andere Art als "Haustier" anzuschaffen.

Die Gründe können darin liegen, dass man ein Jungtier findet, welches sich nicht bestimmen lässt und man es bis zur Geschlechtsreife großziehen möchte oder zum Zweck einer Selbsttherapie gegen eine Phobie sich mit den Tieren genauer befassen will oder einfach nur um bestimmte Gattungen und Arten über längere Zeit beobachten und ihr Verhalten und ihre Lebensweise kennenlernen versucht, was mit Büchern und Alkoholpräparaten nicht geht.

Vorüberlegungen

Als Erstes sollte man sich die selben Gedanken machen, wie vor der Anschaffung jedes Haustieres. Spinnen sind nicht allgemein beliebt und so könnte man bei Mitbewohnern auf Widerstand stoßen. Der Zeitfaktor ist nicht zu unterschätzen, denn es macht kein Sinn die Tiere zu halten ohne sich die Zeit zum Beobachten zu nehmen (außer es ist eine zweckgebundene Aufzucht zur Bestimmung der Art), auch wenn die Pflege auf wenige Minuten pro Woche minimiert werden kann. Als letzten Punkt muss man beachten, dass Spinnen Fleischfresser sind. Sie jagen, töten und fressen andere kleine Tiere, wie Insekten, jedoch auch andere Spinnen, was in Freiheit einen großen Anteil ihrer Nahrung ausmacht, bei manchen Arten besteht diese vollkommen aus anderen Spinnen. Man muss dazu bereit sein die entsprechenden Futtertiere zu beschaffen (fangen oder in Zooläden kaufen) und ihrem sicheren Tod zuzuführen. Sollten diese Voraussetzungen nicht gegeben sein, so sollte man die Überlegung sich Spinnen zu halten wieder verwerfen.

Allgemeine Grundlagen

Wenn man sich nun zur Haltung einer Spinne entschlossen hat, dann muss man sich für eine Art oder zumindest Gattung entscheiden, weil dies die Haltungsbedingungen maßgeblich beeinflusst.

Platzbedarf

Der Platzbedarf richtet sich nach der Lebensweise der Art. Viele Spinnen sind sehr genügsam und können in sehr kleinen Dosen oft auch ohne jegliche Einrichtung über lange Zeit erfolgreich gepflegt werden. Die größten Ansprüche an den Platz haben Arten, welche große Netze bauen, wie Agelenidae und Araneidae und solche, die sich viel bewegen und ihre Beute aktiv jagen, wozu hauptsächlich Lycosidae und Salticidae zu zählen sind. Bei den netzbauenden Tieren kann man sich Anhaltspunkte aus der Literatur suchen, welche die Netzgrößen nennt. Bei frei jagenden Spinnen muss man oft den Platzbedarf austesten. Oft muss man auch beachten, dass manche Spinnen sich gut an glatten Flächen festhalten können und somit auch die Behälterwände nutzen, wohingegen andere Arten nur an rauhen Flächen Halt finden und deshalb viel strukturierte Behälter brauchen, die wegen der Einrichtung größer bemessen sein müssen um den Tieren weiterhin einen Artgerechten Freiraum für die Bewegung zu lassen.

Haltungsdauer

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der Zeitraum den die Haltung der Spinne gehen soll. Es gibt zwar eine ganze Reihe an Arten, die man regelmäßig im Haus findet, die an ganzjährig sehr gleichmäßiges Klima angepasst sind, jedoch sind die meisten einheimischen Arten an eine Winterruhe gewöhnt, welche für eine langfristige Haltung unbedingt einzuhalten ist. Wird die Winterruhe nicht durchgeführt, haben die Tiere wegen normal hohem Stoffwechsel einen größeren Nahrungsbedarf und eine erhöhte Entwicklungsgeschwindigkeit, als sie im Winter üblicherweise hätten. Dies hat zur Folge, dass winterreife Arten (also solche, die als ausgewachsene Tiere überwintern) frühzeitig sterben und bei gebauten Kokons die daraus schlüpfenden Tiere ebenfalls weiter entwickelt sind, als es üblich wäre und somit sich nicht zur entsprechenden Jahreszeit mit den noch nicht reifen Artgenossen paaren, sondern vorzeitig sterben. Selbiges ist der Fall bei Arten, die als nicht geschlechtsreife Tiere überwintern würden und somit ebenfalls zu früh sterben, wenn sie die Geschlechtsreife erreicht haben. Bei Arten, die im Kokon als frisch geschlüpfte Jungtiere überwintern ist es noch extremer. Diese Tiere schlüpfen im Frühjahr einfach nicht, weil ihnen der Kältereiz gefehlt hat und sie instinktiv davon ausgehen, dass es noch Herbst ist. Die Tiere bleiben im Kokon, bis ihre Reserven aufgebraucht sind und sterben ohne zu je schlüpfen. Deshalb sollte man Arten, die eine Überwinterung benötigen als Anfänger in der Haltung wieder freilassen bevor die ersten Fröste auftreten, sodass sich die Tiere rechtzeitig verstecken können. Sinnvoller ist mit Arten anzufangen, die eine Überwinterung schlichtweg nicht benötigen. Diese kann man über Jahre und Generationen hinweg erfolgreich halten ohne grobe Fehler zu befürchten. Trotzdem schadet eine milde Abkühlung auch diesen Arten nicht und gibt solchen, die sowohl im Haus, als auch im Freiland vorkommen trotzdem einen jahreszeitlichen Rhytmus vor.

