Atypus: Unterschied zwischen den Versionen

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==Allgemeines==
 
==Allgemeines==
Einzige in [http://de.wikipedia.org/wiki/Mitteleuropa Mitteleuropa] vorkommende Gattung der Unterfamilie der Mygalomorphae (Vogelspinnenartige). Ebenso Orthognatha genannt.
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Die drei Arten der Gattung ''{{PAGENAME}}'' sind die einzigen in [[Mitteleuropa]] vorkommenden Vertreter der Webspinnen-Unterordnung [[Mygalomorphae]] (Vogelspinnenartige) oder Orthognatha (Parallelkiefer).  
  
Bei dieser Art stehen die [[Chelizeren]] waagerecht. Ihre Klauen schlagen parallel zu einander und zur Längsachse ein. <ref name="wiehle">{{lit_dahl_42}}</ref>.
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Bei diesen Spinnen stehen die [[Chelizeren]] waagerecht nach vorne. Ihre Klauen schlagen parallel zueinander und zur Körper-Längsachse ein.<ref name="wiehle">{{lit_dahl_42}}</ref>
  
Diese Gattung ist in Mitteleuropa mit drei Arten vertreten. Sie ist die einzige der orthognathen Gattungen, welche ihre Verbreitung nicht auf wärmere Länder beschränkt und auch in Mitteleuropa vorkommt <ref name="Kaestner 1957">{{lit kaestner 1957}}</ref>.
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Die Gattung ''{{PAGENAME}}'' ist in Mitteleuropa mit drei Arten vertreten. Sie ist die einzige der orthognathen Gattungen, welche ihre Verbreitung nicht auf wärmere Länder beschränkt und auch in Mitteleuropa vorkommt.<ref name="Kaestner 1957">{{lit kaestner 1957}}</ref>
  
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==Diagnose==
Bild:Piceus_Schmieden_07-10_04.jpg|Atypus piceus, Weibchen im Gespinstschlauch
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Ein '''Europa''' kann ''{{PAGENAME}}'' von anderen Mygalomophen Familien durch folgende Merkmale unterschieden werden: Kiefer sehr länglich; 6 Spinndüsen; Sternum mit 4 Paar Sigillen; Beintarsi mit 3 Krallen<ref name='lepru 2011'>{{Lit Le Peru Synthesis A-T 2011}}</ref>.
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==Lebensraum==
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''{{PAGENAME}}'' kommt an trockenen sandigen und sonnigen Standorten vor. Insbesondere am Rande von lichten Kiefernbeständen, oft an leichten Südhängen aber auch im Gras und unter liegenden Baumstämmen (Bild).
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[[Bild:Am Pfefferfließ 06.10.2009 IMG 3591 (29).jpg|400px|thumb|right|Lebensraum im lichten Kiefernbestand. Das Foto zeigt einen Fundort von ''{{PAGENAME}} affinis'' bei Beelitz (Brandenburg). ({{GoogleMaps| breite=52.1925| laenge=13.096| zoom=17}}).]]
  
 
== Lebensweise ==
 
== Lebensweise ==
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[[Bild:Atypus-sp_Mordtal_09-04_04-Startrampe.jpg|right|thumbnail|400px|„Startrampe“ für Luftverdriftung der Jungtiere]]
 
Die Tiere leben in unterirdischen Röhren von 10&ndash;30 cm Länge, die sie sich selbst graben und von innen mit Spinnseide austapezieren. Oberirdisch bildet dieses Gespinst einen bis fingerdicken und -langen Schlauch, der gut mit Erdpartikeln aus der Umgebung getarnt wird.
 
Die Tiere leben in unterirdischen Röhren von 10&ndash;30 cm Länge, die sie sich selbst graben und von innen mit Spinnseide austapezieren. Oberirdisch bildet dieses Gespinst einen bis fingerdicken und -langen Schlauch, der gut mit Erdpartikeln aus der Umgebung getarnt wird.
  
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<gallery caption="Fangschlauch">
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Atypus_sp_Zietschkuppe_09-04_01-Schlauch.jpg
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Atypus-sp Mordtal 09-04 01-Schlauch.jpg|freigelegter Fangschlauch
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Piceus_Schmieden_07-10_04.jpg|Weibchen im Gespinstschlauch
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===Beutefang===
 
Die Spinne sitzt im Innern der Röhre und lauert auf Insekten (vor allem Asseln), die über die Gespinströhre laufen, und beißt diese von unten durch die Schlauchwand hindurch. Die gelähmte Beute wird durch das Gespinst ins Innere der Röhre gezogen und das Loch sofort wieder verschlossen.
 
