Steatoda nobilis: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Körperlänge:''' Weibchen erreichen 9,5&ndash;14 mm, Männchen 7,0&ndash;11,0 mm<ref name="Snazell & Jones">{{lit Snazell Jones 1993 nobilis}}</ref>.  
  
 
Die Größe scheint jedoch recht variabel. Interessanterweise ergaben Messungen an einer kleineren Anzahl von Exemplaren, dass Tiere aus England größer als solche aus dem südlichen Verbreitungsgebiet waren. <ref name="Snazell & Jones"/>  '''Prosoma''' dorsal dunkel rotbraun mit dunklen Radiärstreifen, Fovea als flache Grube deutlich vorhanden. Spärliche Behaarung, an der Kopfregion dichter werdend. Chelizeren auf dem Grundglied mit einem einzelnen Zahn, bei den Männchen mit abgeflachtem, breitem Bereich, am hinteren Rand mit einer Reihe kleiner Zähnchen, welche an einen großen, säbelartigen Zahn anschließen. Sternum dunkel rotbraun. Vordere Augenreihe rekurv, hintere Augenreihe gerade. Insgesamt sind beide Reihen gleichlang.  '''Opisthosoma''' violett braun, anterior mit einem bogenförmigen Querstreifen. Dorsal mit variablem Folium, welches zumindest bei den Weibchen bei der letzten Häutung aber fast vollständig verloren geht. Der innere Bereich des Foliums ist weiß, mit Reihen von hellen Längsstrichen, die durch den dunklen Außenbereich ragen. Ventral dunkel. '''Beine''' blass gelbbraun, Tibia distal verdunkelt. Tarsus {{IV}} mit einer ventralen Reihe gesägter Borsten, beim Weibchen stärker ausgeprägt. <ref name="Snazell & Jones"/>  
 
Die Größe scheint jedoch recht variabel. Interessanterweise ergaben Messungen an einer kleineren Anzahl von Exemplaren, dass Tiere aus England größer als solche aus dem südlichen Verbreitungsgebiet waren. <ref name="Snazell & Jones"/>  '''Prosoma''' dorsal dunkel rotbraun mit dunklen Radiärstreifen, Fovea als flache Grube deutlich vorhanden. Spärliche Behaarung, an der Kopfregion dichter werdend. Chelizeren auf dem Grundglied mit einem einzelnen Zahn, bei den Männchen mit abgeflachtem, breitem Bereich, am hinteren Rand mit einer Reihe kleiner Zähnchen, welche an einen großen, säbelartigen Zahn anschließen. Sternum dunkel rotbraun. Vordere Augenreihe rekurv, hintere Augenreihe gerade. Insgesamt sind beide Reihen gleichlang.  '''Opisthosoma''' violett braun, anterior mit einem bogenförmigen Querstreifen. Dorsal mit variablem Folium, welches zumindest bei den Weibchen bei der letzten Häutung aber fast vollständig verloren geht. Der innere Bereich des Foliums ist weiß, mit Reihen von hellen Längsstrichen, die durch den dunklen Außenbereich ragen. Ventral dunkel. '''Beine''' blass gelbbraun, Tibia distal verdunkelt. Tarsus {{IV}} mit einer ventralen Reihe gesägter Borsten, beim Weibchen stärker ausgeprägt. <ref name="Snazell & Jones"/>  
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===Männchen===
 
===Männchen===
Beim '''Männchen''' sind zusätzlich am vorderen Rand des Opisthosomas zwei Reihen sklerotisierter Stridulationsflächen aus jeweils 10-12 Zähnchen ausgebildet, die jeweils ein Haar oder eine Borste tragen und bei der Paarung benutzt werden (siehe Lebensweise). Gegenübergeordnet am Prosoma findet man zwei Stridulationsrillen.<ref name="Snazell & Jones"/>
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Beim '''Männchen''' sind zusätzlich am vorderen Rand des Opisthosomas zwei Reihen sklerotisierter Stridulationsflächen aus jeweils 10–12 Zähnchen ausgebildet, die jeweils ein Haar oder eine Borste tragen und bei der Paarung benutzt werden (siehe Lebensweise). Gegenübergeordnet am Prosoma findet man zwei Stridulationsrillen.<ref name="Snazell & Jones"/>
  
 
==Ähnliche Arten==
 
==Ähnliche Arten==
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2011 wurde die Art zudem das erste Mal in Ventura, Kalifornien nachgewiesen, was den Erstnachweis der Art für den amerikanischen Kontinent darstellt. Alle Nachweise stammen aus urbanem Gebiet, zudem fand man Eikokons und Jungtiere. Daher gilt die Art als etabliert. <ref name="Vetter">{{lit Vetter 2012 nobilis}}</ref>.
 
