Bodenfalle: Unterschied zwischen den Versionen

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Eine '''{{PAGENAME}}''' ist ein Hilfsmittel, bzw. seine Anwendung eine Methode zum [[Spinnen fangen|Nachweis von Spinnen]] (und ggf. anderen Tiergruppen) welche auf auf dem Boden umher laufen.  
Eine '''{{PAGENAME}}''' ist ein Hilfsmittel, bzw. seine Anwendung eine Methode zum [[Spinnen fangen|Nachweis von Spinnen]] (und ggf. anderen Tiergruppen) welche auf auf dem Boden umher laufen.  


==Aufbau==
==Aufbau==
[[Bild:Bodenfalle drolshagen.jpg|300px|right]]
[[Bild:Einfache Bodenfalle Automatenbecher.jpg|300px|thumb|right|Einfache Bodenfalle mit Automatenbechern. Wichtig: es werden 2 Becher eingesetzt und nur der innere gewechselt damit die Grube formstabil bleibt.]]
 
[[Bild:Bodenfalle-Melber-1987.png|300px|thumb|right|Aufbau der Bodenfalle von {{autor|Melber}}:<br>a) Kunststoffzylinder, b) Drahtgitter, c) Pulvertrichter, d) Fanggefäß, e) Fangflüssigkeit, f) Dach]]
Die Bodenfalle wurde von {{autor|Dahl}} 1896 erstmals beschrieben <ref>{{Literatur
Die Bodenfalle wurde von {{autor|Dahl}} 1896 erstmals beschrieben <ref>{{Lit Dahl 11896 Vergleichende Untersuchungen über die Lebensweise wirbelloser Aasfresser}}</ref>. Damals noch ohne Fangflüssigkeit. 1931 griff {{Autor|Barber}} diese Methodik auf, als er mittels Bodenfallen die Fauna von Höhlen untersuchte <ref name="Barber">{{Lit Barber 1931 Traps for cave-inhabiting insects}}</ref>. Barber war der erste, der mit Fangflüssigkeiten arbeitete. Er hat also die Bodenfalle weiterentwickelt und nicht etwa erfunden, wie man fälschlicherweise vielfach liest. Danach geriet die Methode wieder in Vergessenheit bis {{Autor|Jeschke}} das Verfahren aufgriff und erstmals im Freiland anwandte <ref>{{Lit Jeschke 1938 Die Abhängigkeit der Tierwelt vom Boden nach Beobachtungen im schlesischen Hügellande}}</ref>. Danach wurde diese Methode von verschiedenen Autoren aufgegriffen und damit zunehmend populär.<ref name="stammer">{{Lit Stammer 1948 Die Bedeutung der Aethylenglykolfalle für tierökologische und phänologische Untersuchungen}}</ref> <ref name='heyd'>{{Lit Heydemann 1956 Über die Bedeutung der Formalinfalle für die zoologische Landesforschung}}</ref><ref>{{Lit Müller 1984 Die Bedeutung der Fallenfang-Methode für die Lösung ökologischer Fragestellungen}}</ref>
|titel=Vergleichende Untersuchungen über die Lebensweise wirbelloser Aasfresser
|autor=Dahl F.
|jahr=1896
|seiten=11-24
|magazintitel=Sitzber. Königl. Preuss. Akad. Wissensch., Berlin
|ausgabe=
}}</ref>. Damals noch ohne Fangflüssigkeit. 1931 griff {{Autor|Barber}} diese Methodik auf, als er mittels Bodenfallen die Fauna von Höhlen untersuchte <ref name="Barber">{{Literatur
|titel=Traps for cave-inhabiting insects
|autor=Barber, H. S.
|jahr=1931
|seiten=259–266
|magazintitel=J. Elisha Mitchell Sci. Soc.
|ausgabe=46
}}</ref>. Barber war der erste, der mit Fangflüssigkeiten arbeitete. Er hat also die Bodenfalle weiterentwickelt und nicht etwa erfunden, wie man fälschlicherweise vielfach liest. Danach geriet die Methode wieder in Vergessenheit bis {{Autor|Jeschke}} das Verfahren aufgriff und erstmals im Freiland anwandte <ref>{{Literatur
|titel=Die Abhängigkeit der Tierwelt vom Boden nach Beobachtungen im schlesischen Hügellande
|autor=Jeschke K.
|jahr=1938
|seiten=81
|magazintitel=Dissertation Breslau
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}}</ref>. Danach wurde diese Methode von verschiedenen Autoren aufgegriffen und damit zunehmend populär. <ref name="stammer">{{Literatur
|titel=Die Bedeutung der Aethylenglykolfalle für tierökologische und phänologische Untersuchungen
|autor=Stammer H. J.
|jahr=1948
|seiten=S. 387&ndash;391
|magazintitel=Verh. Dt. Zool. Ges.
|ausgabe=
}}</ref> <ref name='heyd'>{{Literatur
|titel=Über die Bedeutung der "Formalinfalle" für die zoologische Landesforschung
|autor=Heydemann B.
|jahr=1956
|seiten=S. 19&ndash;24
|magazintitel=Faun. Mitt. Norddt.
|ausgabe=1 (6)
}}</ref> <ref>{{Literatur
|titel=Die Bedeutung der Fallenfang-Methode für die Lösung ökologischer Fragestellungen
|autor=Müller J. K.
|jahr=1984
|seiten=S. 281-305
|magazintitel=Zool. Jb. Syst.
|ausgabe=111
}}</ref>


