Giftigkeit von Spinnentieren: Unterschied zwischen den Versionen

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(→‎Giftigkeit von Spinnen (Araneae): Das war wirklich nicht sehr verständlich formuliert. Ich hoffe, jetzt besser. Aber auch jetzt ist der Satz noch holperig. Vielleicht besser 2 Sätze daraus machen.)
 
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Bei einem Massenauftreten im Filterbett einer Kläranlage in Birmingham im Juli 1974 verursachte ''[[Leptorhoptrum robustum]]'' zahlreiche entzündete und geschwollene Bissverletzungen bei den Klärwerksangestellten<ref name="DuffeyGreen1975">{{Lit Duffey Green 1975 Sewage}}</ref>.
  
 
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Diese schwarze und sehr groß werdende, hauptsächlich im mediterranen Bereich und in England verbreitete Fischernetzspinne kann aufgrund ihrer kräftigen Chelizeren bei Störung schmerzhaft zubeißen. Der Biss kann unter Umständen milde systemische Wirkungen haben (dazu siehe [[Segestria florentina|Artartikel]]). Die Art lebt zwar äußerst versteckt in Felsspalten, Löchern und unter Rinde, tritt aber auch im synanthropen Bereich auf; ein unbeabsichtiger Bissunfall ist aufgrund der Lebensweise trotzdem sehr unwahrscheinlich.
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Diese schwarze und sehr groß werdende, hauptsächlich im mediterranen Bereich und in England verbreitete Fischernetzspinne kann aufgrund ihrer kräftigen Chelizeren bei Störung schmerzhaft zubeißen. Der Biss kann unter Umständen milde systemische Wirkungen haben (dazu siehe [[Segestria florentina|Artartikel]]). Die Art lebt zwar äußerst versteckt in Felsspalten, Löchern und unter Rinde, tritt aber auch im synanthropen Bereich auf; ein unbeabsichtigter Bissunfall ist aufgrund der Lebensweise trotzdem sehr unwahrscheinlich.
  
 
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Diese schwarz behaarten, mygalomorphen Spinnen mit 15-45 mm Körperlänge gehören zur Familie [[Hexathelidae]], in der auch die in Südeuropa vorkommende ''[[Macrothele calpeiana]]'' zu finden ist. Das Gift dieser beiden australischen Gattungen enthält vor allem neurotoxische Bestandteile. Zudem sind die im Sommer umherwandernden Männchen giftiger und aggressiver als die Weibchen.
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Diese schwarz behaarten, mygalomorphen Spinnen mit 15-45 mm Körperlänge gehören zur Familie '''Atracidae'''<!--, in der auch die in Südeuropa vorkommende ''[[Macrothele calpeiana]]'' zu finden ist-->. Das Gift dieser beiden australischen Gattungen enthält vor allem neurotoxische Bestandteile. Zudem sind die im Sommer umherwandernden Männchen giftiger und aggressiver als die Weibchen.
  
 
Das Gift besteht aus Peptiden in drei Hauptkomponentengruppen. Die sogenannten Delta-Atracotoxine sind für den zweiphasigen Vergiftungsverlauf beim Menschen verantwortlich, der für Primaten typisch ist und der ohne Hilfe schlussendlich zum Tod durch Stimmritzenkrampf, Atemstillstand oder ein Lungenödem führen kann.
 
Das Gift besteht aus Peptiden in drei Hauptkomponentengruppen. Die sogenannten Delta-Atracotoxine sind für den zweiphasigen Vergiftungsverlauf beim Menschen verantwortlich, der für Primaten typisch ist und der ohne Hilfe schlussendlich zum Tod durch Stimmritzenkrampf, Atemstillstand oder ein Lungenödem führen kann.

Aktuelle Version vom 3. Januar 2020, 03:03 Uhr

Obwohl das Wissen über die Spinnentiere im Allgemeinen fragmentarisch und von Fehlinformationen durchsetzt ist, so scheint eine Tatsache doch jedem ganz bewusst zu sein: Viele Spinnen und Skorpione sind giftig.

