Argyroneta aquatica

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Argyroneta aquatica (Clerck, 1757)
Wasserspinne
ArgAquM1 N-Schuller.jpg
Männchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Dictynidae (Kräuselspinnen)
Gattung: Argyroneta (Wasserspinnen)
Reifezeit (Nentwig et al. 2022)
Monat:123456789101112
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:021318
Gefährdung nach Roter Liste
RegionBSLTKTRFRRL
[AT] Kärnten EN
[CZ] Tschechien VU
[CZ] Karpaten CR
[CZ] Oberschlesien *
[D] Deutschlandmh<<?=3
[D] Berlin?===D
[D] Brandenburg 2
[D] Baden-Württemberg 2
[D] Bayern 2
[D] Bayern Av/A 2
[D] Bayern OG 2
[D] Bayern SL 2
[D] Bayern T/S 2
[D] Mecklenburg-Vorp.h<<= *
[D] Niedersachsen 3
[D] Niedersachsen (H) 2
[D] Niedersachsen (T) 3
[D] Nordrhein-Westfalenmh<(↓)=V
[D] Schleswig-Holsteinh===*
[D] Sachsen 2
[D] Sachsen-Anhalt 2
[HU] Karpaten *
[NO] Norwegen LC
[PL] Bielitz-Biala NT
[PL] Kattowitz ?
[PL] Karpaten *
[PL] Opole NT
[PL] Oberschlesien NT
[PL] Tschenstochau NT
[RO] Karpaten *
[SK] Slowakei E
[SK] Karpaten CR
[UA] Karpaten *

Argyroneta aquatica war Spinne des Jahres 2000 (Jäger et al. 2000).

Merkmale

Körpergröße: Weibchen erreichen 8 bis 9 mm, Männchen 10 bis 15 mm (Nentwig et al. 2022). Im Gegensatz zu den meisten anderen Spinnenarten werden die Männchen der Wasserspinne größer als die Weibchen.

Einheitlich braun, mit besonders feiner, dichter Behaarung des Hinterleibs, aber auch auf den Beinen. Diese feine Behaarung fehlt beim helleren Männchen auf dem Hinterleibsrücken.

Die Männchen besitzen zudem verlängerte Vorderbeine und kräftige, rotbraune Chelizeren.

Ähnliche Arten

Außerhalb des Wassers ähnelt Argyroneta aquatica etwas einer Trichterspinne (Agelenidae). Die Wasserspinne ist allerdings die einzige Spinnenart der Welt, die ihr gesamtes Leben unter der Wasseroberfläche verbringt.

Taxonomie

Ohlert stellte 1867 Argyroneta zu den Drassides (diese Familie gibt es heute nicht mehr – Anm.), Thorell 1871 und Simon 1875 zu den Agelenidae, Menge trennt sie 1871 als besondere Familie ab (Argyronetidae) (Dahl 1937). Danach zählte man sie zu den Gebirgstrichterspinnen (Cybaeidae), einer nahe mit den Trichterspinnen verwandten Familie. Molekulargenetische Untersuchungen deuten jedoch auf eine nähere Verwandschaft mit den Kräuselspinnen (Dictynidae) hin, wie schon 1967 von Lehtinen aufgrund morphologischer Analysen feststellte (Miller et al. 2010). Wheeler et al. transferierten sie schließlich offiziell zu den Dictynidae. (Wheeler et al. 2017)

Lebensraum

Sie kommt in einer Vielzahl von dauerhaften aquatischen Lebensräumen vor, mit besonderem Schwerpunkt in nährstoffarmen, dauerhaften Teichen und flachen Seen in Niedermooren und Kesselmooren. Die Größe eines Gewässers, wie auch stark schwankende Pegelstände, scheinen keinen entscheidenden Einfluss auf die Besiedlung zu haben, zeitweilig trockenfallende Gewässer werden jedoch nicht besiedelt. Besonnte Bereiche werden beschatteten vorgezogen. (Hendrich & Platen 2018).