Für die Bodenfalle mit Fangflüssigkeit etablierte sich rasch der Begriff ''Bodenfalle nach {{autor|Barber}}'' oder einfach ''Barberfalle''. Heute ist die Barberfalle die am häufigsten genannte Nachweismethode. Weniger beim Fang von Spinnen, aber beim Fang anderer Arthropoden werden innerhalb der Bodenfalle auch Köder eingesetzt (z. B. Lockstoffe) <ref name="stammer"/>.
Für die Bodenfalle mit Fangflüssigkeit etablierte sich rasch der Begriff ''Bodenfalle nach {{autor|Barber}}'' oder einfach ''Barberfalle''. Heute ist die Barberfalle die am häufigsten genannte Nachweismethode. Weniger beim Fang von Spinnen, aber beim Fang anderer Arthropoden werden innerhalb der Bodenfalle auch Köder eingesetzt (z. B. Lockstoffe)<ref name="stammer"/>.


Die Barberfalle besteht aus einem ebenerdig eingegrabenen Glas, welches zu einem Drittel mit einer Tötungs- und Konservierungsflüssigkeit aufgefüllt ist. Zum Schutz vor Regen, bzw. dem Hineingeraten kleiner Wirbeltiere wird die Bodenfalle mit einem festen Dach oder einem Maschendraht abgedeckt.
Die Barberfalle besteht aus einem ebenerdig eingegrabenen Glas, welches zu einem Drittel mit einer Tötungs- und Konservierungsflüssigkeit aufgefüllt ist. Zum Schutz vor Regen, bzw. dem Hineingeraten kleiner Wirbeltiere wird die Bodenfalle mit einem festen Dach oder einem Maschendraht abgedeckt.


Beim Einsatz von Bodenfallen ohne Fangflüssigkeit ist es ratsam etwas Laub oder Papier in die Falle zu legen, damit gefangene Tiere sich darin verstecken können. Andernfalls reduziert sich der Befund möglicherweise auf den stärksten Überlebenden. Hierbei entsteht zugleich ein Verdunstungsschutz für die lebend gefangenen Tiere <ref name="dunger">{{Literatur
Beim Einsatz von Bodenfallen ohne Fangflüssigkeit ist es ratsam etwas Laub oder Papier in die Falle zu legen, damit gefangene Tiere sich darin verstecken können. Andernfalls reduziert sich der Befund möglicherweise auf den stärksten Überlebenden. Hierbei entsteht zugleich ein Verdunstungsschutz für die lebend gefangenen Tiere<ref name="dunger">{{Lit Dunger 1963 Praktische Erfahrungen mit Bodenfallen}}</ref>.
|titel=Praktische Erfahrungen mit Bodenfallen
|autor=Dunger W.
|jahr=1963
|magazintitel=Entom. Nachr. (Dresden)
|ausgabe=7
|seiten=41-46
}}</ref>.