Giftigkeit von Spinnen (Araneae)

Im Prinzip sind alle Spinnen mehr oder weniger giftig. Sie benötigen ihr Gift zum Betäuben ihrer Beutetiere. Tatsächlich hat nur die Spinnenfamilie Uloboridae (mit weltweit 281 bekannten Arten (World Spider Catalog 2017)) keine Giftdrüsen. (Jocqué & Dippenaar-Schoeman 2007) (Foelix & Erb 2010)

Nach Literaturangaben sind von den über 46.000 (World Spider Catalog 2017) weltweit bekannten Spinnenarten nur wenige Arten medizinisch relevant. Todesfälle durch Bisse von natürlich vorkommenden Spinnen sind in Mitteleuropa nicht bekannt.

Bisse von Spinnen sind in Mitteleuropa äußerst selten. Spinnen sehen Menschen eher als Gefahr an und meiden den direkten Kontakt. Ebenso sind Spinnen keine Nahrungskonkurrenten des Menschen und treten nicht in Schwärmen auf, so dass auch Mehrfachbisse (in Gegensatz zu Mehrfachstichen von z. B. Bienen oder Wespen) nicht vorkommen. Ebenso gibt es keine parasitisch lebenden Spinnen, so dass diese Tiergruppe auch nicht als Überträger von Krankheiten auftritt. Die Seltenheit von Spinnenbissen kombiniert mit der geringen Bisswirkung heimischer Arten macht Spinnen zu einer für den Menschen äußerst harmlosen Tiergruppe. Im Mittelmeergebiet kommen allerdings einige wenige Arten vor, deren Biss auch schwerere bis fatale Vergiftungen auslösen kann (z.B. Latrodectus tredecimguttatus).

Bei den „Giftmischungen“ der bekannten Spinnenarten herrschen die Neurotoxine (Nervengifte) vor, die die Beute möglichst rasch bewegungsunfähig machen sollen. Andere Bestandteile der Spinnengifte zerstören Gewebezellen oder auch Insektenblut. Beim Mensch ruft das Gift meist keine ernsteren Symptome als eine lokale Schwellung und Rötung hervor. Ausnahmen stellen in Europa z. B. die schon genannten Arten der echten Witwen (Latrodectus spp.) dar.

Fehldiagnose von angeblichen Spinnenbissen

Die Zahl der in der medizinischen Fachliteratur und in der Boulevardpresse diskutierten ernsthaften "Giftspinnen-Bisse" übertrifft die Zahl der tatsächlichen Fälle bei weitem. Insbesondere nekrotische und entzündliche Hauterkrankungen unklarer Herkunft werden oft voreilig als Spinnenbisse diagnostiziert, auch wenn andere Erkrankungen deutlich wahrscheinlicher sind und ein Biss nicht beobachtet wurde. Zu den regelmäßig als Spinnenbiss fehldiagnostizierten Erkrankungen gehören unter anderem: Infektionen mit antibiotika-resistenten Staphylokokken (MRSA) oder A-Streptokokken, Lyme-Borreliose, Pyoderma gangraenosum, Herpes, Gürtelrose, Verbrennungen und verschiedene Formen von Hautkrebs. Die Folgen der Fehldiagnose können sehr gefährlich sein, wenn die geeignete Behandlung (z.B. Antibiotika oder Chemotherapie) verzögert wird oder die unpassende Spinnenbiss-Behandlung das eigentliche Krankheitsbild sogar verschlimmert. Es ist also Patienten und behandelnden Ärzten zu raten, alle Fälle von angeblichen Spinnenbissen mit dermatologischen Symptomen kritisch zu hinterfragen, insbesondere wenn die verursachende Spinne nicht beobachtet und von einem erfahrenen Arachnologen zuverlässig bestimmt wurde. (Vetter 2015)

Nachfolgend werden einige Spinnen-Arten mit medizinisch relevanter Bisswirkung genannt:

Europäische Arten

Argyroneta aquatica (Wasserspinne)

