Bodenfalle: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 23. April 2017, 08:50 Uhr


Eine Bodenfalle ist ein Hilfsmittel, bzw. seine Anwendung eine Methode zum Nachweis von Spinnen (und ggf. anderen Tiergruppen) welche auf auf dem Boden umher laufen.

Aufbau

Bodenfalle drolshagen.jpg

Die Bodenfalle wurde von Dahl 1896 erstmals beschrieben (Dahl F. 1896). Damals noch ohne Fangflüssigkeit. 1931 griff Barber diese Methodik auf, als er mittels Bodenfallen die Fauna von Höhlen untersuchte (Barber & H. S. 1931). Barber war der erste, der mit Fangflüssigkeiten arbeitete. Er hat also die Bodenfalle weiterentwickelt und nicht etwa erfunden, wie man fälschlicherweise vielfach liest. Danach geriet die Methode wieder in Vergessenheit bis Jeschke das Verfahren aufgriff und erstmals im Freiland anwandte (Jeschke K. 1938). Danach wurde diese Methode von verschiedenen Autoren aufgegriffen und damit zunehmend populär. (Stammer H. J. 1948) (Heydemann B. 1956) (Müller J. K. 1984)

Für die Bodenfalle mit Fangflüssigkeit etablierte sich rasch der Begriff Bodenfalle nach Barber oder einfach Barberfalle. Heute ist die Barberfalle die am häufigsten genannte Nachweismethode. Weniger beim Fang von Spinnen, aber beim Fang anderer Arthropoden werden innerhalb der Bodenfalle auch Köder eingesetzt (z. B. Lockstoffe) (Stammer H. J. 1948).

Die Barberfalle besteht aus einem ebenerdig eingegrabenen Glas, welches zu einem Drittel mit einer Tötungs- und Konservierungsflüssigkeit aufgefüllt ist. Zum Schutz vor Regen, bzw. dem Hineingeraten kleiner Wirbeltiere wird die Bodenfalle mit einem festen Dach oder einem Maschendraht abgedeckt.

Beim Einsatz von Bodenfallen ohne Fangflüssigkeit ist es ratsam etwas Laub oder Papier in die Falle zu legen, damit gefangene Tiere sich darin verstecken können. Andernfalls reduziert sich der Befund möglicherweise auf den stärksten Überlebenden. Hierbei entsteht zugleich ein Verdunstungsschutz für die lebend gefangenen Tiere (Dunger W. 1963).

Fangflüssigkeiten

Für Tötungs- und Konservierungsflüssigkeiten gibt es verschiedene Rezepturen. Unter anderem solche, die durch einen sehr hohen Glyzerinanteil weitgehend überflutungssicher sind. Äthylenglykol hat die Vorteile, dass es in reinem Zustand farb- und geruchlos ist und sehr gut konserviert, sein Nachteil ist sein hoher Preis in der Beschaffung (Tretzel E. 1955). Unter anderem auch aus Kostengründen favorisiert Heydemann eine 4%ige Formalinlösung (Heydemann B. 1956).

In der Literatur werden die einzelnen Rezepturen kontroves diskutiert. So gibt Dunger zu bedenken, dass verschiedene Rezepturen unerwünschte anlockende oder abstoßende Wirkung haben. Äthylenglykol, schreibt er, zieht Nacktschnecken magisch an, wodurch die Fangflüssigkeit und die darin enthaltenen Fänge stark verschleimen und infolge unvollständiger Konservierung einen widerlichen Geruch annehmen. Formolfallen haben das Schneckenproblem nicht. (Dunger W. 1963)

Sehr bekannt ist die Rennerlösung (Renner & K. 1980), welche aus 40% Ethanol, 20% Glyzerin, 10% Essigsäure und 30% Wasser besteht.

Rezepturen mit Vor- und Nachteilen
Bezeichnung Rezeptur Vorteile Nachteile
Rennerlösung 40% Ethanol
20% Glyzerin
10% Essigsäure
30% Wasser
? ?
Formalinlösung
(Formaldehyd-Lösung)
? ? * ungeeignet für Genomanalyse
* giftig
* ätzend
* gesundheitsgefährdend
* Entsorgung vermutlich als Sondermüll
Salzlösung 200–300 g NaCl
1 l Wasser
* sehr billig
* Zutaten gut verfügbar
* geeignet für Genomanalyse
* umweltunbedenklich
* keine
Alkohollösung 70 % Alkohol
30 % Wasser
* zutaten gut verfügbar (Brennspiritus) * relativ teuer

Allen Rezepturen wird ein Spritzer Entspanmnungsmittel (z.B. Spülmittel) zugegeben. Rie Rezepte sind variierbar.

