Linyphiidae: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 2. März 2010, 15:19 Uhr

Linyphiidae Blackwall, 1859
Zwerg-/Baldachinspinnen
Linyphia triangularis f.jpg
Linyphia triangularis, Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spiderfam:0103

Typ-Genus: Linyphia Latreille, 1804

Die Familie der Linyphiidae stellt in Mitteleuropa mit Abstand die meisten Arten (493, Stand 2004). (Blick 2004)

Beschreibung

Sehr kleine bis kleine Arten (Körperlänge: 1,5 bis 6 mm). Drei Tarsenklauen, ecribellat und entelegyn. Acht Augen in zwei Reihen. Chelizeren meist mit Stridulationsrillen. Colulus vorhanden. (Jocqué & Dippenaar-Schoeman 2007)

Linyphiidae haben meist einen durchschnittlich gebauten Körper mit leicht längsovalem Pro- und Opisthosoma und mäßig langen, relativ dünnen Beinen. Einige kleine, am Boden lebende Arten sind kompakter gebaut, haben kurze Beine und erinnern dann eher an Kugelspinnen. Andere, große, auffällig gemusterte Arten mit langen Vorderbeinen ähneln Herbstspinnen.

Die meisten Arten der Familie sind klein und unscheinbar. Sie besitzen einen gelb- bis graubraunen oder schwarzen Körper und keine Zeichnung. Nur relativ wenige Arten (z. B. der Gattungen Linyphia oder Neriene) fallen uns als kontrastreich gemusterte Spinnen in ihren großen Netzen auch in der Natur ins Auge.

Lebensweise

Netzkonstruktion und Beutefang

Die größeren Arten legen teilweise auffällige baldachinartige Netze (Trivialname) in der Vegetation an. In diesen Fällen besteht es aus einer in Gebüsch, auf Zweigen oder zwischen niedrigen Pflanzen waagerecht oder leicht kuppelförmig aufgespannten Netzdecke. Von deren Oberseite ziehen zahlreiche vertikale Fäden aufwärts zu darüber liegenden Ästen. Diese Fäden können dichte raumnetzartige Konstruktionen über der Netzdecke bilden. Von der Unterseite ist das Netz durch wenige Fäden mit der Umgebung verknüpft. (Kaestner 1956)

Die Spinne läuft auf der Unterseite der Decke und eilt hervor, wenn ein Insekt beim Flug an das obere Fadenhindernis („stopping web“ oder „Absturzfäden“ genannt (Foelix 1996)) gestoßen ist und auf die Decke fällt. Ein Biss der Chelizerenklauen, die durch die Netzdecke geschlagen werden, bringt das zappelnde Opfer in die Gewalt der Spinne. (Kaestner 1956) Die dabei auftretenden Beschädigungen der Netzdecke werden nach dem Fressen wieder ausgebessert. (Foelix 1996)

Sowohl in den Absturzfäden als auch in der Decke konnten Klebefäden nachgewiesen werden, doch dürften diese im Linyphiidennetz eher eine untergeordnete Rolle spielen. (Foelix 1996)

Die kleineren Arten der Familie (früher in einer eigenen Familie oder Unterfamilie Zwergspinnen (Erigonidae) zusammengefasst) bauen zumeist wesentlich kleinere, unscheinbarere Netze, die nur selten (z. B. bei Morgentau zwischen Grashorsten) sichtbar sind. Diese werden dicht über dem Boden, zwischen Laub, Gras oder in Moospolstern angelegt und bestehen nur aus einer wenige Quadratzentimeter großen Netzdecke unter der die Spinne lauert. Die aufwendige Überkonstruktion aus Absturzfäden ist hier stark reduziert.

Bei den Arten der Gattung Tapinopa fehlen Überbau und Unterkonstruktion völlig. Hier ist die Netzdecke zu einer allseits geschlossenen, bei erwachsenen Tieren etwa 5 cm durchmessenden Blase aus feinem pergamentartigem Gespinst geworden. Die sehr kurzbeinige Spinne sitzt kopfüber in dieser Blase und ergreift die Beute mit ihren kräftigen, zahnbewährten Cheliceren von unten durch die Netzdecke.