Die ebenfalls in Mitteleuropa heimische Wasserspinne lebt äußerst versteckt in klaren stehenden Gewässern zwischen Wasserpflanzen. Desweiteren ist sie eher selten zu finden. (Arachnologische Gesellschaft 2020) Ein Biss dieser Spinne ruft ähnliche Symptome hervor wie der von Cheiracanthium punctorium, die ebenfalls innerhalb kurzer Zeit wieder abklingen. (Foelix 1996)

Cheiracanthium punctorium (Ammendornfinger)

Cheiracanthium punctorium ist eine in Mitteleuropa und in mediterranen Gebieten heimische Art. Bisse dieser Art sind schmerzhaft und erzeugen Symptome wie Jucken, Schwellungen, Übelkeit und leichtes Fieber. Die Symptome verschwinden nach wenigen Tagen ohne dauerhafte Nachwirkungen (Foelix 1996). Die versteckte Lebensweise dieser Art, meist weitab von menschlichen Wohnungen, macht jedoch einen Biss relativ unwahrscheinlich.

Eratigena agrestis

Diese mit der bekannten Hauswinkelspinne (Eratigena atrica) verwandte Art wurde von den auswandernden Siedlern nach Nordamerika eingeschleppt, wo ihr etliche medizinisch relevante Bissunfälle zugeschrieben werden und sie inzwischen als „Hobo Spider” bekannt ist. Aus Europa liegen keinerlei vergleichbare Fälle vor. (Nentwig et al. 2012) In keinem einzigen der in der Fachliteratur gemeldeten Bissunfälle wurde der Biss beobachtet und die Spinne zuverlässig bestimmt; es ist deshalb nach aktuellem Kenntnisstand anzunehmen, dass die angebliche medizinische Relevanz dieser Art auf Fehldiagnosen zurückzuführen ist. (Vetter 2015)

Latrodectus tredecimguttatus (Europäische Schwarze Witwe)

Die Verwandte der Nordamerikanischen Schwarzen Witwe kommt im Mittelmeerraum vor. Ihr Gift wirkt sehr ähnlich, ebenfalls mit Schmerzen und Krämpfen, vor allem der Gesichtsmuskeln (Facies latrodectismica). Ein Hauptbestandteil ist das nach der Gattung benannte Latrotoxin. Der Biss von Latrodectus tredecimguttatus gilt als der eigentliche Auslöser des Tarantismus, der früher fälschlicherweise den großen Wolfspinnen der Gattungen Lycosa oder Hogna zugeschrieben wurde. Der Latrodectus-Biss galt früher in betroffenen Gegenden Südeuropas als typisches Berufsrisiko während der Getreideernte, wenn die Tiere regelmässig zwischen Körper und Getreidegarbe eingequetscht und so zum Biss veranlasst wurden (Vetter 2015).

Die Bisse von Latrodectus tredecimguttatus sind mittlerweile sehr gut behandelbar (Wagner & Kleber et. al. 1998). Todesfälle sind auch in Gegenden mit Massenvorkommen von L. tredecimguttatus extrem selten: epidemiologische Studien in Kroatien, Südfrankreich und Usbekistan melden unter mehreren hundert schweren Bissfällen keinen einzigen Todesfall (Dželalija & Medić 2003) (de Haro et al. 1994) (Krasnonos et al. 1989).

Leptorhoptrum robustum

Bei einem Massenauftreten im Filterbett einer Kläranlage in Birmingham im Juli 1974 verursachte Leptorhoptrum robustum zahlreiche entzündete und geschwollene Bissverletzungen bei den Klärwerksangestellten (Duffey & Green 1975).

Segestria florentina

Diese schwarze und sehr groß werdende, hauptsächlich im mediterranen Bereich und in England verbreitete Fischernetzspinne kann aufgrund ihrer kräftigen Chelizeren bei Störung schmerzhaft zubeißen. Der Biss kann unter Umständen milde systemische Wirkungen haben (dazu siehe Artartikel). Die Art lebt zwar äußerst versteckt in Felsspalten, Löchern und unter Rinde, tritt aber auch im synanthropen Bereich auf; ein unbeabsichtigter Bissunfall ist aufgrund der Lebensweise trotzdem sehr unwahrscheinlich.