Behälterformen

Die Behälterform ist bei vielen kleinen und wenig aktiven Arten nicht besonders wichtig und es reichen jegliche Dosen entsprechender Größe. Wie schon erwähnt wurde, sollte man auf den Bewegungsdrang achten und ob die Spinne glatte Flächen erklimmen kann oder eben nicht und dabei im natürlichen Lebensraum gerne etwas höher klettert, wie es z.B. bei Pisaura mirabilis der Fall ist. Ansonsten muss man eine Sonderform von Behälter für große Radnetzspinnen bieten. Die Tiere benötigen einen Rahmen an dem sie gut klettern und ihr Netz befestigen können. Zusätzlich brauchen sie eine gewisse Luftbewegung, da sie andernfalls den Netzbau verweigern und verkümmern. Ein geeigneter Behälter sollte ein Rahmen aus 15-20cm breiten Holzbrettern sein, auf dessen Vorderseite oben eine 5cm breite Blende vorhanden sein sollte (besser noch eine zweite Blende im Rahmen mit 1,5-2cm Abstand zu der äußeren, weil manche Arten sich dort ein Vesteck anlegen werden). Die restliche Fläche ist mit einer (Plexi-) Glasscheibe zu schließen. Auf der Rückseite des Rahmens muss Gaze oder Fliegengitter angebracht werden. Zweckmäßig ist die Befestigung mit selbstklebendem Klettband, sodass die Fläche komplett dicht ist, jedoch ein Öffnen ohne großen Aufwandt und ohne nennenswerte Störungen, für diese, auf Erschütterungen besonders empfindlich reagierenden Tiere, möglich ist.

Einrichtung und Haltungsbedingungen

Die Einrichtung sollte sich am natürlichen Lebensraum der Tiere richten. Oft genügt ein zweckmäßiges Versteck, welches nur Lichtschutz bieten muss als Einrichtung. Sinnvoll ist es aber bei den meisten Spinnen zumindest einen Zentimeter hoch Substrat einzufüllen, bevorzugt stark lehmhaltige Erde (diese staubt nicht im trockenen Zustand und versumpft nicht so leicht bei etwas zu hoher Feuchtigkeit), da jeder Bodengrund die Feuchtigkeit reguliert und das Klima positiv beeinflusst. In bestimmten Fällen sind die Tiere an einen bestimmten Boden angepasst, welchern man ebenso wie sonstige Einrichtungsgegenstände, wie Steinchen, Zweige oder abgestorbene, lose Baumrinde, am Fundort des Tieres mitnehmen sollte. Lebende Pflanzen sind selten sinnvoll, da diese wesentlich höhere Ansprüche haben werden (alleine schon an die Behältergröße und das Licht) als die Spinne selbst. Weitere Hinweise und Anregungen findet man in den Angaben über den Lebensraum der entsprechenden Art in umfangreicherer Literatur. Dies sollte man im Zweifelsfall auch immer zur Kontrolle tun, da manche Arten sich oft auch verirren und man sie im Endeffekt an ganz anderen Orten findet als sie normalerweise vorkommen und man so unnötige Fehler vermeiden kann. Die Lichtansprüche resultieren zumeist aus der Lebensweise, sodass besonders viele tagaktive Lycosidae und vor allem Salticidae regelrechte Sonnenanbeter sind und sowohl große Helligkeit als auch recht viel Wärme mögen. Trotzdem darf man unter keinen Umständen den Behälter in direktes Sonnenlicht stellen, da dies zu einer übermäßigen Erwärmung und längerfristig zum Tod des Tieres! Wenn man jedoch für eine tiefe Substratschicht mit weit unterirdisch liegenden Verstecken und gleichzeitig guter Belüftung (z.B. durch Gaze oder Fligengitter) sorgt, dann ist eine teilweise Sonneneinstrahlung bei großzügig bemessenen Behältern möglich. Die Feuchtigkeitsansprüche sind ebenfalls aus der Lebensweise bzw. dem Lebensraum abzuleiten. Tiere die an Mauern, Baumstämmen oder in Häusern leben, sind trockenheitsresistenter als solche, die in der Bodenstreu in Wäldern oder in Wiesen leben. Im Zweifelsfall sollte man gelegentlich morgens fein zerstäubtes Wasser versprühen oder in kleineren Behältern eine winzige Trinkmöglichkeit (oft reicht hier ein einzelner Wassertropfen) bieten, jedoch darauf achten, dass das Wasser innerhalb kurzer Zeit (1-2 Stunden) wieder abgetrocknet ist. Gleichzeitig empfielt es sich auch ein stets kühles Versteck anzubieten. Die Reaktion auf die Wassergabe (reges Trinken oder Ignoranz) sollte gut beobachtet werden um die Bedingungen anzupassen, vorzugsweise durch eine Erhöhung der Gesamtfeuchtigkeit (Substrat wässern!) im Behälter.