Latrodectus hasselti: Unterschied zwischen den Versionen

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Reagiert das Weibchen positiv auf die Werbeversuche des Männchens, nimmt es die Paarungshaltung ein. Das Männchen klettert auf die Ventralseite des Hinterleibs und beginnt mit den Pedipalpen das Umfeld der Epigyne zu betrommeln, eventuell um das Weibchen zu stimulieren. Desweiteren wird u. a. auch mit der Kante des Pedipalpus am Rand der Epigyne „gekratzt”, was möglicherweise den Embolus aus seiner Schutzhülle befreien soll. Das Trommeln wird immer wieder von kurzen Phasen unterbrochen, in denen das Männchen heftig mit dem Abdomen vibriert. Während der Pausen zwischen den Vibrationen schnürt sich der hintere Teil des Abdomens ein (unbekannt bei anderen ''[[Latrodectus]]''-Arten).  
 
Reagiert das Weibchen positiv auf die Werbeversuche des Männchens, nimmt es die Paarungshaltung ein. Das Männchen klettert auf die Ventralseite des Hinterleibs und beginnt mit den Pedipalpen das Umfeld der Epigyne zu betrommeln, eventuell um das Weibchen zu stimulieren. Desweiteren wird u. a. auch mit der Kante des Pedipalpus am Rand der Epigyne „gekratzt”, was möglicherweise den Embolus aus seiner Schutzhülle befreien soll. Das Trommeln wird immer wieder von kurzen Phasen unterbrochen, in denen das Männchen heftig mit dem Abdomen vibriert. Während der Pausen zwischen den Vibrationen schnürt sich der hintere Teil des Abdomens ein (unbekannt bei anderen ''[[Latrodectus]]''-Arten).  
  
Während der nun folgenden Paarung vollzieht das Männchen eine einzigartige Handlung. Bedingt u. a. durch die Expansion des Hämatodochae stellt es sich in einen Kopfstand, streckt den Hinterleib in die Höhe und überschlägt sich, wodurch sein Hinterleib direkt auf den Chelizeren des Weibchens landet. Dieses gibt nun Verdauungsenzyme ab und schlägt schließlich ihre Chelizeren in den Hinterleib. Meist kann das Männchen sich jedoch noch einmal befreien und flüchten. Eventuell hängt dies mit dem Austritt eines Guaninpellets, bestehend aus den äußeren, vorverdauten und herausgefilterten Teilen des männlichen Opisthosomas, aus der Mundöffnung des Weibchens zusammen. Das Männchen kehrt jedoch normalerweise nach ungefähr 10 bis 15 Minuten für eine weitere Paarung zurück, wobei es schließlich in der Regel endgültig vom Weibchen verspeist wird. Falls nur eine Paarung stattfindet, lebt das Männchen noch bis zu 24 Stunden. <ref name="LynnForster"/>
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Während der nun folgenden Paarung vollzieht das Männchen eine einzigartige Handlung. Bedingt u. a. durch die Expansion des Hämatodochae stellt es sich in einen Kopfstand, streckt den Hinterleib in die Höhe und überschlägt sich, wodurch sein Hinterleib direkt auf den Chelizeren des Weibchens landet.<ref name="LynnForster"/> Das Weibchen beginnt das Männchen zu verzehren und das Männchen kann seine Kopulation verlängern und mehr Spermien übertragen. Das Männchen stirbt jedoch nicht immer dabei, sondern es gelingt einem Teil der Männchen auch den zweiten Taster oder Pedipalpus in einer weiteren Kopulation mit diesem Weibchen zu entleeren. Sein Überleben trotz beginnendem Kannibalismus sichert sich das Männchen durch eine abdominale Einschnürung, wobei alle wichtigen Organe in den vorderen Teil es Abdomens gezogen werden und vorerst geschützt sind.<ref>{{Lit Schneider 2012 Paarungsstrategien kannibalistischer Spinnen}}</ref> Das Männchen kehrt jedoch normalerweise nach ungefähr 10 bis 15 Minuten für eine weitere Paarung zurück, wobei es schließlich in der Regel endgültig vom Weibchen verspeist wird. Falls nur eine Paarung stattfindet, lebt das Männchen noch bis zu 24 Stunden.<ref name="LynnForster"/>
  
 
Der [[Begattungskannibalismus]] verlängert die Kopulationsdauer, da das Weibchen mit dem Verzehr des Männchens beschäftigt ist. Untersuchungen zeigten, dass eben diese längere Kopulationsdauer positiv mit der durch ein zweites Männchen befruchteten Anzahl von Eiern zusammenhängt (wahrscheinlich durch eine erhöhte Spermienübertragung). Dies bedeutet, wenn die Kopulationsdauer des zweiten Männchens die des ersten übertrifft, befruchtet es mehr Eier als sein Vorgänger.
 