===Fangflüssigkeiten===
===Verbesserte Bodenfalle von {{autor|Melber}}===
Für Tötungs- und Konservierungsflüssigkeiten gibt es verschiedene Rezepturen. Unter anderem solche, die durch einen sehr hohen Glyzerinanteil weitgehend überflutungssicher sind. Äthylenglykol hat die Vorteile, dass es in reinem Zustand farb- und geruchlos ist und sehr gut konserviert, sein Nachteil ist sein hoher Preis in der Beschaffung <ref name='tretzel'>
1987 stellte Albert {{autor|Melber}} einen verbesserten Fallentyp vor<ref name='melber'>{{Lit Melber 1987 Eine verbesserte Bodenfalle}}</ref>. Diese Form des Aufbaus ermöglicht einen schnellen Fallenwechsel. Die Grube bleibt formstabil. Zum Fallenwechsel wird das Fanggefäß entnommen und ein bereits vorgefülltes neues Fanggefäß eingesetzt. Der Pulvertrichter schließt formschlüssig an der Rohrinnenseite ab und wird darin verkeilt.
{{Literatur
|titel=Technik und Bedeutung des Fallenfangs für ökologische Untersuchungen
|autor=Tretzel E.
|jahr=1955
|magazintitel=Zool. Anz.
|ausgabe=155
|seiten=S. 276-287
}}</ref>. Unter anderem auch aus Kostengründen favorisiert {{autor|Heydemann}} eine 4%ige Formalinlösung <ref name='heyd'/>.


In der Literatur werden die einzelnen Rezepturen kontroves diskutiert. So gibt {{autor|Dunger}} zu bedenken, dass verschiedene Rezepturen unerwünschte anlockende oder abstoßende Wirkung haben. Äthylenglykol, schreibt er, zieht Nacktschnecken magisch an, wodurch die Fangflüssigkeit und die darin enthaltenen Fänge stark verschleimen und infolge unvollständiger Konservierung einen widerlichen Geruch annehmen. Formolfallen haben das Schneckenproblem nicht. <ref name='dunger'/>
==Fangflüssigkeiten==
Für Tötungs- und Konservierungsflüssigkeiten gibt es verschiedene Rezepturen. Unter anderem solche, die durch einen sehr hohen Glyzerinanteil weitgehend überflutungssicher sind (außer bei Strömung). Äthylenglykol hat die Vorteile, dass es in reinem Zustand farb- und geruchlos ist und sehr gut konserviert, sein Nachteil ist sein hoher Preis in der Beschaffung<ref name='tretzel'>
{{Lit Tretzel 1955 Technik und Bedeutung des Fallenfangs für ökologische Untersuchungen}}</ref>. Unter anderem auch aus Kostengründen favorisiert {{autor|Heydemann}} eine 4%ige Formalinlösung<ref name='heyd'/>.


Sehr bekannt ist die '''Rennerlösung'''<ref name="Renner"> {{Literatur
In der Literatur werden die einzelnen Rezepturen kontroves diskutiert. So gibt {{autor|Dunger}} zu bedenken, dass verschiedene Rezepturen unerwünschte anlockende oder abstoßende Wirkung haben. Äthylenglykol, schreibt er, zieht Nacktschnecken magisch an, wodurch die Fangflüssigkeit und die darin enthaltenen Fänge stark verschleimen und infolge unvollständiger Konservierung einen widerlichen Geruch annehmen. Formolfallen (Formalinlösung) haben das Schneckenproblem nicht.<ref name='dunger'/>
|titel=Faunistisch-ökologische Untersuchugen der Käferfauna pflanzensoziologisch unterschiedlicher Biotope im Evessel-Bruch bei Bielefeld-Sennstedt
|autor=Renner, K.
|jahr=1980
|seiten=145–176
|magazintitel=Ber. Naturw. Ver. Bielefeld
|ausgabe=Sonderheft 2
}}</ref>, welche aus 40% Ethanol, 20% Glyzerin, 10% Essigsäure und 30% Wasser besteht.