2011 wurde die Art zudem das erste Mal in Ventura, Kalifornien nachgewiesen, was den Erstnachweis der Art für den amerikanischen Kontinent darstellt. Alle Nachweise stammen aus urbanem Gebiet, zudem fand man Eikokons und Jungtiere. Daher gilt die Art als etabliert. <ref name="Vetter">{{lit Vetter 2012 nobilis}}</ref>.
  
Etablierte Populationen sind zudem aus Spanien, Frankreich, Italien, Ecuador, Kolumbien sowie dem Iran bekannt <ref name="Bauer"/>. Nachweise aus der Türkei sind zu überprüfen, weil es sich eventuell um Verwechslungen mit ''[[Steatoda maura]]'' handelt. Einzelnachweise existieren aus den Niederlanden und Belgien, sowie eine erwähnte, aber nie publizierte Aufsammlung aus Marokko <ref name="Bauer"/>. Aufgrund des hohen invasiven Potentials der Art ist es wichtig, Neunachweise, insbesondere neue Ländernachweise, stets zu publizieren.
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Etablierte Populationen sind zudem von der Iberischen Halbinsel, Frankreich (inklusive Korsika), Italien, Ecuador, Kolumbien sowie dem Iran bekannt <ref name="Bauer"/>. Nachweise aus der Türkei sind zu überprüfen, weil es sich eventuell um Verwechslungen mit ''[[Steatoda maura]]'' handelt. Einzelnachweise existieren aus den Niederlanden und Belgien, sowie eine erwähnte, aber nie publizierte Aufsammlung aus Marokko <ref name="Bauer"/>. Aufgrund des hohen invasiven Potentials der Art ist es wichtig, Neunachweise, insbesondere neue Ländernachweise, stets zu publizieren. {{autor|Dunbar}} et al. nennen ebenso Irland<ref name='Dunbar 2022'>{{Lit Dunbar et al 2021 First record of a false widow spider Steatoda nobilis preying on a pipistrelle bat in Britain}}</ref>.
  
 
==Lebensweise==
 
==Lebensweise==
===Netzbau & Beutefang===
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===Netzbau und Beutefang===
Das Netz von ''{{PAGENAME}}'' entsteht in mehreren Nächten. Es besteht aus einem röhrenartigen Unterschlupf (meist in einer Ritze oder Loch angelegt; siehe Gallerie), das sich zu einer deckenartigen Netzstruktur öffnet, welche nach oben und unten mit den für Kugelspinnen typischen Strukturen und Fangfäden versehen ist. Die Spinne verharrt tagsüber in ihrem Versteck, nachts sitzt sie in den vorderen Bereichen des Verstecks. Beute wird in Kugelspinnenmanier mithilfe der Spinnwarzen und dem vierten Beinpaar eingewickelt und gebissen. Die Art kann ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf aus ihrer Beute decken. <ref name="Snazell & Jones"/>
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Das Netz von ''{{PAGENAME}}'' entsteht in mehreren Nächten. Es besteht aus einem röhrenartigen Unterschlupf (meist in einer Ritze oder Loch angelegt; siehe Galerie), das sich zu einer deckenartigen Netzstruktur öffnet, welche nach oben und unten mit den für Kugelspinnen typischen Strukturen und Fangfäden versehen ist. Die Spinne verharrt tagsüber in ihrem Versteck, nachts sitzt sie in den vorderen Bereichen des Verstecks. Beute wird in Kugelspinnenmanier mithilfe der Spinnwarzen und dem vierten Beinpaar eingewickelt und gebissen. Die Art kann ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf aus ihrer Beute decken.<ref name="Snazell & Jones"/>
  
 
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===Fortpflanzung & Entwicklung===
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===Fortpflanzung und Entwicklung===
 
