Dysdera erythrina

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Dysdera erythrina (Walckenaer, 1802)
Kleiner Asselfresser
Erythrina Weimar 07-06 01.jpg
Weibchen
Systematik
Ordnung: Araneae (Webspinnen)
Familie: Dysderidae (Sechsaugenspinnen)
Gattung: Dysdera (Asselfresser)
Reifezeit (Heimer & Nentwig 1991)
Monat:123456789101112
Verbreitung in Europa[Quellen]
    etabliert,    nicht etabliert,    nicht betrachtet
Weitere Informationen
LSID WSC: urn:lsid:nmbe.ch:spidersp:004414
Gefährdung nach Roter Liste
RegionBSLTKTRFRRL
[CZ] Tschechien ES
[D] Deutschlandsh===*
[D] Berlinex 0
[D] Brandenburg *
[D] Niedersachsen *
[D] Niedersachsen (H) *
[D] Niedersachsen (T) 3
[D] Nordrhein-Westfalenh===*
[D] Schleswig-Holstein????D
Synonyme und weitere Kombinationen
  • Dysdera cambridgei

Merkmale

Körperlänge: Weibchen erreichen 9 bis 10 mm, Männchen 7 bis 8 mm (Roberts 1996) (Chelizeren werden nicht mitgemessen).

Prosoma dorsal rotbraun, Oberfläche fein granuliert. Sternum fast glatt. HMA am kleinsten. Opisthosoma grau oder weißlich und fast unbehaart. Beine rotgelb, alle Femora ohne Stacheln. Tibia Ⅲ mit sechs oder mehr Stacheln, Tibia Ⅳ mit sieben oder acht Stacheln. (Le Peru 2011)

Vulva mit vorderen, mittig verschmälerten Fortsätzen die nach außen konvergieren und mitunter zweiteilig erscheinen können (siehe Bild) (Heimer & Nentwig 1991).

Ähnliche Arten

Dysdera erythrina ist kleiner als D. crocata und weist keine dorsalen Stacheln am Femur Ⅳ auf (Roberts 1996).

Unterscheidet sich von Dysdera ninnii durch die Chelizeren, welche länger sind als die Kopfregion breit ist (Heimer & Nentwig 1991).

Drei von Simon (1882) beschriebene Unterarten wurden von Řezáč et al. 2018 zu validen Arten erklärt oder mit anderen Arten synonymisiert (Řezáč et al. 2018). Von Dysdera cechica, der einzigen in Mitteleuropa nachgewiesenen Schwesterart (Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn), durch den mittig dorsal liegenden convexen Rand des Chelizerengrundgliedes, sowie den weniger runzeligen und weniger vorspringenden Carapax zu unterscheiden. In der Schweiz kommt außerdem die nahe verwandte Dysdera kropfi vor. (Řezáč et al. 2018)

Verbreitung

Von Südwest- und Westeuropa bis Mitteleuropa (World Spider Catalog 2018).

In Deutschland vor allem in der Mitte und im Westen relativ häufig, in Norddeutschland bisher nicht nachgewiesen (Arachnologische Gesellschaft 2020).

Lebensraum

Wälder, Grasland, Heide, Gärten und Weinberge, dort unter Rinde und Steinen, auch im Detritus. Ebenso schon in Höhlen gefunden. (Le Peru 2011)