Eine noch weiter gehende Reduktion des Netzes können wir bei Drapetisca socialis beobachten. Die Art lebt an Baumstämmen auf deren Rinde sie ein flach aufliegendes, sehr feines Gespinst anlegt, welches so unscheinbar ist, dass man es erst vor einigen Jahrzehnten entdeckt hat. Da das Netz weniger Beutefang- als Alarmfunktion zu haben scheint, jagt Drapetisca ihre Beute also im Gegensatz zu den meisten anderen Baldachinspinnen quasi frei. Auch Donacochara speciosa, die auf Schilfblättern lebt, scheint – zumindest als ausgewachsene Spinne – ihre Beute frei und ohne Zuhilfenahme eines Fangnetzes zu erjagen.

Paarung und Brutpflege

Verbreitung

Insbesondere in den gemäßigten Ländern weit verbreitet (Kaestner 1956), aber auch in warmen Ländern vorkommend (Platnick 2013).

Im Gegensatz zu den anderen Spinnenfamilien erreichen die Baldachinspinnen ihr Artenmaximum nicht in den Tropen sondern weiter im Norden, in den gemäßigten Breiten. Sie scheinen besser als alle anderen Spinnengruppen Strategien entwickelt zu haben, mit den kühleren Temperaturen zurechtzukommen. Es gibt unter den Baldachinspinnen sogar etliche Arten, deren Aktivitätsmaximum (Geschlechtsreife, Paarung, Fortpflanzung) im Winter liegen.

Determination

Aufgrund der großen Artenzahl und der Unscheinbarkeit vieler Arten gelten die Linyphiiden insgesamt als schwierige Gruppe. Nur wenige Arten sind so charakteristisch, dass sie allein anhand gut sichtbarer Merkmale bestimmbar sind. Schon für die Bestimmung der Gattung müssen vielfach mikroskopische Merkmale herangezogen werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Bestachelung der Beine und hier vor allem die Wiehle-Formel (Bestachelungssequenz der Laufbeintibien). Desweiteren können Augenstellung, Trichobothrien, das Sternum und die besonderen Kopfauswüchse der Männchen einiger Arten (Bestimmung nach Kopfformen) aufschlussreich sein.

Gattungen in Mitteleuropa

In Mitteleuropa kommen die folgenden Gattungen vor (Blick 2004) (Anzahl der in Mitteleuropa vorkommenden Arten jeweils in Klammern):