{|class="wikitable"
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!colspan="4"|Rezepturen mit Vor- und Nachteilen
!colspan="4"|Rezepturen mit Vor- und Nachteilen
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|'''Bezeichnung'''||'''Rezeptur'''||'''Vorteile'''||'''Nachteile'''
|'''Bezeichnung'''||'''Rezeptur<sup>1)</sup>'''||'''Vorteile'''||'''Nachteile'''
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|'''Alkohollösung'''||70 % Ethanol<br>30 % Wasser||style='background-color:#cdffc6'|
* geeignet für Genomanalyse
* Zutaten gut verfügbar (Brennspiritus)
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* relativ teuer &ndash; unvergällter reiner Alkohol wg. Alkoholbesteuerung sehr teuer
* zieht Schnecken an
* zieht möglicherweise Wildschweine an
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|'''Essiglösung''' (E 260)||<u>für 10 % Essigsäure:</u><br>400g Essigessenz (24,99 %) mit Wasser auf einen Liter auffüllen||style='background-color:#cdffc6'|
* fängiger als Natriumbenzoat-Lösung
* Bestandteile gut verfügbar
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* kann über den Verdauungstrakt, die Atemluft und die Haut aufgenommen werden
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|'''Ethylenglykol'''||pur||style='background-color:#cdffc6'|
* für den Fang von Athropoden empfohlen<ref name='melber'/>
* biologsich abbaubar
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* zieht Schnecken an<ref name='Engel Ammer 2003'>{{Lit Engel Ammer 2003 Vergleich verschiedener Fanglösungen}}</ref>
* giftig (zentrales Nervensystem, Niere, Leber, Lunge, Herz)
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* vergrämt Schnecken<ref name='Engel Ammer 2003'/>
* sehr gut fängig<ref name='Engel Ammer 2003'/>
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* '''Krebserregend''' (kanzerogen) mit Exposition bei Bearbeitung des Materials<ref name='Engel Ammer 2003'/>
* ungeeignet für Genomanalyse<ref>{{Lit Printzen et al 2011 Die DNA-Bank von Senckenberg und BiK-F}}</ref>
* attrahiert eine Reihe von Organismen, darunter Spinnen und Weberknechte<ref name='Engel Ammer 2003'/>
* giftig und somit gesundheitsgefährdend
* ätzend
* '''darf nicht in die Umwelt gelangen!'''
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|'''Rennerlösung'''||40% Ethanol<br>20% Glyzerin<br>10% Essigsäure<br>30% Wasser||?||?
|'''Natriumbenzoat-Lösung''' (E 211)||10% (100 g auf 1 l Wasser) mit etwas Spülmittel||style='background-color:#cdffc6'|
* geeignet für Genomanalyse
* keine attrahierende Wirkung<ref name='Engel Ammer 2003'/>
* ungiftig und somit umweltunbedenklich
* sehr billig
|style='background-color:#ffd8d8'|
* Nicht frostfest (im Winter Salz hinzu geben)
* bei Trocknung als bleibt weiße Ablagerung zurück
* für Spinnen vergleichsweise schlecht fängig (im Vergleich: 144 Arten mit Formalin, 30 mit Natriumbenzoat-Lösung)<ref name='Engel Ammer 2003'/>
* auf Probe können sich Schimmelteppiche ausbilden, was zur Verringerung der Fangzahlen führt<ref name='Engel Ammer 2003'/>. <br><span style='font-size: smaller'><u>Anmerkung</u>: Dies ist eine Frage der Expositionszeit; dieser Effekt tritt nur auf, wenn der Fangzeitraum von 14 Tagen überschritten wird (Martin Lemke, eigene Beobachtung), um die Konservierungseigenschaften zu verbessern, kann die Lösung mit Essig etwas angesäuert werden; bei zu viel Säure flockt das Natriumbenzoat allerdings aus.</span>
* potenziell allergen
|-
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|'''Formalinlösung'''<br>(Formaldehyd-Lösung)||?||?||* ungeeignet für Genomanalyse<br>* giftig<br>* ätzend<br>* gesundheitsgefährdend<br>* Entsorgung vermutlich als Sondermüll
|'''Propylenglykol''' (E1520)||30% mit Wasser aufgießen<br>Wird auch pur verwendet||style='background-color:#cdffc6'|
*Ungiftig
|style='background-color:#ffd8d8'|
 
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|'''Salzlösung'''||200–300 g NaCl<br>1 l Wasser||* sehr billig<br>* Zutaten gut verfügbar<br>* geeignet für Genomanalyse<br>* umweltunbedenklich||* keine
|'''Rennerlösung'''||40% Ethanol<br>20% Glyzerin<br>10% Essigsäure<br>30% Wasser<br><ref name="Renner">{{Lit Renner 1980 Faunistisch-ökologische Untersuchugen der Käferfauna pflanzensoziologisch unterschiedlicher Biotope im Evessel-Bruch bei Bielefeld-Sennstedt}}</ref>||style='background-color:#cdffc6'|
?
|style='background-color:#ffd8d8'|
* Hauptbestandteil (Ethanol) vergleichsweise teuer
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|'''Alkohollösung'''||70 % Alkohol<br>30 % Wasser||* zutaten gut verfügbar (Brennspiritus)||* relativ teuer<br>* zieht möglicherweise Wildschweine an
|'''gesättigte Salzlösung'''||200–300 g NaCl<br>1 l Wasser||style='background-color:#cdffc6'|
* geeignet für Genomanalyse
* Zutaten gut verfügbar
* ungiftig und somit umweltunbedenklich
* sehr billig
|style='background-color:#ffd8d8'|
* korrosive Wirkung auf Equipment (metallene Elemente der Falle, aber auch später bei Bearbeitung)
|}
|}