Lebensweise

Beuteerwerb

Die Art ist ein fakultativer Asseljäger, der neben dieser Tiergruppe auch andere Arthropoden (z. B. Spinnen) erbeutet. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sich Dysdera erythrina in der Natur zu einem Großteil von Asseln ernährt. Trifft Dysdera erythrina auf eine Assel, nähert sie sich ihrer Beute langsam bis auf eine sehr kurze Distanz. Dann dreht die Spinne ihr Prosoma und schiebt eine Chelizerenklaue unter die Assel und die andere über den Rückenpanzer, um anschließend rasch zuzupacken. Dabei penetriert die Chelizerenklaue auf der Unterseite die weiche Ventralfläche. Der harte Rückenpanzer wird nicht durchdrungen. Die beiden Chelizerenklauen weisen dabei keine Spezialisierung auf und werden abwechselnd oft benutzt. Die Asseln haben in der Regel keine Zeit auf diesen Angriff zu reagieren, da das Zupacken die erste schnelle Bewegung der Spinne war. Die Beobachtungen des Beutefangs wurden an Armadillidium vulgare, einer häufigen Rollassel, gemacht. Jedoch erbeutete Dysdera erythrina im Labor auch eine andere Asselart, die sich nicht zusammenrollt. Inwieweit solche, sich relativ schnell bewegende Arten zum natürlichen Beutespektrum gehören, bleibt fraglich. Die angewendete Jagdmethode erfordert eine direkte und unmittelbare Annäherung, die bei diesen Arten gewöhnlich ein Fluchtverhalten auslöst, das sie außer Reichweite bringt. Bei Asseln, die sich zusammenrollen können und dies vor dem Zupacken getan haben, konnte im Labor eine alternative Methode beobachtet werden. Oftmals wartete Dysdera erythrina bis zu einer Minute bewegungslos, die Chelizeren bereit für eine neuen Angriff. Mitunter begann die Spinne jedoch die Assel mit ihren Vorderbeinen und Pedipalpen zu bewegen und aktiv nach einer geeigneten Stelle zwischen den Skleriten des Rückenpanzers zu suchen, wo sie mit einer Chelizerenklaue eindringen kann. Das Gift von Dysdera erythrina wirkt rasch und paralysiert die Assel in kurzer Zeit. Anschließend wird die Beute an der weichen Ventralfläche des Kopfes gepackt und zu einem Versteck transportiert. Sie wird dann von der Spinne ausgesaugt, ein intaktes Außenskelett bleibt zurück. (Řezáč et al. 2008)

Anpassung und Evolution

Asseln sind aufgrund ihres massiven Rückenpanzers (und verschiedenen chemischen Abwehrstoffen) eine schwer zu überwältigende Beute, die nur von wenigen nicht spezialisierten Prädatoren, darunter diversen Kugelspinnen (Theridiidae), Atypus-Arten und Skorpionen, erbeutet wird. Um sich vor Angreifern zu schützen, drücken sich die verschiedenen Arten entweder an den Boden oder rollen sich zusammen. Dies dient vor allem dazu, die weniger gepanzerte Unterseite mithilfe des Rückenpanzers gegen Angriffe abzuschirmen. Aus diesem Grund hat sich im Laufe der Evolution bei Dysdera erythrina eine spezielle Verhaltensweise entwickelt, die, in Kombination mit den verlängerten Chelizeren, das Erbeuten von Asseln ermöglicht. (Řezáč et al. 2008)

Fortpflanzung

Zur Eiablage spinnen sich die Weibchen zusammen mit ihren Eiern in einen rundum geschlossenen, dichten Gespinstsack ein. Adulte Tiere leben mehrere Jahre. (Bellmann 2010).

Bilder

Weblinks

Nachweis- und Verbreitungskarten

Weitere Links

Quellen

  • Arachnologische Gesellschaft (2020): Atlas der Spinnentiere Europas.
  • Bellmann H (2010): Der Kosmos Spinnenführer: Über 400 Arten Europas. Kosmos. 1. Auflage. ISBN 3-440-10114-2, 429 S.
  • Heimer S & Nentwig W (1991): Spinnen Mitteleuropas. Verlag Paul Parey. ISBN 3-489-53534-0, 543 S.
  • Le Peru B (2011): The Spiders of Europe, a synthesis of data: Atypidae to Theridiidae. Mémoires de la Sociétés linnéenne de Lyon no. 2. 1 Auflage. ISBN 978-2-9531930-3-9, 523 S.
  • Roberts MJ (1996): Collins Field Guide. Spiders of Britain and Northern Europe. HarperCollins Publishers Ltd.. ISBN 0-00-219981-5, 383 S.
  • World Spider Catalog (2018): World Spider Catalog. Natural History Museum Bern, online auf http://wsc.nmbe.ch , Version 18.5, abgerufen am 2018-01-15, doi:10.24436/2.
  • Řezáč M, Arnedo MA, Opatova V, Musilová J, Řezáčová V & Král J (2018): Taxonomic revision and insights into the speciation mode of the spider Dysdera erythrina species-complex (Araneae: Dysderidae): sibling species with sympatric distributions. Invertebrate Systematics 32(1), S. 10–54, doi:10.1071/IS16071.
  • Řezáč M, Pekár S & Lubin Y (2008): How oniscophagous spiders overcome woodlouse armour. Journal of Zoology 275, S. 64–71.

Quellen der Nachweise