Der [[Begattungskannibalismus]] verlängert die Kopulationsdauer, da das Weibchen mit dem Verzehr des Männchens beschäftigt ist. Untersuchungen zeigten, dass eben diese längere Kopulationsdauer positiv mit der durch ein zweites Männchen befruchteten Anzahl von Eiern zusammenhängt (wahrscheinlich durch eine erhöhte Spermienübertragung). Dies bedeutet, wenn die Kopulationsdauer des zweiten Männchens die des ersten übertrifft, befruchtet es mehr Eier als sein Vorgänger.

Version vom 8. Oktober 2014, 09:13 Uhr

Latrodectus hasselti (Thorell, 1870)
Hasselti d2.jpg
Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Theridiidae (Kugelspinnen)
Gattung: Latrodectus (Echte Witwen)
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:007810
Gefährdung nach Roter Liste
Rote Liste-Daten liegen uns für dieses Taxon nicht vor.

Merkmale

Körperlänge: Weibchen erreichen ungefähr 10 mm, Männchen 3 bis 4 mm (Australian Museum 2011).

Der Körper und die Beine des Weibchens sind in der Regel pechschwarz, mitunter wirken Bereiche bräunlich. Auf der hinteren Hälfte des Opisthosomas befindet sich ein breites, rotes bis oranges Längsband. Die Seiten dieses Bandes wirken oftmals gezackt, können aber auch mehr oder weniger gleichmäßig erscheinen. Ebenfalls kann dieser Streifen unterbrochen sein oder in kleinere Punkte zerfallen. Ventral befindet sich ein auffallendes rotes Abzeichen in Form einer Sanduhr. Der Hinterleib kann je nach Ernährungszustand sehr stark im Unfang variieren.

Juvenile Tiere haben zusätzliche weiße Farbanteile auf dem Hinterleib.

Das Männchen ist wesentlich heller. Das Prosoma ist braun bis schwärzlich, während das Opisthosoma eine braune Grundfarbe und eine Zeichnung aus beigen bis hellbraunen Elementen besitzt. Die Beine sind hell dunkel schattiert.

Lebensraum

Latrodectus hasselti wurde bisher in Mitteleuropa nur in Belgien in Gewächshäusern gefunden, wohin sie eingeschleppt wurde (Blick 2004).

In ihrem Verbreitungsgebiet in Australien, Japan und Neuseeland ist die Spinne meist in urbanisierten Gebieten zu finden. Die Art ist extrem anpassungsfähig und besitzt eine hohe Temperaturtoleranz. So kommt sie in australischen Gegenden vor, in denen zu bestimmten Zeiten die Temperatur unter den Gefrierpunkt fällt. Ebenso wurden Exemplare aber auch schon bei 41 °C an exponierten Stellen beobachtet. (Forster L. 1995).

Verbreitung

Südostasien bis Australien und Neuseeland (Platnick 2013). Die Nachweise aus Südostasien sind eventuell Fehlidentifikationen oder einzelne, verschleppte Exemplare, die keine etablierten Populationen gebildet haben. In Australien ist die Art beinahe überall in entsprechenden Lebensräumen zu finden.

Es wurde längere Zeit vermutet, dass Latrodectus hasselti nach Australien durch Siedlungstätigkeiten eingeschleppt wurde, da sie dort, wie von anderen gebietsfremden Spinnenarten bekannt, synanthrope Bereiche stark bevorzugt und nicht vor 1870 beschrieben wurde. Viele andere endemische Arten wurden schon wesentlich früher entdeckt. Dies erscheint allerdings zunehmend unwahrscheinlich, da die Art in einer südaustralischen Aufsammlung von 1850 vorhanden ist und Untersuchungen zeigten, dass sie mit der auf Neuseeland endemischen Latrodectus katipo sehr nahe verwandt ist.

In Neuseeland wurde die Art das erste Mal 1981/82 im Süden der Südinsel nachgewiesen. Wahrscheinlich wurde sie durch Container verschleppt. Inzwischen ist sie etabliert und wurde auch an der Westküste der Nordinsel gefunden.

Die ersten Nachweise aus Japan stammen aus dem Jahr 1995 (Präfektur Osaka). Inzwischen hat sich die Art auch im Inland ausgebreitet (Vink C. J. et al. 2011).