Allen Rezepturen wird ein Spritzer Entspannungsmittel (z.B. Spülmittel) zugegeben. Rie Rezepte sind variierbar.
1: Allen Rezepturen wird zur Reduktion der Oberflächenspannung ein Spritzer Entspannungsmittel (z.B. Spülmittel) zugegeben, damit die Tiere leichter einsinken. Alle Rezepte sind variierbar.


===Schutz vor Dritten===
===Schutz der Fallen===
Problematisch ist der Schutz der Fallen vor Zerstörung. Kaninchen, Pilzesammler und Kinder sind oft nicht fernzuhalten. Warnschilder verhelfen Erwachsenen gewöhnlich nur zu der späten Erkenntnis, dass die Zerstörung besser unterblieben wäre (man findet die Fallen sorgsam, aber natürlich falsch wieder zusammengesetzt), Kindern helfen sie bei der Suche nach Zerstörbarem. <ref name='dunger'/>
Problematisch ist der Schutz der Fallen vor Zerstörung. Kaninchen, Pilzesammler und Kinder sind oft nicht fernzuhalten. Warnschilder verhelfen Erwachsenen gewöhnlich nur zu der späten Erkenntnis, dass die Zerstörung besser unterblieben wäre (man findet die Fallen sorgsam, aber natürlich falsch wieder zusammengesetzt), Kindern helfen sie bei der Suche nach Zerstörbarem. <ref name='dunger'/>


Menschen kann man eventuell vor Bodenfallen fern halten, indem man diese weitgehend unsichtbar macht. Z. B. indem man die Bodenfallen anstatt mit Kunstoffdeckeln, mit Baumrinde abdeckt.
Menschen kann man eventuell vor Bodenfallen fern halten, indem man diese weitgehend unsichtbar macht. Z. B. indem man die Bodenfallen anstatt mit Kunstoffdeckeln, mit Baumrinde abdeckt.


Ebenfalls finden Wildschweine eingegrabene riechende Gläser anscheinend sehr interessant. Man sollte es daher vermeiden, Bodenfallen in unmittelbarer Nähe von Tierpfaden aufzustellen. Wildschweine lassen sich durch '''Verstänkern''' von Bodenfallen fern halten. Man muss lediglich dort hin urinieren.
Ebenfalls finden Wildschweine eingegrabene riechende Gläser anscheinend sehr interessant. Man sollte es daher vermeiden, Bodenfallen in unmittelbarer Nähe von Tierpfaden aufzustellen. Wildschweine lassen sich durch '''Verstänkern''' von Bodenfallen fern halten. Man muss lediglich dort hin urinieren oder Urin z.B. über eine Spritzflasche dort ausbringen.
 
{{autor|Al-Hussein}} und {{autor|Wittsack}} statteten jeden Fallenstandort mit einer zusätzlichen Ersatzfalle aus, auf deren Inhalt zurückgegriffen wurde, wenn eine Falle unbrauchbar wurde<ref name='alh2014'>{{Lit Al-Hussein Wittsack 2014 Zur Arthropodenfauna der Tagebaufolgelandschaften Sachsen -Anhalts}}</ref>.


==Befund==
==Befund==
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===Vorteile===
===Vorteile===
* Wetterunabhängig
* Wetterunabhängig
* Langzeitüberwachung 24 h/d erfassst auch nachtaktive Arten
* Langzeitüberwachung 24 h/d erfasst auch nachtaktive Arten