Insgesamt ist das Balzverhalten recht variabel. {{Autor|Snazell}} & {{Autor|Jones}} (1993) beschreiben eine Annäherung der beiden Geschlechter anhand zweier jungfräulicher Tiere. Dabei fand das Männchen rasch das Versteck des Weibchens und bewegte sich in den vorderen Bereich der Röhre. Dabei zupfte es rhythmisch mit dem zweiten Beinpaar am Netz. Gleichzeitig vibrierte es immer wieder kurz mit dem Hinterleib (Benutzung der Stridulationsorgane). Die Vorderbeine tasteten fühlend nach dem Weibchen. Wurde dieses berührt, kam es zu einem kurzen Gerangel, bis das Männchen die Vorderbeine des Weibchens an das untere Netz drückte (siehe Bild unten; man beachte die Stellung des Weibchens im Netz) und anschließend kurz die Epigyne mit den Pedipalpen betrommelte, bevor er den linken Pedipalpus einführte. Der Wechsel vollzog sich nach 11 Minuten, das Männchen produzierte zudem mehrere Male etwas Seide. Auch die Insertion des zweiten Palpus nach fünfminütiger Pause und wiederholter Betrommelung dauerte 14 Minuten.  
 
Insgesamt ist das Balzverhalten recht variabel. {{Autor|Snazell}} & {{Autor|Jones}} (1993) beschreiben eine Annäherung der beiden Geschlechter anhand zweier jungfräulicher Tiere. Dabei fand das Männchen rasch das Versteck des Weibchens und bewegte sich in den vorderen Bereich der Röhre. Dabei zupfte es rhythmisch mit dem zweiten Beinpaar am Netz. Gleichzeitig vibrierte es immer wieder kurz mit dem Hinterleib (Benutzung der Stridulationsorgane). Die Vorderbeine tasteten fühlend nach dem Weibchen. Wurde dieses berührt, kam es zu einem kurzen Gerangel, bis das Männchen die Vorderbeine des Weibchens an das untere Netz drückte (siehe Bild unten; man beachte die Stellung des Weibchens im Netz) und anschließend kurz die Epigyne mit den Pedipalpen betrommelte, bevor er den linken Pedipalpus einführte. Der Wechsel vollzog sich nach 11 Minuten, das Männchen produzierte zudem mehrere Male etwas Seide. Auch die Insertion des zweiten Palpus nach fünfminütiger Pause und wiederholter Betrommelung dauerte 14 Minuten.  
  
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==Giftigkeit==
 
==Giftigkeit==
Ein Biss von ''Steatoda nobilis'' kann starken, langanhaltenden Schmerz sowie Rötungen, Schwellungen und Juckreiz um die Bissstelle verursachen. In 5 Fällen Nach 48-72 Stunden ließen die Symptome ohne weitere Komplikationen nach. In einem Fall kam es zu einer kleinen, potentiell nekrotischen Wundentwicklung, <ref name="dunbar">{{lit Dunbar et al Steatoda nobilis 2018}}</ref> Bei dem Verdacht eines Bissunfalls mit dieser Art sollte ein Arzt aufgesucht werden. Falls möglich sollte die im Verdacht stehende Spinne fotografiert oder eingefangen werden, um eine Identifikation durch einen Arachnologen zu ermöglichen.
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Ein Biss von ''Steatoda nobilis'' kann starken, langanhaltenden Schmerz sowie Rötungen, Schwellungen und Juckreiz um die Bissstelle verursachen. In 5 Fällen ließen nach 48–72 Stunden die Symptome ohne weitere Komplikationen nach. In einem Fall kam es zu einer kleinen, potentiell nekrotischen Wundentwicklung. <ref name="dunbar">{{lit Dunbar et al Steatoda nobilis 2018}}</ref> Das Gift hat viele Merkmale mit dem Gift der echten Schwarzen Witwe (Gattung ''[[Latrodectus]]'') gemeinsam, wie etwa das hochwirksame α-Latrotoxin, das das Nervensystem von Wirbeltieren angreifen kann<ref name='Dunbar 2022'/>.
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Bei dem Verdacht eines Bissunfalls mit dieser Art sollte ein Arzt aufgesucht werden. Falls möglich sollte die im Verdacht stehende Spinne fotografiert oder eingefangen werden, um eine Identifikation durch einen Arachnologen zu ermöglichen.
  