Steatoda nobilis

Diese invasive, inzwischen auch in Deutschland gefundene Art (Bauer & Wieczorrek 2011) besitzt ein großes, westlich orientiertes Verbreitungsgebiet, das sich von Madeira bis nach Großbritannien erstreckt. Aus England liegt eine kleine Zahl von Meldungen von Bissunfällen vor, bei denen im weiteren Verlauf verschiedene Symptome wie Schmerzen, Steifheit der betroffenen Gliedmaßen, Schwellungen und Rötungen mit je nach Patient stark variierender Heftigkeit auftraten. Meldungen von nekrotischen Hautschäden bis hin zu Amputationen, die in der britischen Boulevardpresse häufig dieser Art zugeschrieben werden, sind allerdings auf Fehldiagnosen zurückzuführen. (Natural History Museum London 2010) (British Arachnological Society 2011)


Steatoda paykulliana (falsche Witwe)

Diese ebenfalls im Mittelmeerraum verbreitete Art erwies sich in Tierversuchen mit verschiedene Säugetiere als relativ giftig (dazu siehe Artartikel) (Maretić et al. 1964); die Autoren der entsprechenden Studie erklären jedoch, dass die Wirkung auf den Menschen trotzdem unbekannt bleibt und dass ihnen kein bestätigter Fall eines Bissunfalls durch diese Art bekannt war. Bissunfälle durch S. paykulliana wurden auch seitdem in der medizinischen Fachliteratur noch nicht berichtet. Falls ein Biss die Haut des Menschen durchdringen würde, könnte man aber spekulieren, dass er ähnlich wie bei Latrodectus-Bissen recht schmerzhaft wäre (Bellmann 2006).

Zoropsis spinimana

Diese große, in den letzten Jahren nach Mitteleuropa einwandernde Art kommt ursprünglich im Mittelmeergebiet vor. Ihr Biss kann die Haut durchdringen und bienenstichartige Symptome auslösen (Huber & Bauer 2012). Besonders Weibchen, die ihr Eigelege bewachen, reagieren mitunter aggressiv auf Störungen.

Außereuropäische Arten

Latrodectus hasselti

Der Biss der australischen Schwarzen Witwe (Redback Spider) führt in so gut wie allen Fällen zu schweren Schmerzen. Todesfälle sind jedoch seit Jahrzehnten nicht bekannt geworden, und ein Antivenin steht zur Behandlung schwerer Fälle zur Verfügung. (Isbister & Gray 2003)

Latrodectus mactans (Nordamerikanische Schwarze Witwe)

Die Kugelspinne Latrodectus mactans ist in Nordamerika zuhause und lebt oft in der Nähe menschlicher Siedlungen. Dadurch kann es häufiger zu Bissen kommen, die zudem anfänglich kaum bemerkt werden (angesichts der großen Individuendichte der Art im unmittelbaren Umfeld menschlicher Wohnungen ist die Zahl der Bissunfälle aber erstaunlich gering). Das relativ starke Nervengift erzeugt in schweren Fällen Schmerzen, Schwellungen und starke Krämpfe, die in den allerseltensten Fällen sogar zum Tode führen können. Ein klassischer Fall sind die schmerzhaften Folgen von Bissen in die männlichen Genitalien nach dem Besuch von Außentoiletten in ländlichen Gegenden (Thorp & Woodson 1976). In den meisten Fällen sind die Symptome aber nicht ernsthafter als bei einer schweren Grippe (Vetter 2015). Mit modernen Behandlungsmethoden ist eine komplette Heilung innerhalb von Stunden möglich. Aus den USA sind seit Beginn der sorgfältigen Dokumentation von Spinnenbissen keine Todesfälle durch den Biss der Schwarzen Witwe bekannt (Offerman et al. 2011). Von 23.409 dokumentierten Bissunfällen zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2008 hatte die Mehrzahl keinen wahrnehmbaren Effekt und nur 1,4% der symptomatischen Bisse hatten schwere klinische Folgen; kein einziger der Fälle führte zum Tode, auch wenn nur wenige der Patienten mit Antivenin behandelt wurden (Monte et al. 2011).