===Nachteile===
===Nachteile===
* auf Laufaktivität der Tiere angewiesen, sessile Arten werden kaum bis gar nicht erfasst. Vorsicht bei Dominanzberechnungen! Stark laufaktive Arten (z. B. [[Lycosidae]]) erscheinen überrepräsentiert
* auf Laufaktivität der Tiere angewiesen, sessile Arten werden kaum bis gar nicht erfasst. Vorsicht bei Dominanzberechnungen! Stark laufaktive Arten (z. B. [[Lycosidae]]) erscheinen überrepräsentiert
* Spinnen, die in die Vegetation klettern (''Clubiona'', ''Pisaura'', ...) werden kaum gefangen
* Beifänge nicht immer zu verhindern. Vor allem Schnecken sind problematisch, weil sie die Probe verschleimen.
* Beifänge nicht immer zu verhindern. Vor allem Schnecken sind problematisch, weil sie die Probe verschleimen.
* Tierfraß (Wildschweine)
* Tierfraß (Wildschweine)
* unbeaufsichtig und somit Zugriff Dritter ausgesetzt (Pilzsammler, Kinder ...)
* unbeaufsichtig und somit Zugriff Dritter ausgesetzt (Pilzsammler, Kinder ...)
* Verunreinigung: Schneckenschleim, Detritus und bei länger stehenden Fallen: stinkende, sich zersetzendem Beifang
* evtl. Überflutung bei tidebeeinflussten Standorten oder Starkregenereignissen ungünstiger Standorte


==Quellen==
==Quellen==

Aktuelle Version vom 6. Januar 2024, 08:46 Uhr

Eine Bodenfalle ist ein Hilfsmittel, bzw. seine Anwendung eine Methode zum Nachweis von Spinnen (und ggf. anderen Tiergruppen) welche auf auf dem Boden umher laufen.

Aufbau

Einfache Bodenfalle mit Automatenbechern. Wichtig: es werden 2 Becher eingesetzt und nur der innere gewechselt damit die Grube formstabil bleibt.
Aufbau der Bodenfalle von Melber:
a) Kunststoffzylinder, b) Drahtgitter, c) Pulvertrichter, d) Fanggefäß, e) Fangflüssigkeit, f) Dach

Die Bodenfalle wurde von Dahl 1896 erstmals beschrieben (Dahl 1896). Damals noch ohne Fangflüssigkeit. 1931 griff Barber diese Methodik auf, als er mittels Bodenfallen die Fauna von Höhlen untersuchte (Barber 1931). Barber war der erste, der mit Fangflüssigkeiten arbeitete. Er hat also die Bodenfalle weiterentwickelt und nicht etwa erfunden, wie man fälschlicherweise vielfach liest. Danach geriet die Methode wieder in Vergessenheit bis Jeschke das Verfahren aufgriff und erstmals im Freiland anwandte (Jeschke 1938). Danach wurde diese Methode von verschiedenen Autoren aufgegriffen und damit zunehmend populär. (Stammer 1948) (Heydemann 1956) (Müller 1984)

Für die Bodenfalle mit Fangflüssigkeit etablierte sich rasch der Begriff Bodenfalle nach Barber oder einfach Barberfalle. Heute ist die Barberfalle die am häufigsten genannte Nachweismethode. Weniger beim Fang von Spinnen, aber beim Fang anderer Arthropoden werden innerhalb der Bodenfalle auch Köder eingesetzt (z. B. Lockstoffe) (Stammer 1948).

Die Barberfalle besteht aus einem ebenerdig eingegrabenen Glas, welches zu einem Drittel mit einer Tötungs- und Konservierungsflüssigkeit aufgefüllt ist. Zum Schutz vor Regen, bzw. dem Hineingeraten kleiner Wirbeltiere wird die Bodenfalle mit einem festen Dach oder einem Maschendraht abgedeckt.

Beim Einsatz von Bodenfallen ohne Fangflüssigkeit ist es ratsam etwas Laub oder Papier in die Falle zu legen, damit gefangene Tiere sich darin verstecken können. Andernfalls reduziert sich der Befund möglicherweise auf den stärksten Überlebenden. Hierbei entsteht zugleich ein Verdunstungsschutz für die lebend gefangenen Tiere (Dunger 1963).

Verbesserte Bodenfalle von Melber

1987 stellte Albert Melber einen verbesserten Fallentyp vor (Melber 1987). Diese Form des Aufbaus ermöglicht einen schnellen Fallenwechsel. Die Grube bleibt formstabil. Zum Fallenwechsel wird das Fanggefäß entnommen und ein bereits vorgefülltes neues Fanggefäß eingesetzt. Der Pulvertrichter schließt formschlüssig an der Rohrinnenseite ab und wird darin verkeilt.

Fangflüssigkeiten

Für Tötungs- und Konservierungsflüssigkeiten gibt es verschiedene Rezepturen. Unter anderem solche, die durch einen sehr hohen Glyzerinanteil weitgehend überflutungssicher sind (außer bei Strömung). Äthylenglykol hat die Vorteile, dass es in reinem Zustand farb- und geruchlos ist und sehr gut konserviert, sein Nachteil ist sein hoher Preis in der Beschaffung (Tretzel 1955). Unter anderem auch aus Kostengründen favorisiert Heydemann eine 4%ige Formalinlösung (Heydemann 1956).