 
==Bilder==
 
==Bilder==

Aktuelle Version vom 9. Dezember 2023, 03:16 Uhr

Steatoda nobilis (Thorell, 1875)
Noble Fettspinne
Steatoda-nobilis-female-1-.jpg
adultes Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Theridiidae (Kugelspinnen)
Gattung: Steatoda (Fettspinnen)
Reifezeit (Nentwig et al. 2022)
Monat:123456789101112
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:008093
Gefährdung nach Roter Liste
RegionBSLTKTRFRRL
[D] Berlin nb
Synonyme und weitere Kombinationen
  • Lithyphantes nobilis
  • Teutana nobilis

Merkmale

Körperlänge: Weibchen erreichen 9,5–14 mm, Männchen 7,0–11,0 mm (Snazell & Jones 1993).

Die Größe scheint jedoch recht variabel. Interessanterweise ergaben Messungen an einer kleineren Anzahl von Exemplaren, dass Tiere aus England größer als solche aus dem südlichen Verbreitungsgebiet waren. (Snazell & Jones 1993) Prosoma dorsal dunkel rotbraun mit dunklen Radiärstreifen, Fovea als flache Grube deutlich vorhanden. Spärliche Behaarung, an der Kopfregion dichter werdend. Chelizeren auf dem Grundglied mit einem einzelnen Zahn, bei den Männchen mit abgeflachtem, breitem Bereich, am hinteren Rand mit einer Reihe kleiner Zähnchen, welche an einen großen, säbelartigen Zahn anschließen. Sternum dunkel rotbraun. Vordere Augenreihe rekurv, hintere Augenreihe gerade. Insgesamt sind beide Reihen gleichlang. Opisthosoma violett braun, anterior mit einem bogenförmigen Querstreifen. Dorsal mit variablem Folium, welches zumindest bei den Weibchen bei der letzten Häutung aber fast vollständig verloren geht. Der innere Bereich des Foliums ist weiß, mit Reihen von hellen Längsstrichen, die durch den dunklen Außenbereich ragen. Ventral dunkel. Beine blass gelbbraun, Tibia distal verdunkelt. Tarsus Ⅳ mit einer ventralen Reihe gesägter Borsten, beim Weibchen stärker ausgeprägt. (Snazell & Jones 1993)

Weibchen

Epigyne des Weibchens mit breitem Septum, dessen Seiten parallel verlaufen. (Snazell & Jones 1993)

Männchen

Beim Männchen sind zusätzlich am vorderen Rand des Opisthosomas zwei Reihen sklerotisierter Stridulationsflächen aus jeweils 10–12 Zähnchen ausgebildet, die jeweils ein Haar oder eine Borste tragen und bei der Paarung benutzt werden (siehe Lebensweise). Gegenübergeordnet am Prosoma findet man zwei Stridulationsrillen. (Snazell & Jones 1993)

Ähnliche Arten

Die Art ähnelt oberflächlich einer Schwarzen Witwe (Latrodectus). Die bräunliche Grundfarbe ohne rote Farbelemente, die im Verhältnis robustere Erscheinung sowie das andersartige Opisthosomamuster unterscheiden die Art auch von der Braunen Witwe (Latrodectus geometricus).

Lebensraum

In Großbritannien an urbanen Strukturen wie Zäunen, Mauernn und Gebäuden (synanthrop), juvenile Tiere auch an Hecken und niedrigen Pflanzen (Snazell & Jones 1993). Auf den Kanaren und in Portugal fand man Tiere auf Kakteen und Agaven, Telefonmasten, unter Eukalyptusrinde, an niedrigen Pflanzen, Felsformationen, an Straßenrändern mit Steilwänden und in Häusern. (Snazell & Jones 1993) Auf Sardinien in Häusern (Pantini et al. 2013). In Deutschland sind etablierte Populationen lediglich aus Gartencentern bekannt (Bauer et al. 2019).

Verbreitung

Steatoda nobilis wurde in Großbritannien schon in den 1870er Jahren nachgewiesen, was auch zu einer Neubeschreibung der Art als Steatoda clarkii (Pickard-Cambridge, 1879) führte. Diese wurde aber genau zwanzig Jahre später durch denselben Autor synonymisiert. Es kam in den folgenden Jahren immer wieder zu Funden von Steatoda nobilis in Großbritannien, man ging aber davon aus, dass diese (wahrscheinlich aus Fruchtimporten stammenden) Tiere sich nicht etablieren könnten. 1986 wurden jedoch erstmals etablierte Populationen registriert, welche jedoch wahrscheinlich über andere Importwege, z.B. getopfte Pflanzen, nach Großbritannien gelangten (Snazell & Jones 1993) (Bauer et al. 2019). 1999 wurde die Art auch in Irland gefunden, wo sie heute in urbanen Habitaten weit verbreitet und sehr häufig ist (Dugon et al. 2017).