Abacoproeces saltuum m.jpg
Abacoproeces (2): um 2 mm, Männchen mit hochgewölbter Kopfregion
Agyneta conigera f 1024.jpg
Agyneta (7):
Aphileta misera 1024.jpg
Aphileta (1):
Araeoncus humilis-lat.jpg
Araeoncus (3):
Baryphyma trifrons 1024.jpg
Baryphyma (4):
Bathyphantes approximatus fem.jpg
Bathyphantes (10): um 3 mm, Opist. mit kontrastreichen Querstreifen oder Flecken
Centromerita-bicolor No-Liesten 09-10 04.jpg
Centromerita (2): um 3 mm, einfarbig, Vorderbeine ventral mit Stacheln
Pabulator Rennsteig 08-08 01.jpg
Centromerus (25): 1,2–4 mm, gelblich bis braun ohne Zeichnung
Ceratinella brevis 4 1024.jpg
Ceratinella (6): bis 2 mm, kurzbeinig, schwarz, Opist. mit Scutum
Collinsia inerrans f 1024.jpg
Collinsia (3):
Dicymbium nigrum sl 1024.jpg
Dicymbium (3):
Diplocephalus picinus w.jpg
Diplocephalus (16): um 2 mm, Männchen mit Doppellappen am Kopf
Dismodicus bifrons i.jpg
Dismodicus (2): bis 3 mm, Männchen mit hochgewölbter Kopfregion
Speciosa Belvedere 07-07 01.jpg
Donacochara (1): bis 5 mm, helle Art, auf Schilf
Socialis Buchfahrt 07-07 01.jpg
Drapetisca (1): bis 4 mm, auf Baumrinde, geringelte Beine
Drepanotylus-uncatus No-Risnesnipa 09-10 02.jpg
Drepanotylus (1): bis 3 mm, länglicher Körperbau
Erigone-dentipalpis Ettersberg 09-03 01.jpg
Erigone (15): 2–3 mm, schwarz mit hellen Beinen, M. mit Kopfauswüchsen
Floronia bucculenta m augen-800.jpg
Floronia (1): bis 5 mm, auffällig gemustert
Glyphesis servulus m 2 1024.jpg
Glyphesis (3):
Gnathonarium dentatum female.JPG
Gnathonarium (1): rund 2,5 mm, Prosoma braun, Opisthosoma grau
Rubellum Dammbachsgrund 08-02 02.jpg
Gonatium (8): um 3 mm, rötlich ohne Muster, gedrungener Körperbau
Gongylidium rufipes.jpg
Gongylidium (2): um 3 mm, Kopf dunkel abgesetzt
Halorates-reprobus No-Insel 09-10 03.jpg
Halorates (1): bis 4 mm, halophil
Helophora-insignis No-Liesten 09-10 04.jpg
Helophora (1): bis 4 mm, gelb bis gelbbraun, langbeinig
Hilaira excisa f 1024.jpg
Hilaira (2):
Hypomma fulvum m dorsal-800.jpg
Hypomma (3):
Incestophantes-crucifer Kohlgrund 09-09 02.jpg
Incestophantes (4): bis 2,7 mm, hell,kontrastreiche Zeichnung, Beine gringelt
Ipa-keyserlingi Schmieden 09-03 03.jpg
Ipa (2): bis 2 mm, schwarz mit weißen Flecken und hellen Beinen
Labulla-thoracica No-Liesten 09-10 02.jpg
Labulla (1): bis >6 mm, kontrastreich geringelte, stark bestachelte Beine
Lepthyphantes minutus M 8-02692.jpg
Lepthyphantes (7): um 3 mm, Opisthosoma und Beine gemustert
Leptorhoptrum-robustum Kesslar 08-03 02.jpg
Leptorhoptrum (1): bis 5 mm, breiter Kopf, kräftige Chel.
Leptothrix-hardyi No-Liesten 09-10 03.jpg
Leptothrix (1): bis 6 mm, sehr schlank, Vorderbeine kräftiger
Dentichelis 7BogenBruecke 08-08 02.jpg
Lessertia (1): um 3 mm, blassbraun, feuchtigkeitsliebend
Linyphia triangularis f.jpg
Linyphia (4): bis 7,5 mm, gemusterte Arten
Lophomma punctatum 2 1024.jpg
Lophomma (1):
Rufus Koetsch 08-10 01.jpg
Macrargus (2): bis 4,5 mm, rotbraun, breiter Kopf, große Chel.
Mansuphantes-mansuetus Schmieden 09-03 01.jpg
Mansuphantes (7): um 2 mm, hell gelblich
Maso sundevalli-Dorsal.jpg
Maso (2):
Megalepthyphantes pseudocollinus female PF4998.JPG
Megalepthyphantes (3): um 4-5 mm, braun-schwarz, Beine geringelt
Meioneta rurestris 5 1024.jpg
Meioneta (15):
Mermessus-trilobatus Schmieden 09-03 01.jpg
Mermessus (2):
Micrargus subaequalis 1024.jpg
Micrargus (7):
Microlinyphia pusilla lauterbach.jpg
Microlinyphia (2): bis 4 mm
Microneta-viaria Weimar 09-04 04.jpg
Microneta (1):
Marginella Kesslar 08-03 01.jpg
Minicia (2):
Moebelia penicillata 1.JPG
Moebelia (2): 1,5 bis 1,6 mm, an Baumstämmen
Neriene radiata W 7-6945.jpg
Neriene (7): bis 7,4 mm, gemusterter Hinterleib
Nusoncus nasutus M 8-03381-1.jpg
Nusoncus (1):
Ostearius melanopygius.jpg
Ostearius (1):
Palliduphantes pallidus W 8-04141.jpg
Palliduphantes (10): bis 2,5 mm, oft in Höhlen
Porrhomma-egeria Cave7294 08-06 01.jpg
Porrhomma (17):
Saarista-abnormis No-Insel 09-10 01.jpg
Saaristoa (2): bis 3 mm
Saloca diceros male 3.JPG
Saloca (2): 1,2 bis 1,4 mm, in feuchten Wäldern
Sintula corniger 1024.jpg
Sintula (3):
Tallusia experta 3 1024.jpg
Tallusia (2):
Tapinocyba insecta 2 1024.jpg
Tapinocyba (10):
Longidens Dammbachsgrund 07-12 01.jpg
Tapinopa (1): bis 5 mm, kräftiges Prosoma, im Moos
Tenuiphantes cristatus W 8-02789.jpg
Tenuiphantes (10): bis ca. 3 mm, meist in niedriger Vegetation
Theonina-cornix Teichel 09-05 01.jpg
Theonina (2):
Tiso vagans 1024.jpg
Tiso (3):
Walckenaeria acuminata.jpg
Walckenaeria (25): bis 4 mm, Männchen teilw. mit ungewöhnlicher Kopfform


Weitere Gattungen

Weitere europäische Gattungen

Quellen