Lebensweise

Netzbau

Latrodectus hasselti ist vorwiegend direkt am Boden zu finden. An einer geeigneten, meist etwas verborgen und dunkel liegenden Stelle webt die Spinne eine konisches Versteck aus Spinnseide, welches mit einer Konstruktion aus Fäden verbunden ist, von der aus klebende Fangfäden zum Boden ziehen und ingesamt ungefähr 5 bis 20 cm² einnehmen. Bei Temperaturen unter 10 °C verstärkt die Spinne den oberen Teil des Verstecks mit weiteren Lagen aus Spinnseide.

Nahrungsspektrum und Beutefang

Verfängt sich ein Beutetier im Netz von Latrodectus hasselti, eilt die Spinne aus ihrem Versteck herbei und stoppt ungefähr im Abstand von einer Beinlänge. Anschließend streckt sie ein Vorderbein aus und berührt die potenzielle Beute. Dabei vermittelt die Spinne den Eindruck Distanz und Ausrichtung, evtl. auch Genießbarkeit, abzuschätzen. Danach dreht sie sich um, biegt das Abdomen leicht ein und bewirft die Beute mit klebriger, viskoser Spinnseide durch alternierende Bewegungen der Hinterbeine. Ist diese immobilisiert, beißt die Spinne wiederholt in Kopf und Gliedmaßen. Dieses Verhalten wechselt sich mit weiterem Einspinnen der Beute ab. Dabei kommt auch trockene Spinnseide zum Einsatz. Bewegt sich das Tier weiter, reagiert die Spinne darauf mit weiterem Einspinnen. Anschließend wird die Beute an einem Faden zum Versteck transportiert. Dabei wird sie von den Hinterbeinen gehalten und kontrolliert.

Weibchen mit Beute

Die Beute wird während des gesamten Einwickelns nicht rotiert, wie das bei Vertretern der Araneidae der Fall ist.

Durch diese Methode kann die Art auch wesentlich größere und für sie potenziell gefährliche Tiere erjagen. Das Beutespektrum besteht zum Großteil aus Käfern und anderen Insekten. Ebenfalls werden Spinnen erbeutet. Latrodectus hasselti wurde aber auch schon dabei beobachtet, wie sie kleine Mäuse und Eidechsen überwältigte. (Forster L. 1995)

Fortpflanzung

Die adulten Männchen spüren die Weibchen meist schon im subadulten Stadium in ihren Netzen auf und beginnen bereits zwei bis drei Tage vor der Adulthäutung mit pre-kopulatorischem Balzverhalten. Erst frühestens 24 Stunden nach Häutung des Weibchens zum Adulttier beginnt das Männchen mit der eigentlichen Balz. Das Männchen vollzieht dabei verschiedene, genetisch festgelegte Verhaltensweisen, darunter u. a. Rütteln am Netz, Abseilen und schnelles Spurten. Dies dient nicht dazu, eine Attacke durch das Weibchen zu verhindern (wie vielleicht vermutet) sondern die Aufmerksamkeit der Partnerin auf das Männchen zu lenken. Seine normalen Bewegungen im Netz werden nicht beachtet, da es aufgrund seiner geringen Masse nicht als Beute betrachtet wird. Männchen, die im Labor nicht zu Paarungsbemühungen zu bewegen waren, konnten unbehelligt nach 14 Tagen aus dem Netz des Weibchens entfernt werden. Selbst balzende Männchen werden von unwilligen Weibchen nicht angegriffen.

Man vermutet zusätzlich, dass bestimmte Verhaltensweisen während der Balz (z. B. das Bündeln von Fäden oder Zerbeißen des Netzes) anderer Männchen, welche oftmals zu mehreren im selben Netz vorhanden sind, den Zugang zum Weibchen erschweren und dessen Werbung behindern sollen.

Reagiert das Weibchen positiv auf die Werbeversuche des Männchens, nimmt es die Paarungshaltung ein. Das Männchen klettert auf die Ventralseite des Hinterleibs und beginnt mit den Pedipalpen das Umfeld der Epigyne zu betrommeln, eventuell um das Weibchen zu stimulieren. Desweiteren wird u. a. auch mit der Kante des Pedipalpus am Rand der Epigyne „gekratzt”, was möglicherweise den Embolus aus seiner Schutzhülle befreien soll. Das Trommeln wird immer wieder von kurzen Phasen unterbrochen, in denen das Männchen heftig mit dem Abdomen vibriert. Während der Pausen zwischen den Vibrationen schnürt sich der hintere Teil des Abdomens ein (unbekannt bei anderen Latrodectus-Arten).