Im Herbst 2011 konnten erstmals Populationen der Art in Deutschland nachgewiesen werden. Die Tiere wurden in zwei Pflanzencentern in Köln gefunden, wo sich stabile Populationen gebildet habe (Bauer et al. 2019). Sie wurden hächstwahrscheinlich mit getopften Pflanzen eingeführt und konnten sich anschließend in den Verkaufsräumen etablieren. Die ersten Nachweise der Art in Deutschland waren jedoch Importe aus Schiffsladungen kanarischer Früchten. So wurden etliche Exemplare in den 1950ern im Areal des Hamburger Hafens gefunden, wo sie sich aber niemals etablieren konnten (Schmidt 1956) (Bauer et al. 2019).

2011 wurde die Art zudem das erste Mal in Ventura, Kalifornien nachgewiesen, was den Erstnachweis der Art für den amerikanischen Kontinent darstellt. Alle Nachweise stammen aus urbanem Gebiet, zudem fand man Eikokons und Jungtiere. Daher gilt die Art als etabliert. (Vetter & Rust 2012).

Etablierte Populationen sind zudem von der Iberischen Halbinsel, Frankreich (inklusive Korsika), Italien, Ecuador, Kolumbien sowie dem Iran bekannt (Bauer et al. 2019). Nachweise aus der Türkei sind zu überprüfen, weil es sich eventuell um Verwechslungen mit Steatoda maura handelt. Einzelnachweise existieren aus den Niederlanden und Belgien, sowie eine erwähnte, aber nie publizierte Aufsammlung aus Marokko (Bauer et al. 2019). Aufgrund des hohen invasiven Potentials der Art ist es wichtig, Neunachweise, insbesondere neue Ländernachweise, stets zu publizieren. Dunbar et al. nennen ebenso Irland (Dunbar et al. 2022).

Lebensweise

Netzbau und Beutefang

Das Netz von Steatoda nobilis entsteht in mehreren Nächten. Es besteht aus einem röhrenartigen Unterschlupf (meist in einer Ritze oder Loch angelegt; siehe Galerie), das sich zu einer deckenartigen Netzstruktur öffnet, welche nach oben und unten mit den für Kugelspinnen typischen Strukturen und Fangfäden versehen ist. Die Spinne verharrt tagsüber in ihrem Versteck, nachts sitzt sie in den vorderen Bereichen des Verstecks. Beute wird in Kugelspinnenmanier mithilfe der Spinnwarzen und dem vierten Beinpaar eingewickelt und gebissen. Die Art kann ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf aus ihrer Beute decken. (Snazell & Jones 1993)

Fortpflanzung und Entwicklung

Insgesamt ist das Balzverhalten recht variabel. Snazell & Jones (1993) beschreiben eine Annäherung der beiden Geschlechter anhand zweier jungfräulicher Tiere. Dabei fand das Männchen rasch das Versteck des Weibchens und bewegte sich in den vorderen Bereich der Röhre. Dabei zupfte es rhythmisch mit dem zweiten Beinpaar am Netz. Gleichzeitig vibrierte es immer wieder kurz mit dem Hinterleib (Benutzung der Stridulationsorgane). Die Vorderbeine tasteten fühlend nach dem Weibchen. Wurde dieses berührt, kam es zu einem kurzen Gerangel, bis das Männchen die Vorderbeine des Weibchens an das untere Netz drückte (siehe Bild unten; man beachte die Stellung des Weibchens im Netz) und anschließend kurz die Epigyne mit den Pedipalpen betrommelte, bevor er den linken Pedipalpus einführte. Der Wechsel vollzog sich nach 11 Minuten, das Männchen produzierte zudem mehrere Male etwas Seide. Auch die Insertion des zweiten Palpus nach fünfminütiger Pause und wiederholter Betrommelung dauerte 14 Minuten.