In der Literatur werden die einzelnen Rezepturen kontroves diskutiert. So gibt Dunger zu bedenken, dass verschiedene Rezepturen unerwünschte anlockende oder abstoßende Wirkung haben. Äthylenglykol, schreibt er, zieht Nacktschnecken magisch an, wodurch die Fangflüssigkeit und die darin enthaltenen Fänge stark verschleimen und infolge unvollständiger Konservierung einen widerlichen Geruch annehmen. Formolfallen (Formalinlösung) haben das Schneckenproblem nicht. (Dunger 1963)

Rezepturen mit Vor- und Nachteilen
Bezeichnung Rezeptur1) Vorteile Nachteile
Alkohollösung 70 % Ethanol
30 % Wasser
  • geeignet für Genomanalyse
  • Zutaten gut verfügbar (Brennspiritus)
  • relativ teuer – unvergällter reiner Alkohol wg. Alkoholbesteuerung sehr teuer
  • zieht Schnecken an
  • zieht möglicherweise Wildschweine an
Essiglösung (E 260) für 10 % Essigsäure:
400g Essigessenz (24,99 %) mit Wasser auf einen Liter auffüllen
  • fängiger als Natriumbenzoat-Lösung
  • Bestandteile gut verfügbar
  • kann über den Verdauungstrakt, die Atemluft und die Haut aufgenommen werden
Ethylenglykol pur
  • für den Fang von Athropoden empfohlen (Melber 1987)
  • biologsich abbaubar
  • zieht Schnecken an (Engel & Ammer 2003)
  • giftig (zentrales Nervensystem, Niere, Leber, Lunge, Herz)
Formalinlösung
(Formaldehyd-Lösung)
2–4 % Formalin in Wasser
  • vergrämt Schnecken (Engel & Ammer 2003)
  • sehr gut fängig (Engel & Ammer 2003)
  • Krebserregend (kanzerogen) mit Exposition bei Bearbeitung des Materials (Engel & Ammer 2003)
  • ungeeignet für Genomanalyse (Printzen et al. 2011)
  • attrahiert eine Reihe von Organismen, darunter Spinnen und Weberknechte (Engel & Ammer 2003)
  • giftig und somit gesundheitsgefährdend
  • ätzend
  • darf nicht in die Umwelt gelangen!
Natriumbenzoat-Lösung (E 211) 10% (100 g auf 1 l Wasser) mit etwas Spülmittel
  • geeignet für Genomanalyse
  • keine attrahierende Wirkung (Engel & Ammer 2003)
  • ungiftig und somit umweltunbedenklich
  • sehr billig
  • Nicht frostfest (im Winter Salz hinzu geben)
  • bei Trocknung als bleibt weiße Ablagerung zurück
  • für Spinnen vergleichsweise schlecht fängig (im Vergleich: 144 Arten mit Formalin, 30 mit Natriumbenzoat-Lösung) (Engel & Ammer 2003)
  • auf Probe können sich Schimmelteppiche ausbilden, was zur Verringerung der Fangzahlen führt (Engel & Ammer 2003).
    Anmerkung: Dies ist eine Frage der Expositionszeit; dieser Effekt tritt nur auf, wenn der Fangzeitraum von 14 Tagen überschritten wird (Martin Lemke, eigene Beobachtung), um die Konservierungseigenschaften zu verbessern, kann die Lösung mit Essig etwas angesäuert werden; bei zu viel Säure flockt das Natriumbenzoat allerdings aus.
  • potenziell allergen
Propylenglykol (E1520) 30% mit Wasser aufgießen
Wird auch pur verwendet
  • Ungiftig
Rennerlösung 40% Ethanol
20% Glyzerin
10% Essigsäure
30% Wasser
(Renner 1980)

?

  • Hauptbestandteil (Ethanol) vergleichsweise teuer
gesättigte Salzlösung 200–300 g NaCl
1 l Wasser
  • geeignet für Genomanalyse
  • Zutaten gut verfügbar
  • ungiftig und somit umweltunbedenklich
  • sehr billig
  • korrosive Wirkung auf Equipment (metallene Elemente der Falle, aber auch später bei Bearbeitung)

1: Allen Rezepturen wird zur Reduktion der Oberflächenspannung ein Spritzer Entspannungsmittel (z.B. Spülmittel) zugegeben, damit die Tiere leichter einsinken. Alle Rezepte sind variierbar.