Die Spinne sitzt im Innern der Röhre und lauert auf Insekten (vor allem Asseln), die über die Gespinströhre laufen, und beißt diese von unten durch die Schlauchwand hindurch. Die gelähmte Beute wird durch das Gespinst ins Innere der Röhre gezogen und das Loch sofort wieder verschlossen.
  
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== Fortpflanzung ==
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===Fortpflanzung===
Die geschlechtsreifen Männchen verlassen zur Paarungszeit ihren Schlauch und gehen auf die Suche nach Gespinstschläuchen von reifen Weibchen.
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Die geschlechtsreifen Männchen verlassen zur Paarungszeit (im Herbst<ref name='lepru 2011'/>) ihren Schlauch und gehen auf die Suche nach Gespinstschläuchen von reifen Weibchen. Findet das Männchen den Schlauch eines geschlechtsreifen Weibchens, betrillert es diesen mit den Vorderbeinen, um das Weibchen paarungsbereit zu stimmen. Dann öffnet es den Schlauch vorsichtig an einer Stelle, klettert hinein und paart sich mit dem Weibchen im unteren Teil.<ref name="Bellmann">{{lit_bellmann}}</ref>
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===Ausbreitung der Jungen===
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Die Jungen schlüpfen noch im Herbst, verlassen den Schlauch aber erst an den ersten warmen Vorfrühlingstagen (März) des folgenden Jahres. Sie klettern dann auf Pflanzen in der Nähe des Schlauches und lassen sich per Fadenfloß von der Termik davontragen. Da jedes Jungtier beim Beklettern einen breiten Wegefaden hinterlässt bildet sich mit der Zeit ein typisches weißliches Gespinst, welches als „Startrampe“ dient.<ref name="Bellmann"/>
  
==Verbreitung==
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<gallery caption="Jungtiere">
Die Gattung '''''Atypus''''' ist in [http://de.wikipedia.org/wiki/Mitteleuropa Mitteleuropa] mit 3 Arten vertreten.<ref name="Blick">{{lit checkliste}}</ref>
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Datei:Atypus cf affinis Jungtiere 6.jpg
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==Arten und Verbreitung==
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{{ArtenlisteZeile|Atypus piceus|be,nl,de,ch,at,cz,sk,pl}}
 
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== Determination ==
 
== Determination ==
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==Quellen==
 
==Quellen==
 
<references/>
 
<references/>
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===Quellen der Nachweise und Checklisten===
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[[Kategorie:Bestimmungshilfe]]
 
[[Kategorie:Bestimmungshilfe]]
[[Kategorie:Atypus]]
 

Aktuelle Version vom 14. Juli 2020, 08:37 Uhr

Atypus Latreille, 1804
Echte Tapezierspinnen
Atypus-affinis Kohlgrund 10-04 01.jpg
Atypus affinis, Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Atypidae (Tapezierspinnen)
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidergen:00003

Allgemeines

Die drei Arten der Gattung Atypus sind die einzigen in Mitteleuropa vorkommenden Vertreter der Webspinnen-Unterordnung Mygalomorphae (Vogelspinnenartige) oder Orthognatha (Parallelkiefer).

Bei diesen Spinnen stehen die Chelizeren waagerecht nach vorne. Ihre Klauen schlagen parallel zueinander und zur Körper-Längsachse ein. (Wiehle 1953)

Die Gattung Atypus ist in Mitteleuropa mit drei Arten vertreten. Sie ist die einzige der orthognathen Gattungen, welche ihre Verbreitung nicht auf wärmere Länder beschränkt und auch in Mitteleuropa vorkommt. (Kaestner 1956)

Diagnose

Ein Europa kann Atypus von anderen Mygalomophen Familien durch folgende Merkmale unterschieden werden: Kiefer sehr länglich; 6 Spinndüsen; Sternum mit 4 Paar Sigillen; Beintarsi mit 3 Krallen (Le Peru 2011).

Lebensraum

Atypus kommt an trockenen sandigen und sonnigen Standorten vor. Insbesondere am Rande von lichten Kiefernbeständen, oft an leichten Südhängen aber auch im Gras und unter liegenden Baumstämmen (Bild).

Lebensraum im lichten Kiefernbestand. Das Foto zeigt einen Fundort von Atypus affinis bei Beelitz (Brandenburg). (Google Maps).

Lebensweise

„Startrampe“ für Luftverdriftung der Jungtiere

Die Tiere leben in unterirdischen Röhren von 10–30 cm Länge, die sie sich selbst graben und von innen mit Spinnseide austapezieren. Oberirdisch bildet dieses Gespinst einen bis fingerdicken und -langen Schlauch, der gut mit Erdpartikeln aus der Umgebung getarnt wird.

Beutefang

Die Spinne sitzt im Innern der Röhre und lauert auf Insekten (vor allem Asseln), die über die Gespinströhre laufen, und beißt diese von unten durch die Schlauchwand hindurch. Die gelähmte Beute wird durch das Gespinst ins Innere der Röhre gezogen und das Loch sofort wieder verschlossen.