Gelegentlich wird diese Art mit Importgut aus den USA nach Europa eingeschleppt.

Atrax robustus & Hadronyche formidabilis (Australische Trichternetzspinnen)

Diese schwarz behaarten, mygalomorphen Spinnen mit 15-45 mm Körperlänge gehören zur Familie Atracidae. Das Gift dieser beiden australischen Gattungen enthält vor allem neurotoxische Bestandteile. Zudem sind die im Sommer umherwandernden Männchen giftiger und aggressiver als die Weibchen.

Das Gift besteht aus Peptiden in drei Hauptkomponentengruppen. Die sogenannten Delta-Atracotoxine sind für den zweiphasigen Vergiftungsverlauf beim Menschen verantwortlich, der für Primaten typisch ist und der ohne Hilfe schlussendlich zum Tod durch Stimmritzenkrampf, Atemstillstand oder ein Lungenödem führen kann.

Ein wirkungsvolles Gegengift ist seit 1981 erhältlich. (Diaz 2004)

Phoneutria ssp. (Brasilianische Wanderspinnen)

Diese großen araneomorphen Spinnen mit 80–95 mm Spannweite kommen in Südamerika vor und sind nachtaktiv. Die dort am häufigsten gefundene Art ist Phoneutria nigriventer. Sie sind recht aggressiv und besitzen ein äußerst wirksames Gift mit neurotoxischen Komponenten. Ein Biss hat oftmals schwerwiegende Folgen und kann, wenn auch selten, tödlich sein. Die Symptome der Vergiftungserscheinung sind unterschiedlich und reichen von Schmerzen, die von der gebissenen Extremität in den Körper ausstrahlen bis hin zu Bluthochdruck, Temperaturabfall und Herzrasen. Aufgrund der geringeren Körpermasse sind vor allem Kinder durch einen Biss gefährdet. Inzwischen existiert auch ein Gegengift, welches aber nur bei schwerwiegenden Verläufen Anwendung findet. (Diaz 2004)

Mitunter wird die Gattung auch in Bananenkisten eingeschleppt, da sie in Südamerika auch in Bananenplantagen vorkommt. (Jäger & Blick 2009)

Loxosceles reclusa

Die sogenannte Brown Recluse Spider gehört neben der Schwarzen Witwe zu den notorischsten Giftspinnen Nordamerikas. Ihr Verbreitungsschwerpunkt sind die Staaten des Mittleren Westens der USA, wo die Art in menschlichen Behausungen und anderen Gebäuden teilweise in großer Zahl (hunderte von Tieren pro Haus) vorkommen kann. Bissunfälle sind selten und in den meisten Fällen von milden Symptomen (Rötungen, Schmerzen) begleitet. In etwa 10% der Fälle kommt es jedoch zu schweren und langsam heilenden Hautnekrosen, und in etwa einem Prozent der Fälle, besonders bei Kindern, zu einem schnell verlaufenden systemischen Krankheitsbild, das im Extremfall innerhalb weniger Tage zum Tode führen kann. Zahlreiche angebliche Brown Recluse-Spinnenbisse werden aus Regionen gemeldet, in denen die Art nicht vorkommt, und sind auf die Fehldiagnose einer Vielzahl von Hauterkrankungen zurückzuführen. (Vetter 2015) diskutiert die Biologie der Art, die Diagnose (und Fehldiagnose) der Bisse, und die psychologischen Mechanismen des Spinnenbiss-Mythos im Detail.