Während der nun folgenden Paarung vollzieht das Männchen eine einzigartige Handlung. Bedingt u. a. durch die Expansion des Hämatodochae stellt es sich in einen Kopfstand, streckt den Hinterleib in die Höhe und überschlägt sich, wodurch sein Hinterleib direkt auf den Chelizeren des Weibchens landet. (Forster L. 1995) Das Weibchen beginnt das Männchen zu verzehren und das Männchen kann seine Kopulation verlängern und mehr Spermien übertragen. Das Männchen stirbt jedoch nicht immer dabei, sondern es gelingt einem Teil der Männchen auch den zweiten Taster oder Pedipalpus in einer weiteren Kopulation mit diesem Weibchen zu entleeren. Sein Überleben trotz beginnendem Kannibalismus sichert sich das Männchen durch eine abdominale Einschnürung, wobei alle wichtigen Organe in den vorderen Teil es Abdomens gezogen werden und vorerst geschützt sind. (Schneider 2012) Das Männchen kehrt jedoch normalerweise nach ungefähr 10 bis 15 Minuten für eine weitere Paarung zurück, wobei es schließlich in der Regel endgültig vom Weibchen verspeist wird. Falls nur eine Paarung stattfindet, lebt das Männchen noch bis zu 24 Stunden. (Forster L. 1995)

Der Begattungskannibalismus verlängert die Kopulationsdauer, da das Weibchen mit dem Verzehr des Männchens beschäftigt ist. Untersuchungen zeigten, dass eben diese längere Kopulationsdauer positiv mit der durch ein zweites Männchen befruchteten Anzahl von Eiern zusammenhängt (wahrscheinlich durch eine erhöhte Spermienübertragung). Dies bedeutet, wenn die Kopulationsdauer des zweiten Männchens die des ersten übertrifft, befruchtet es mehr Eier als sein Vorgänger.

Desweiteren zeigte sich, dass Weibchen, die ihren ersten Paarungspartner fraßen, zu einem Großteil weitere balzende Männchen abwiesen. (Andrade M. C. B. 1995)

Nach der Paarung baut das Weibchen bis zu zehn, anfangs weiße, später bräunlich werdende Eikokons von rundlicher Form, die im Netz aufgehängt werden. Dabei kann sie das Sperma bis zu zwei Jahre speichern und somit die günstigsten Bedingungen für die Eiablage abwarten. Im Durchschnitt enthält ein Kokon 250 Eier. Unter entsprechenden Umständen kann alle ein bis drei Wochen ein Eikokon gebaut werden. Ein Großteil der schlüpfenden Jungspinnen verbreitet sich über das Segeln mit dem Fadenfloß. (Australian Museum 2011)

Im Labor brauchten Weibchen bei konstanten 25 °C 45 bis 74 Tage, um das Adultstadium zu erreichen, Männchen 28 bis 45 Tage. Bei 30 °C konnte kein auffallend schnelleres Wachstum festgestellt werden. Bei niedrigeren Temperaturen verlängerten sich die Phasen zwischen den Häutungen entsprechend. Unter 10 °C fielen die Spinnen in eine Art Ruhephase und stellten das Wachstum ein. (Forster L. 1995)

Giftigkeit und Bissunfälle

Latrodectus hasselti besitzt, wie die meisten Vertreter der Gattung, ein potentes Gift mit neurotoxischen Komponenten (darunter z.B. Alpha-Latrotoxin). Es wirkt direkt auf das Nervensystem und bewirkt u.a. eine unkontrollierte Ausschüttung und anschließenden Abbau von Neurotransmittern. Falls ein Biss durch diese Art erfolgt, sind (teilweise äußerst heftige) Schmerzen, vermehrtes Schwitzen, Übelkeit mit Erbrechen und Muskellähmungen typische frühe Symptome. (Australian Museum 2011)

Latrodectus hasselti gilt jedoch als nicht agressiv und Weibchen verlassen nur selten ihr Netz. Trotzdem kommt es jedes Jahr in Australien zu tausenden Bissunfällen, da die Populationsdichte der Art mitunter sehr hoch sein kann und dadurch Konfrontationen zwischen Mensch und Spinne, bedingt durch den bevorzugten Lebensraum, sehr häufig sind. Die Männchen sind in der Regel aufgrund ihrer geringen Größe nicht in der Lage durch menschliche Haut zu beißen. Trotz dieser Annahme sind zwei Bissunfälle mit einem subadulten und einem adulten Männchen registriert. Die darauf folgenden Vergiftungserscheinungen waren verhältnismäßig schwach.

Dreizehn registrierte Todesfälle in Verbindung mit einem Biss durch Latrodectus hasselti sind vom Beginn der Aufzeichnungen bis in die 1950er Jahre aus Australien bekannt. Seit der Einführung eines Gegengiftes 1956 kam es zu keinen weiteren Todesfällen (Vink C. J. et al. 2011).

Bilder

Quellen

Quellen der Nachweise