Anatomie der Weberknechte

Aus Wiki der Arachnologischen Gesellschaft e. V.
Version vom 31. März 2018, 11:17 Uhr von Martin Lemke (Diskussion | Beiträge) (→‎Weiterführende Literatur)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.

Diese Seite gibt einen knappen Überblick über die Anatomie der Weberknechte (Opiliones) und erklärt das für das Verständnis der Bestimmungs- und Beschreibungstexte erforderliche Vokabular.

Äußere Anatomie

Weberknecht lateral 09-04.png

Weberknechte haben ein gegliedertes Opisthosoma, welches in voller Breite mit dem Prosoma verwachsen ist. Es ist keine Zweiteilung des Körpers in Pro- und Opisthosoma zu erkennen wie etwa bei den Webspinnen. Sie besitzen vier Laufbeinpaare, welche unter dem Prosoma entspringen. Zusätzlich ist ein Paar Pedipalpen und ein Paar Chelizeren vorhanden.

Körperteile

Der Körper der Weberknechte kann sehr variabel sein und besteht aus mehreren Segmenten. Das erste Segment wird als Acron bezeichnet. Das Acron und die folgenden 6, Extremitäten tragenden Segmente, formen das Prosoma (selten auch Cephalothorax). Das dorsal zu einer einheitlichen Platte verwachsene Prosoma zeichnet sich vorne auf der Oberseite des Körpers ab. Es weist aber noch ein bis zwei Querfurchen auf, welche als Reste des 5. und 6. Körpersegments zu deuten sind. Dieser dorsale Teil des Prosomas ist das Carapax. Dahinter schließen sich bis zu 10 Tergite der opisthosomalen Körpersegmente an, die bei einigen Familien jedoch reduziert oder verwachsen sein können. Das Opisthosoma wird selten auch als Abdomen bezeichnet. (Kaestner 1956) (Szalay 1968)

Alle Segmente des Opisthosomas bestehen aus Tergiten (Rückenplatten), Sterniten (Bauchplatten) und 2, diese zusammengebundene Pleurite (Seitenplatten). Die Grenzen dieser Platten sind jedoch konturenlos, allerdings vom dritten bis siebten Segment etwas deutlicher. Einige Rücken- und Bauchplatten können verwachsen sein. Diese formen die sog. Scuta (sing. Scutum). (Szalay 1968)

In der Mitte der prosomalen Platte (Carapax) tragen die meisten einheimischen Weberknechte zwei große Mittelaugen, die seitlich an einem Augenhügel sitzen. Der Augenhügel ist meistens stachelig oder gezackt. (Szalay 1968)

Die Stinkdrüsen der Weberknechte sind kleine Höcker, die dorsolateral auf dem Carapac gelegen sind. (Szalay 1968)

Extremitäten

Die 6 Paar Extremitäten sind mit dem Prosoma verbunden. Die dreigliedrigen Chelizeren setzen an der Stirnregion an. Das Grundglied der Chelizere ist nach vorn, das zweite Glied nach unten gerichtet. Das letztere endet in einem Vorsprung, der mit dem dritten Glied eine Schere formt. Damit fängt, tötet und zerkaut der Weberknecht die Beute. Bei vielen Arten sind die Chelizeren des Männchens überdimensioniert. Unter dem anterioren Teil des Carapax, in der Mitte, über dem Grundglied der Chelizeren befinden sich bei den meisten Arten die so genannte suprachelizeralen Lamellen (in älterer Literatur selten auch als Antennulae bezeichnet), die variable Chitinformationen tragen, die bei der Bestimmung der Art helfen. Diese Lamellen sind auch bei beiden Geschlechtern unterschiedlich. (Szalay 1968)

Das zweite Extremitätenpaar sind die Pedipalpen. Diese sind mit dem Prosoma an den Seiten des Mundes verbunden. Die Glieder sind die folgenden (in der Reihenfolge vom Körper weg): Coxa (Hüfte), Trochanter (Schenkelring), Femur (Oberschenkel), Patella (Kniescheibe), Tibia (Schienbein) und Tarsus (Fuß). Die Pedipalpen sind bei den Unterordnungen Cyphophthalmi, Dyspnoi und Eupnoi dünn, fein, manchmal klauenlos und nicht bestachelt. Die Pedipalpen der Unterart Laniatores sind überdimensioniert, stark bestachelt und immer mit Klaue (z. B. in der Gattung Holoscotolemon). Pedipalpen können bei einigen Arten geschlechtlich dimorph sein, die des Männchens sind komplizierter aufgebaut. Die Gattung Dicranopalpus ist durch gegabelte Pedipalpen gekennzeichnet. (Szalay 1968)