Weblinks

Quellen

  • Arachnologische Gesellschaft (2020): Atlas der Spinnentiere Europas.
  • Bauer T & Wieczorrek C (2011): Erstfund von Steatoda nobilis in Deutschland. wiki.spinnen-forum.de.
  • Bellmann H (2006): Kosmos Atlas Spinnentiere Europas. Kosmos. 3. Auflage. ISBN 3-440-10746-9, 304 S.
  • British Arachnological Society (2011): False widow spiders.
  • Diaz JH (2004): The global Epidemiology, syndromic Classification, Management, and Prevention of Spider Bites. Am. J. Trop. Med. Hyg. 71 (2), S. 239-250.
  • Duffey E & Green MB (1975): A linyphiid spider biting workers on a sewage-treatment plant. Bull.Br.arachnol.Soc. 3(5), S. 130–131.
  • Dželalija B & Medić A (2003): Latrodectus Bites in Northern Dalmatia, Croatia: Clinical, Laboratory, Epidemiological, and Therapeutical Aspects. Croatian Medical Journal 44, S. 135–138.
  • Foelix R & Erb B (2010): Mesothelae have venom glands. Journal of Arachnology 38 (3), S. 596–598.
  • Foelix RF (1996): Biology of Spiders. Oxford Thieme. 2. Auflage. ISBN 0-19-509594-4, 330 S.
  • Huber S & Bauer T (2012): Bisswirkung von Zoropsis spinimana. wiki.spinnen-forum.de.
  • Isbister GK & Gray MR (2003): Latrodectism: a prospective cohort study of bites by formally identified redback spiders. Medical Journal of Australia 179, S. 88–91.
  • Jocqué R & Dippenaar-Schoeman A (2007): Spider Families of the World. Royal Museum of Central Africa. ISBN 978-90-74752-11-4, 336 S.
  • Jäger P & Blick T (2009): Zur Identifikation einer nach Deutschland eingeschleppten Kammspinnenart (Araneae: Ctenidae: Phoneutria boliviensis). Arachnologische Mitteilungen 38, S. 33–36, doi:10.5431/aramit3805.
  • Krasnonos LN, Kovalenko AF, Ukolov IP & Ergashev NE (1989): [Cases of mass karakurt bites in Uzbekistan][Artikel in Russisch]. Med. Parazitol. (Moskau) 1989, S. 39–42.
  • Maretić Z, Levi HW & Levi LR (1964): The theridiid Spider Steatoda paykulliana, poisonous to mammals. Pergamon Press Ltd. Toxicon 2, S. 149–154.
  • Monte AA, Bucher-Bartelson B & Heard KJ (2011): A US Perspective of Symptomatic Latrodectus spp. Envenomation and Treatment: A national poison data system review. Annals of Pharmacotherapy 45, S. 1491–1498, doi:10.1345/aph.1Q424.
  • Natural History Museum London (2010): False widow spider, Steatoda nobilis.
  • Nentwig W, Blick T, Bosmans R, Gloor D, Hänggi A & Kropf C (2012): Spinnen Europas. Version 01.2012. Online https://www.araneae.nmbe.ch, doi:10.24436/1.
  • Offerman SR, Daubert GP & Clark RF (2011): The Treatment of Black Widow Spider Envenomation with Antivenin Latrodectus mactans: A Case Series. Permanente Journal 15, S. 76–81.
  • Thorp RW & Woodson WD (1976): The Black Widow Spider. Dover Publications, 233 S.
  • Vetter RS (2015): The Brown Recluse Spider. Cornell University Press. 1. Auflage. ISBN 0-8014-5399-2, 200 S.
  • Wagner, Kleber et. al. (1998): Toxinfo-Datenbank: LATRODECTUS SP. Toxikologische Abteilung, Klinikum Rechts der Isar, München.
  • World Spider Catalog (2017): World Spider Catalog. Natural History Museum Bern, online auf http://wsc.nmbe.ch , Version 18.0, abgerufen am 2017-04-18, doi:10.24436/2.
  • de Haro L, David JM & Jouglard J (1994): Le latrodectisme dans le sud de la France. Une serie d'observations du centre anti-poisons de Marseille. Presse Med. 23, S. 1121–1123.