Lebenszyklus der Spinnen

Aus Wiki der Arachnologischen Gesellschaft e. V.
Zur Navigation springenZur Suche springen

Ei

Clubiona reclusa bewacht ihren Eikokon

Spinnen schlüpfen aus Eiern. Diese entstehen im Opistosoma des trächtigen Weibchens. Zur Eiablage presst dieses die zwei bis mehrere hundert weiß oder gelblichen Eier in einem Flüssigkeitstropfen aus ihrer Geschlechtsöffnung an der Bauchseite des Hinterleibs. Erst jetzt findet die Befruchtung mit dem Sperma des Männchens statt, welches das Wiebchen bis dahin in speziellen Kammern im Opistosoma gespeichert hatte.

Die Eier werden von der Mutterspinne mit einem mehr oder weniger dichten und festen Gespinnst umgeben (Eikokon). In seiner reduziertesten Form besteht dieses Gespinnst nur aus ein paar Fäden, die die Eier zusammenhalten (Pholcidae), es kann aber auch eine derbe pergamentartige Hülle bilden (Lycosidae, Gnaphosidae). Bei manchen Arten wird der Kokon außen mit Erdpartikeln beklebt (Agroeca) oder mit speziellen, aufwendig hergestellten Gespinstschichten umgeben (Ero, Argiope, die der Tarnung und/oder dem mechanischen Schutz der Eier dienen.

Die Art des Kokonbaus korreliert mit dem Fürsorgeverhalten der Mutterspinne. Arten, die ihre Eier bis zum Schlupf der Jungen bewachen, bauen oft einen einfachen Kokon. Werden die Eier nach der Ablage sich selbst überlassen, muss allein der Kokon für den Schutz der Nachkommenschaft sorgen.

Prälarvenstadium

Prälarven im geöffneten Kokon von Dysdera erythrina (vorne rechts erste Larve)

Als Prälarve bezeichnet man die Spinnen direkt nach dem Schlupf aus dem Ei. Das Opisthosoma enthält hierbei noch das im Verhältnis zum Prosoma sehr große kugelförmige Eidotter, welches den Prälarven als Nahrung dient. Deshalb werden die Tiere hier im Englischen auch passend als „eggs with legs“ (Eier mit Beinen) betitelt. Die Beine sind winzig, kaum entwickelt und noch nicht zur Fortbewegung geeignet.

Larvenstadium

Einige Tage nach dem Schlupf häuten sich die Jungspinnen zur Larve. Je nach Art kann das früher oder später geschehen (ein Zeitraum von mehreren Wochen ist bekannt). Jetzt besitzen die Tiere bereits voll entwickelte Beine, die sie nun auch zur Fortbewegung nutzen können. Weiterhin existiert das Dotter in ihrem Hinterleib, der allerdings nun nicht mehr so groß ist.

Bei manchen Arten füttern die Muttertiere ihre Jungen in diesem Stadium mit ihren Körpersäften (Regurgitation) oder fangen Insekten, welche sie den Jungen zum fressen überlassen. In manchen Fällen stirbt die Mutter und wird dann von den Jungspinnen ausgesogen.

Nymphenstadium

Es folgt Die Entwicklung zur Nymphe, auch Spiderling genannt. Diese Tiere sind in den meisten Fällen schon weitestgehend selbstständig und verlassen den mütterlichen Bau. Bei manchen Arten (z.B. Atypus sp.) geschieht das mit Hilfe des so genannten „Fadenfloßes“. Dazu steigen die Jungen beispielsweise auf Grashalme, Büsche, Felsen, etc. und strecken ihr Opisthosoma in die Höhe. Dann lassen sie so lange einen Faden austreten, bis dieser vom Wind erfasst wird und die Spinnen davonträgt. So verbreiten sich die Tiere in einem Umkreis von mehreren hundert Metern bis zu einigen Kilometern von ihrer Geburtstätte entfernt.

Das Nymphenstadium kann je nach Art 7 bis 11 Häutungen umfassen, bis die Tiere adult (erwachsen) sind. Die einzelnen Abschnitte nennt man Fresshäute (abgekürzt FH).

Das adulte Tier

Männchen

Bei den Männchen bezeichnet man die Häutung zum erwachsenen Tier als Reifehäutung (abgekürzt RH). Dabei entstehen an den Pedipalpenenden nun die voll ausgebildeten Geschlechtsorgane. In der Folgezeit bauen die männlichen Tiere dann ihr Spermanetz, in welches sie aus einer Öffnung an der Bauchseite des Opisthosomas ihre Samenflüssigkeit geben und diese mit ihren Bulbi (Mz. von Bulbus) aufsaugen. Dabei füllt sich die so genannte Haematodocha (Gelenkhaut am Bulbus), die bei der Kopulation durch Kontraktion das Sperma wieder abgibt.

In der Regel versterben die Männchen kurze Zeit nach der Paarung oder werden danach sogar vom Weibchen gefressen.

Weibchen

Die Weibchen bilden bei ihrer Häutung zur adulten Spinne ebenfalls ihre Geschlechtsorgane (Epigyne) voll aus und sind dann bereit zur Fortpflanzung. Die Spinnfäden der Weibchen enthalten nun Duftstoffe (Pheromone), welche die Männchen auf die Fährte locken.

Im Gegensatz zu den Männchen sind die Weibchen weitaus langlebiger und können sich, bei mehrjährigen Arten, zum Teil auch noch mal häuten.

Literatur

  • H. Stern und E. Kullmann (1996): Leben am seidenen Faden. Kosmos. ISBN 3-440-0712-4.