Schutz der Fallen

Problematisch ist der Schutz der Fallen vor Zerstörung. Kaninchen, Pilzesammler und Kinder sind oft nicht fernzuhalten. Warnschilder verhelfen Erwachsenen gewöhnlich nur zu der späten Erkenntnis, dass die Zerstörung besser unterblieben wäre (man findet die Fallen sorgsam, aber natürlich falsch wieder zusammengesetzt), Kindern helfen sie bei der Suche nach Zerstörbarem. (Dunger 1963)

Menschen kann man eventuell vor Bodenfallen fern halten, indem man diese weitgehend unsichtbar macht. Z. B. indem man die Bodenfallen anstatt mit Kunstoffdeckeln, mit Baumrinde abdeckt.

Ebenfalls finden Wildschweine eingegrabene riechende Gläser anscheinend sehr interessant. Man sollte es daher vermeiden, Bodenfallen in unmittelbarer Nähe von Tierpfaden aufzustellen. Wildschweine lassen sich durch Verstänkern von Bodenfallen fern halten. Man muss lediglich dort hin urinieren oder Urin z.B. über eine Spritzflasche dort ausbringen.

Al-Hussein und Wittsack statteten jeden Fallenstandort mit einer zusätzlichen Ersatzfalle aus, auf deren Inhalt zurückgegriffen wurde, wenn eine Falle unbrauchbar wurde (Al-Hussein & Wittsack 2014).

Befund

Es gelangen ausschließlich laufaktive epigäische Arthropoden in die Bodenfallen (Finch 2001).

Bei Spinnen findet die Laufaktivität vor allem während der Paarungszeit, der Suche nach Eiablageplätzen, der Suche nach geeigneten Mikroklimaten, sowie während der Verbreitungswanderung statt. (Finch 2001) Frei auf dem Boden jagende Arten, wie beispielsweise Lycosidae geraten über die genannten Umstände hinaus während des Beutefangs in Bodenfallen.

Einsatz

Für sporadische Stichproben sind Bodenfallen nicht geeignet, da diese über einen längeren Zeitraum (üblich sind 14 Tage) exponiert werden müssen, bevor die auf diese Weise erfassten Tiere ausgewertet werden können. In kälteren Jahreszeiten werden die Bodenfallen oft noch länger exponiert. Für Stichproben bietet sich der Vegetationssauger an.

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Wetterunabhängig
  • Langzeitüberwachung 24 h/d erfasst auch nachtaktive Arten

Nachteile

  • auf Laufaktivität der Tiere angewiesen, sessile Arten werden kaum bis gar nicht erfasst. Vorsicht bei Dominanzberechnungen! Stark laufaktive Arten (z. B. Lycosidae) erscheinen überrepräsentiert
  • Spinnen, die in die Vegetation klettern (Clubiona, Pisaura, ...) werden kaum gefangen
  • Beifänge nicht immer zu verhindern. Vor allem Schnecken sind problematisch, weil sie die Probe verschleimen.
  • Tierfraß (Wildschweine)
  • unbeaufsichtig und somit Zugriff Dritter ausgesetzt (Pilzsammler, Kinder ...)
  • Verunreinigung: Schneckenschleim, Detritus und bei länger stehenden Fallen: stinkende, sich zersetzendem Beifang
  • evtl. Überflutung bei tidebeeinflussten Standorten oder Starkregenereignissen ungünstiger Standorte

Quellen

  • Al-Hussein IA & Wittsack W (2014): Zur Arthropodenfauna der Tagebaufolgelandschaften Sachsen-Anhalts, 3. Webspinnen (Arachnida: Araneae). Naturwissenschaftliche Beiträge Museum Dessau Heft 26, S. 31–98.
  • Barber HS (1931): Traps for cave-inhabiting insects. Journal of the Elisha Mitchell Scientific Society 46 (2), S. 259–266.
  • Dahl F (1896): Vergleichende Untersuchungen über die Lebensweise wirbelloser Aasfresser. Sitzber. Königl. Preuss. Akad. Wissensch., Berlin, S.11–24.
  • Dunger W (1963): Praktische Erfahrungen mit Bodenfallen. Entom. Nachr. (Dresden) 7, S. 41–46.
  • Engel K, Ammer U (2003): Vergleich verschiedener Fanglösungen. Faunistisch-ökologische Mitteilungen Band 8, Heft 8, S. 297–301.
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