Bei einer zweiten Begegnung derselben Spinnen war das Balzverhalten und die Dauer der Palpeninsertion wesentlich reduziert.

Die Zeiten zwischen der Paarung und der Eiablage sind extrem variabel, genau wie die Dauer der Jungtierentwicklung im Ei. Wahrscheinlich werden sie stark von der Umgebungstemperatur beeinflusst. Weibchen können, zumindest in Laborverhältnissen, mindestens 4 Eikokons produzieren und Sperma für 18 Monate speichern. In fünf Eikokons waren jeweils im Durchschnitt 116 Eier (Vetter & Rust 2012). Ein Weibchen lebte 5 Jahre und 6 Monate in Gefangenschaft. (Snazell & Jones 1993)

Giftigkeit

Ein Biss von Steatoda nobilis kann starken, langanhaltenden Schmerz sowie Rötungen, Schwellungen und Juckreiz um die Bissstelle verursachen. In 5 Fällen ließen nach 48–72 Stunden die Symptome ohne weitere Komplikationen nach. In einem Fall kam es zu einer kleinen, potentiell nekrotischen Wundentwicklung. (Dunbar et al. 2017) Das Gift hat viele Merkmale mit dem Gift der echten Schwarzen Witwe (Gattung Latrodectus) gemeinsam, wie etwa das hochwirksame α-Latrotoxin, das das Nervensystem von Wirbeltieren angreifen kann (Dunbar et al. 2022).

Bei dem Verdacht eines Bissunfalls mit dieser Art sollte ein Arzt aufgesucht werden. Falls möglich sollte die im Verdacht stehende Spinne fotografiert oder eingefangen werden, um eine Identifikation durch einen Arachnologen zu ermöglichen.

Bilder

Weblinks

Nachweis- und Verbreitungskarten

Weitere Links

Quellen

  • Bauer T, Feldmeier S, Krehenwinkel H, Wieczorrek C, Reiser N & Breitling R (2019): Steatoda nobilis, a false widow on the rise: a synthesis of past and current distribution trends. NeoBiota 42, S. 19-43, doi:10.3897/neobiota.42.31582.
  • Dugon MM, Dunbar JP, Afoullouss S, Schulte J, McEvoy A, English MJ, Hogan R, Ennis C & Sulpice R (2017): Occurrence, reproductive rate and identification of the non-native Noble false widow spider Steatoda nobilis (Thorell, 1875) in Ireland. Biology and Environment: Proceedings of the Royal Irish Academy 117B, S. 77-89, doi:10.3318/BIOE.2017.11.
  • Dunbar JP, Afoullouss S, Sulpice R & Dugon MM (2017): Envenomation by the noble false widow spider Steatoda nobilis (Thorell, 1875) – five new cases of steatodism from Ireland and Great Britain. Clinical Toxicology 56 (6), S. 433-435, doi:10.1080/15563650.2017.1393084.
  • Dunbar JP, Vitkauskaite A, Lawton C, Waddams B & Dugon MM (2022): Webslinger vs. Dark Knight First record of a false widow spider Steatoda nobilis preying on a pipistrelle bat in Britain. Ecosphere 2022;13:e3959, S. 1–6, doi:https://doi.org/10.1002/ecs2.3959.
  • Nentwig W, Blick T, Bosmans R, Gloor D, Hänggi A & Kropf C (2022): Spinnen Europas. Version 10.2022. Online https://www.araneae.nmbe.ch, doi:10.24436/1.
  • Pantini P, Sassu A & Serra G (2013): Catalogue of the spiders (Arachnida Araneae) of Sardinia. Biodiversity Journal 4 (1), S. 3–104.
  • Schmidt G (1956): Zur Fauna der durch canarische Bananen eingeschleppten Spinnen mit Beschreibungen neuer Arten. Zoologischer Anzeiger 157, S. 140–153.
  • Snazell R & Jones D (1993): The theridiid spider Steatoda nobilis (Thorell, 1875) in Britain. Bull. Br. arachnol. Soc. 9 (5), S. 164–167.
  • Vetter RS & Rust MK (2012): A large European combfoot spider, Steatoda nobilis (Thorell 1875) (Araneae: Theridiidae), newly established in Ventura County, California. The Pan-Pacific Entomologist 88 (1), S. 92–97.

Quellen der Nachweise