Schutz vor Dritten

Problematisch ist der Schutz der Fallen vor Zerstörung. Kaninchen, Pilzesammler und Kinder sind oft nicht fernzuhalten. Warnschilder verhelfen Erwachsenen gewöhnlich nur zu der späten Erkenntnis, dass die Zerstörung besser unterblieben wäre (man findet die Fallen sorgsam, aber natürlich falsch wieder zusammengesetzt), Kindern helfen sie bei der Suche nach Zerstörbarem. (Dunger W. 1963)

Menschen kann man eventuell vor Bodenfallen fern halten, indem man diese weitgehend unsichtbar macht. Z. B. indem man die Bodenfallen anstatt mit Kunstoffdeckeln, mit Baumrinde abdeckt.

Ebenfalls finden Wildschweine eingegrabene riechende Gläser anscheinend sehr interessant. Man sollte es daher vermeiden, Bodenfallen in unmittelbarer Nähe von Tierpfaden aufzustellen. Wildschweine lassen sich durch Verstänkern von Bodenfallen fern halten. Man muss lediglich dort hin urinieren.

Befund

Es gelangen ausschließlich laufaktive epigäische Arthropoden in die Bodenfallen (Finch 2001).

Bei Spinnen findet die Laufaktivität vor allem während der Paarungszeit, der Suche nach Eiablageplätzen, der Suche nach geeigneten Mikroklimaten, sowie während der Verbreitungswanderung statt. (Finch 2001) Frei auf dem Boden jagende Arten, wie beispielsweise Lycosidae geraten über die genannten Umstände hinaus während des Beutefangs in Bodenfallen.

Einsatz

Für sporadische Stichproben sind Bodenfallen nicht geeignet, da diese über einen längeren Zeitraum (üblich sind 14 Tage) exponiert werden müssen, bevor die auf diese Weise erfassten Tiere ausgewertet werden können. In kälteren Jahreszeiten werden die Bodenfallen oft noch länger exponiert. Für Stichproben bietet sich der Vegetationssauger an.

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Wetterunabhängig
  • Langzeitüberwachung 24 h/d erfassst auch nachtaktive Arten

Nachteile

  • auf Laufaktivität der Tiere angewiesen, sessile Arten werden kaum bis gar nicht erfasst. Vorsicht bei Dominanzberechnungen! Stark laufaktive Arten (z. B. Lycosidae) erscheinen überrepräsentiert
  • Beifänge nicht immer zu verhindern. Vor allem Schnecken sind problematisch, weil sie die Probe verschleimen.
  • Tierfraß (Wildschweine)
  • unbeaufsichtig und somit Zugriff Dritter ausgesetzt (Pilzsammler, Kinder ...)

Quellen

  • Barber, H. S. (1931): Traps for cave-inhabiting insects. J. Elisha Mitchell Sci. Soc. 46, 259–266.
  • Dahl F. (1896): Vergleichende Untersuchungen über die Lebensweise wirbelloser Aasfresser. Sitzber. Königl. Preuss. Akad. Wissensch., Berlin, 11-24.
  • Dunger W. (1963): Praktische Erfahrungen mit Bodenfallen. Entom. Nachr. (Dresden) 7, 41-46.
  • Finch OD (2001): Zönologische und parasitologische Untersuchungen an Spinnen (Arachnida, Araneae) niedersächsischer Waldstandorte. Martina Galunder-Verlag, Nümbrecht. ISBN 3-931251-70-5, 199 S.
  • Heydemann B. (1956): Über die Bedeutung der "Formalinfalle" für die zoologische Landesforschung. Faun. Mitt. Norddt. 1 (6), S. 19–24.
  • Jeschke K. (1938): Die Abhängigkeit der Tierwelt vom Boden nach Beobachtungen im schlesischen Hügellande. Dissertation Breslau, 81.
  • Müller J. K. (1984): Die Bedeutung der Fallenfang-Methode für die Lösung ökologischer Fragestellungen. Zool. Jb. Syst. 111, S. 281-305.
  • Renner, K. (1980): Faunistisch-ökologische Untersuchugen der Käferfauna pflanzensoziologisch unterschiedlicher Biotope im Evessel-Bruch bei Bielefeld-Sennstedt. Ber. Naturw. Ver. Bielefeld Sonderheft 2, 145–176.
  • Stammer H. J. (1948): Die Bedeutung der Aethylenglykolfalle für tierökologische und phänologische Untersuchungen. Verh. Dt. Zool. Ges., S. 387–391.
  • Tretzel E. (1955): Technik und Bedeutung des Fallenfangs für ökologische Untersuchungen. Zool. Anz. 155, S. 276-287.