In sauberen, dicht bewachsenen, stehenden Gewässern (Nentwig et al. 2022), aber auch in Gräben mit langsam fließendem Wasser (Hendrich & Platen 2018). Pflanzenreiche Ufer (von größeren wie von ganz kleinen Gewässern) sind bevorzugt, aber man kann Wasserspinnen auch unter Ufer­ steinen in oligotrophen Seen finden. Junge Wasserspinnen werden ab und zu oberhalb des Wassers in Torfmoos oder auf feuchtem Wiesenboden gefunden. (Palmgren 1977)

Lebensweise

Atmung unter Wasser

Austritt aus der Taucherglocke

Argyroneta aquatica besitzt für das Leben unter Wasser einige morphologische Anpassungen. So sitzen auf den Beinen und auf dem Hinterleib spezielle Haare, die es ihr ermöglichen, Luft unter Wasser zu transportieren und eine permanente Luftblase um den Hinterleib zu erhalten, aus dem sie ihren Sauerstoff für die Atmung bezieht. Dieser muss allerdings regelmäßig erneuert werden, da durch Atmung oder Diffusion beständig der Sauerstoffgehalt in der Lufthülle sinkt. Dafür steigt sie mit dem Bauch nach oben zur Oberfläche und hebt die Hinterleibsspitze über das Wasser. Nun findet ein Lauftaustausch zwischen dem noch untergetauchten Teil des Hinterleibs und der Atmosphäre statt. Nach einiger Zeit taucht sie wieder ruckartig ab, so bleibt die Lufthülle erhalten. (Bellmann 2001) (Schütz et al. 2007)

Die Luftglocke benötigt die Spinne jedoch nicht unbedingt zum Atmen, da ein Gasaustausch auch direkt über die Kutikula erfolgen kann. So kann sie Sauerstoff direkt über die Kutikula aufnehmen und so, wenn beide Buchlungen und das Tracheenstigma verstopft sind, mehrere Tage ohne sichtbare Schäden überleben. (Hendrich & Platen 2018)

Die Taucherglocken

Einen großen Teil ihres Lebens verbringt die Wasserspinne in einer selbstgebauten Taucherglocke. Diese befindet sich meist zwischen Wasserpflanzen und ist mit Spinnseide fixiert. Für den Bau webt die Spinne ein kleines Deckennetz und schwebt anschließend wieder zur Wasseroberfläche. Diesmal zeigt sie aber ein anderes Verhalten und hebt zusätzlich zum Hinterleib ihre beiden Hinterbeine weit aus dem Wasser. Durch das plötzliche Abtauchen bleibt eine größere Luftblase zwischen Hinterleib und Beinen hängen und wird mitgerissen. Nun benötigt die Spinne den Wegfaden, den sie die ganze Zeit während des Aufsteigens gesponnen hatte. An diesem hangelt sie sich zurück zum Netz. Unter dem Gespinst, klappt sie ihre Beine zurück und befreit damit die Luftblase, die nun von den dicht verwobenen Spinnfäden festgehalten wird. Die gesamte Prozedur wird mehrmals wiederholt, währenddessen verstärkt die Spinne immer wieder das Gespinst. Am Ende hat die Glocke etwa 15 mm Durchmesser. (Bellmann 2001) (Schütz et al. 2007)

Dieses einzigartige Gebilde aus Luft und Spinnseide ist für die Spinne von größter Wichtigkeit. So findet in dieser wasserfreien Zone das Verzehren der Beute, die Häutung, die Paarung und die Aufzucht der Jungen statt. Neuere Forschungen zeigen zudem, das die Taucherglocke als Sauerstoffreservoir dient. (Schütz et al. 2007)

Die Spinne baut mehrere Glocken, die unterschiedlichen Zwecken dienen (Häutungsglocke, Fressglocke, Kopulationsglocke). Das Männchen spinnt eine eigene Glocke, die stark in Größe und Form von der des Weibchens abweicht und in der das für alle Spinnen typische Spermanetz angefertigt wird. (Hendrich & Platen 2018)

Ernährung

Argyroneta aquatica erbeutet u.a. Wasserasseln und aquatische Insektenlarven. (Bellmann 2001) Die Weibchen reagieren vor allem auf Vibrationen des Netzes, welche von potentiellen Beutetieren erzeugt werden, die wesentlich agileren Männchen streifen aktiv auf der Suche nach Nahrung umher. (Schütz & Taborsky 2003)

Lebenserwartung

Die individuelle Lebenszeit kann bis zu 18 Monate dauern; zu jeder Jahreszeit sind alle Entwicklungsstadien nebeneinander zu finden (Hendrich & Platen 2018).

Verbreitung

Europa, Türkei, Kaukasus, Russland (Europa bis Fernost), Iran, Zentralasien, China, Korea und Japan (World Spider Catalog 2018).

Die Wasserspinne wird von Arachnologen methodenbedingt in der Regel nur sehr sporadisch gesammelt. Durch die aquatische Lebensweise wurden die meisten der genannten Vorkommen bei Untersuchungen zur Fauna des Makrozoobenthos entdeckt. (Hendrich & Platen 2018)

Bilder

Weblinks

Nachweis- und Verbreitungskarten

Weitere Links

Quellen

Quellen der Nachweise und Checklisten