Fortpflanzung

Die geschlechtsreifen Männchen verlassen zur Paarungszeit (im Herbst (Le Peru 2011)) ihren Schlauch und gehen auf die Suche nach Gespinstschläuchen von reifen Weibchen. Findet das Männchen den Schlauch eines geschlechtsreifen Weibchens, betrillert es diesen mit den Vorderbeinen, um das Weibchen paarungsbereit zu stimmen. Dann öffnet es den Schlauch vorsichtig an einer Stelle, klettert hinein und paart sich mit dem Weibchen im unteren Teil. (Bellmann 2001)

Ausbreitung der Jungen

Die Jungen schlüpfen noch im Herbst, verlassen den Schlauch aber erst an den ersten warmen Vorfrühlingstagen (März) des folgenden Jahres. Sie klettern dann auf Pflanzen in der Nähe des Schlauches und lassen sich per Fadenfloß von der Termik davontragen. Da jedes Jungtier beim Beklettern einen breiten Wegefaden hinterlässt bildet sich mit der Zeit ein typisches weißliches Gespinst, welches als „Startrampe“ dient. (Bellmann 2001)

Arten und Verbreitung

In Europa und im Maghreb kommen nach Datenlage dieses Wikis 3 Arten der Gattung Atypus vor.[A]

NameNOSEFIIEGBGB-NIRDKDENLBELUPLLTLVEECHATLICZSKHU
Foto vorhanden Atypus affinis × × ××××××   ××××××
Foto vorhanden Atypus muralis       ×   ×   ×× ×××
Foto vorhanden Atypus piceus       ×××××   ××××××
NamePTESES-IBADFRFRHITIT82IT88ROBGBASIHRMEMKRSKVALGRGR-M
Foto vorhanden Atypus affinis××× × ×  ×××× ××××  
Foto vorhanden Atypus muralis      ×  ×× ×  ××  × 
Foto vorhanden Atypus piceus    × ×  ×× × ×××× × 
NameUABYMDRU-KGDRU-RUWRU-RUCRU-RUERU-RUNRU-RUSTR-EURTR-ASICYAMAZGEMADZTNLYEGMT
Foto vorhanden Atypus affinis×××            ××    
Foto vorhanden Atypus muralis× ×  ×× ×××  ××      
Foto vorhanden Atypus piceus× ×  ×               

Legende/Legend & Features

? Checkliste nicht verfügbar No checklist available
× Art nachgewiesen.
Link gibt Nachweisreferenz an.
Species documented.
Link shows literature reference.
(×) Art nachgewiesen, aber nicht etabliert.
Link gibt Nachweisreferenz an.
Species documented, but not established.
Link shows literature reference.
Art aus der Liste gestrichen.
Link gibt Nachweisreferenz an.
Species removed from list.
Link shows literature reference.
  Checkliste enthält Art nicht Checklist consulted, but species not found
Hinweise zur Nutzung der Tabellen:
Die Spalten können durch Anklicken des Landeskürzels markiert werden. Durch einen zweiten Klick wird diese Markierung wieder gelöscht.
Durch Klicken auf ein Nachweiskreuz in der Tabelle wird die entsprechende Literaturreferenz angezeigt.

Determination

Hilfe zur Verwendung des Schlüssels gibt es hier.

1 Spinnwarzen deutlich viergliedrig → Atypus muralis
Spinnwarzen dreigliedrig. Haarlose Zone apikal-außen an Patella I nicht pigmentiert (Wiehle 1953). → Atypus affinis
– – Spinnwarzen dreigliedrig; letztes Spinnwarzenglied durch einen hellen, weniger pigmentierten Ring unterbrochen, der jedoch nicht ganz schließt (von hinten nicht zu sehen). Haarlose Zone apikal-außen an Patella I dunkel pigmentiert (Wiehle 1953). → Atypus piceus

Quellen

  • Bellmann H (2001): Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas. Frankh-Kosmos Verlag. ISBN 3-440-09071-X, 304 S.
  • Kaestner A (1956): Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Teil 1: Wirbellose. Gustav Fischer Verlag, Jena. 3 Auflage, S. 603–616.
  • Le Peru B (2011): The Spiders of Europe, a synthesis of data: Atypidae to Theridiidae. Mémoires de la Sociétés linnéenne de Lyon no. 2. 1 Auflage. ISBN 978-2-9531930-3-9, 523 S.
  • Wiehle H (1953): Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile, 42. Teil Spinnentiere oder Arachnoidea (Araneae) IX: Orthognatha - Cribellatae - Haplogynae Entelegynae. VEB Gustav Fischer Verlag, 150 S.

Quellen der Nachweise und Checklisten