Die 8 Laufbeine bestehen aus den folgenden Gliedern (in der Reihenfolge vom Körper weg): Coxa (Hüfte), Trochanter (Schenkelring), Femur (Oberschenkel), Patella (Kniescheibe), Tibia (Schienbein), Metatarsus, Tarsus (vielgliedrig) und Praetarsus mit 1 oder 2 Klauen. Die Tarsi können bei einigen Arten aus 60 sekundären Gliedern bestehen. Die Coxae sind groß, manchmal tragen diese Loben, die Lobi maxillares (sing. Lobus maxillaris). Mit diesen bedecken die Coxae fast die ganze Unterseite des Prosomas. Viele Arten haben sehr lange zweite Beinpaare, die zum Tasten benutzt werden. (Szalay 1968)

Die Beine sind normalerweise 8-mal (Opilio) oder sogar 15-mal (Leiobunum) länger als der Körper. Einige Familien und Gattungen sind aber kurzbeiniger (z. B. Trogulidae). Wenn ein Bein gefangen wird, reisst es zwischen dem Coxa und Trochanter und das abgerissene Bein bewegt sich schnell, wie eine Sense bewegt wird. Dadurch kann der Weberknecht bei Gefahr schnell loslaufen, weil das zappelnde Bein von ihm ablenkt. Diese Tatsache führt dazu, dass diese Tiere auf Englisch harvestman (Erntemann) genannt werden.

Unterseite

Meistens sind 8 abdominale Segmente gut erkennbar, das 9. Segment besteht aus 2 kleinen Chitinplatten, das 10. bedeckt die Analöffnung und wird als Operculum anale bezeichnet.

Ein Merkmal adulter Tiere ist der abhebbare Genitaldeckel (Operculum genitale) zwischen den Coxae. Der Genitaldeckel ist der vordere Teil des zweiten Sternits. Darunter befindet sich bei Weibchen der lange Ovipositor (Legeröhre) und bei Männchen der sklerotisierte Penis. Diese Geschlechtsorgane liegen in Ruhe eingezogen unter dem Genitaldeckel und sind ausdehnbar.

Die Form des Penis ist ein sehr wichtiges Bestimmungskriterium, da sie artspezifisch ist (seine Form kann aber von Individuum zu Individuum etwas variieren). Das distale Ende des Penis ist der Kopf oder Eichel (lat. Glans penis). Der Ovipositor und die dazugehörige Spermathek werden nur selten zur Bestimmung benutzt. Meist unterscheidet sich der Ovipositor der verschiedenen Arten kaum. (Szalay 1968) (Lengyel & Murányi 2006)

Neben und unter dem Genitaldeckel befinden sich kleinere oder größere Reste des ersten Sternits: die Arculi genitales (sing. Arculus genitalis). Das erste von diesen, das Labium (Unterlippe) hilft bei der Nahrungsaufnahme, ein anderes formt das Sternum (Brust). (Szalay 1968)

Die Grenze zwischen Sternit 2 und 3 ist konturlos, die folgenden 4 Sternite sind regular, bei Eupnoi formt die siebte aber den vorderen Rand der analen Öffnung. Bei Dyspnoi liegen noch 2 Chitinplatten vor der Öffnung, die 8. und 9. Sternite. Der Randbereich der analen Öffnung, der aus einigen Sterniten und Tergiten besteht, heißt Corona analis. (Szalay 1968)

Integument

Einige Gruppen (Trogulidae, Nemastomatidae) haben eine massige und harte Chitinhülle, andere sind weichhäutig (z. B. Phalangiidae). Behaarung gibt es nur auf den Beinen, nie auf dem Körper. Statt dessen tragen die Weberknechte verschiedene Zapfen, Stacheln, Zähnchen, Borsten, Höcker, Warzen und zwischen diesen einige einzelne Haare. Interessante Kutikulaformationen sind die Kugelhaare der Familie Nemastomatidae, die klebriges Sekret ausscheiden. (Szalay 1968)

Die Farbe der meisten Weberknechte ist unauffällig, grau, braun, schwarz oder rötlich. Auf dem Rücken gibt es meistens ein dunkles Muster. Die Bauchseite ist normalerweise hell, fast weiß. Nur einige tropische Arten sind metallisch glänzend. (Szalay 1968)

Weiterführende Literatur

Weblinks

Quellen

  • Kaestner A (1956): Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Teil 1: Wirbellose. Gustav Fischer Verlag, Jena. 3 Auflage, S. 603–616.
  • Lengyel GD & Murányi D (2006): Data to the Hungarian harvestman (Opiliones) fauna. Folia Historico Naturalia Musei Matraensis 30, S. 117–128.
  • Szalay L (1968): Fauna Hungariae: Arachnoidea I. Akadémiai Kiadó Budapest XVIII/2, 121 S.